Anzeige wegen Schein-Anstellung im väterlichen Betrieb

6. August 2013 17:53 |
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Strafrecht


Beantwortet von

Zusammenfassung

Kann meine Schwester mich wegen einer angeblichen Scheinanstellung im Betrieb meines Vaters anzeigen?

Eine Scheinanstellung liegt vor, wenn ein Arbeitsverhältnis nur zum Schein besteht, ohne dass tatsächlich Arbeit geleistet wird, um Sozialversicherungsleistungen zu erhalten. Für eine genaue Einschätzung ist die Einsicht in Ihren Arbeitsvertrag notwendig. In Ihrem Fall haben Sie tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht, auch wenn Sie nicht ständig im Betrieb anwesend waren. Solange Ihr Vater die Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß abgeführt hat, besteht kein Grund zur Sorge.

Mein Vater hatte mich vor 5 Jahren bei sich im Betrieb angestellt (900 Euro) - unterstützt hatte ich ihn über eine Entfernung von 300 km vom Betrieb, in Form von Beratung zu Personalfragen, Managen persönlicher Fragen in seinem Betrieb, Rückenstärkung, inzwischen Begleitung im geplanten Verkauf)...eigentlich wollte er mich damals damit auch als männlicher Nachfolger für seinen Betrieb sichern.
(Er hatte mich auch als Nachfolger in seinem Testament eingesetzt).
Im Betrieb selbst war ich sehr wenig (War manchmal mit den Angestellten im Gespräch, mit Steuerberatern u.ä.), hatte ab und an Unterlagen abgeholt und telefoniert. Für meinen Vater und mich war das in Ordnung.
Ich habe das Einkommen versteuert und nebenbei meine Selbständigkeit aufgebaut. Alles deklariert und legal.
Nun droht meine Schwester (sie hasst die Familie, fühlt sich benachteiligt, beschimpft mich via email aufs Übelste und droht) auf die Idee, mich anzuzeigen, weil das eine "Scheinanstellung" gewesen sei.("Sozialversicherungsbetrug"). Sie droht damit, mich ins Gefängnis zu bringen.
Was habe ich nun zu erwarten? Die Anstellung ist inzwischen gelöst und ich bin komplett selbständig.
Danke für die Antwort

6. August 2013 | 20:01

Antwort

von


(175)
Ginsterweg 1D
31582 Nienburg
Tel: 05021-6071434
Tel: 0160-91019085
Web: https://www.kanzlei-pilarski.de
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Eingangs teile ich mit, dass die abschließende Beantwortung Ihrer Rechtsanfrage ohne die genaue Kenntnis des Inhalts des Arbeitsvertrags nicht möglich ist. Daraus ergibt sich die genaue Ausgestaltung des arbeitsrechtlichen Verhältnisses zum Betrieb Ihres Vaters. Außerdem könnte im Rahmen eines Vergleichs zwischen der im Arbeitsvertrag vorgesehenen Tätigkeiten und tatsächlicher Tätigkeit beurteilt werden, ob erhebliche Abweichungen bestehen, die ein Indiz für eine Vortäuschung hinsichtlich der wahren arbeitsvertraglichen Situation sein können.

Der typische „Sozialversicherungsbetrug" ist das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt und fällt unter § 266a StGB . In der Praxis ist häufig der Fall anzutreffen, dass jemand als so genannter Scheinselbstständiger vertraglich eingesetzt wird, um auf diese Weise die Abgabe der Sozialversicherungsbeiträge für einen Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber zu vermeiden. In diesen Fällen kommt es auf das Gesamtbild der Ausgestaltung der Tätigkeit an, inwieweit die betreffende Person als abhängiger, weisungsgebundener Angestellter oder als weisungsfreier, unabhängige Selbstständiger tätig wird und auch so beurteilt wird für den keine Beiträge abgeführt werden müssen.

Die Scheinanstellung kommt in der Konstellation vor, dass ein Arbeits- oder Angestelltenverhältnis zum Schein abgeschlossen wird, ohne dass tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht wird, um beispielsweise in den Genuss der Leistungen der Krankenversicherung zu kommen. Dies kann der Fall sein, wenn die Erbringung allein aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist. In diesem Fall dürfte kein Entgelt vorenthalten werden, aber ein Betrug nach § 263 StGB in Betracht kommen, da ein Arbeitsverhältnis vorgetäuscht, bei dem willentlich und wissentlich keine Arbeitsleistung erbracht wird, um durch Sozialversicherungsbeiträge in den Genuss der Leistung der Sozialversicherungsträger zu gelangen.

Aus Ihren Angaben geht nicht hervor, ob ordnungsgemäß Sozialversicherungsbeiträge durch Ihren Vater als Ihren Arbeitgeber abgeführt worden sind, allerdings gehe ich davon aus, wenn Sie nichts Gegenteiliges schreiben.

Zudem kommt es auf die konkrete Ausgestaltung Ihres Arbeitsverhältnisses an. Lediglich aus Ihrer geringfügigen Anwesenheit im Betrieb lässt sich keine Scheinanstellung ableiten. Ihren Angaben entnehme ich, dass Sie tatsächlich in dem Betrieb tätig sind und auch ausreichend Arbeitsleistungen für Ihren Vater als Arbeitgeber erbracht haben. Außerdem lässt das Entgelt in Höhe von 900,00 Euro darauf schließen, dass diese Beschäftigung ohnehin keine Vollzeitanstellung war, dass Sie ohnehin nicht ständig im Betrieb hätte anwesend sein müssen. Eine Tätigkeit im „Außendienst" ist schließlich auch nicht gleich eine Scheinanstellung.

Daher dürfte Ihren derzeitigen Angaben nach zu urteilen kein Straftatbestand des Betrugs erfüllt sein. Sollte Ihre Schwester also eine Strafanzeige erstatten, würden meiner Ansicht nach allenfalls die Ermittlungen eingeleitet, weil die Staatsanwaltschaft dem Verdacht dann nachgehen müsste. Allerdings dürften diese eingestellt werden, hinreichenden Tatverdacht für eine Anklageerhebung sehe ich hier nicht.

Sollten von Ihnen weggelassene Umstände doch zur Erfüllung des Strafbestands eines Betrugs nach § 263 StGB oder eines Sozialversicherungsbetrugs nach § 266a StGB führen, dann könnte Ihr Verhalten mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden. Hierüber brauchen Sie sich aber meiner Ansicht nach keine Gedanken machen. Berücksichtigen Sie aber, dass das Weglassen Ihrer Ansicht nach unbedeutender Umstände und Kleinigkeiten zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen kann. Im Falle der Anzeige und der Einleitung der Ermittlungen müsste so dann Akteneinsicht beantragt werden, damit man sich über die Sach- und Rechtslage eine Übersicht verschaffen könnte.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit der Entscheidung hinsichtlich Ihres weiteren Vorgehens behilflich sein. Sollten Sie Interesse an einer Vertretung Ihrer Interessen haben, können Sie sich gerne direkt an mich richten.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Pilarski, Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Michael Pilarski

Rückfrage vom Fragesteller 6. August 2013 | 21:13

Vielen Dank für Ihre Erläuterungen.
Kurz zu Erläuterung:
Es wurde immer ordnungsgemäss Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.
Und es existiert kein schriftlich fixierter Arbeitsvertrag.

Ändert dies Ihre Ausführungen?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 6. August 2013 | 21:25

Sehr geehrter Ratsuchender,

gerne beantworte ich Ihre Nachfrage:

Wenn stets ordnungsgemäß Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden, so dürfte eine Strafbarkeit wegen Sozialversicherungsbetrugs nach § 266a StGB ausscheiden.

Arbeitsverträge können grundsätzlich auch mündlich geschlossen werden. Lediglich aus dem Umstand, dass kein schriftlicher Vertrag geschlossen worden ist, kann nicht abgeleitet werden, dass es sich um eine Scheinanstellung handelt. Wenn Sie Ihre Arbeitsleistung, die mündlich vereinbart worden ist, erbracht haben, so besteht ein tatsächlich Arbeitsverhältnis. Folglich stellen Ihre Angaben zum Arbeitsverhältnis auch die Wahrheit dar, so dass keine Betrug nach § 263 StGB vorliegen dürfte und Sie nichts zu befürchten haben dürften.

Im Ergebnis bleibt es bei meinen obigen ersten Ausführungen.


Mit freundlichen Grüßen

Michael Pilarski
Rechtsanwalt

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