Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
1.
Da Ihre Freundin Polin ist, so hat Sie seit Beitritt von Polen zur EU im Jahre 2004 (1.5.) den europarechtlichen (und den ins deutsche Recht übertragenden) Anspruch auf Freizügigkeit, also ein gesetzmäßiges Recht zum Aufenthalt (irgendwo) in der EU, also auch Deutschland.
Eines gesonderten Aufenthaltstitels in Form einer Aufenthaltserlaubnis/einer Niederlassungserlaubnis bedarf es daher nicht mehr.
2.
a)
In der Tat scheint es sich um eine sittenwidrige/wucherische Lohnzahlung zu handeln.
Eine arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung kann wegen Lohnwucher oder wegen eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts nichtig sein. Sowohl der strafrechtliche Wuchertatbestand des § 291 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB
als auch der zivilrechtliche Lohnwucher nach § 138 Abs. 2 BGB
und das wucherähnliche Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB
setzen dabei ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist zur Feststellung, ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt, der Wert der Leistung des Arbeitnehmers nach ihrem objektiven Wert zu beurteilen.
Ausgangspunkt zur Feststellung des Wertes der Arbeitsleistung sind dabei in der Regel die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweiges. Das gilt jedenfalls dann, wenn in dem Wirtschaftsgebiet üblicherweise der Tariflohn gezahlt wird. Denn dann kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt nur zu den Tariflohnsätzen gewonnen werden können.
Dieses müsste man dann anhand des jeweiligen für das Reinigungsgewerbe geltenden Tarifvertrags gesondert prüfen.
b)
Das Recht zum Aufenthalt kann nur in ganz begrenzten Ausnahmefällen wieder entzogen werden.
Bei Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Bundesgebiet hatten und bei Minderjährigen darf diese amtliche Entscheidung nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit getroffen werden.
Für Minderjährige gilt dies nicht, wenn der Verlust des Aufenthaltsrechts zum Wohl des Kindes notwendig ist.
Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit können „nur" dann vorliegen,
- wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet wurde,
- wenn die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland betroffen ist oder
- wenn vom Betroffenen eine terroristische Gefahr ausgeht.
Bei einem Aufenthalt von weniger als zehn Jahren gilt:
Nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit darf eine solche Entscheidung erfolgen, was mit einer Ausreisepflicht verbunden wäre.
Die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung genügt für sich allein nicht, um die oben genannten Entscheidungen oder Maßnahmen zu begründen. Es dürfen nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilungen und diese nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zu Grunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Es muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
Bei der Entscheidung nach Absatz 1 sind insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
Die Entscheidungen oder Maßnahmen, die den Verlust des Aufenthaltsrechts oder des Daueraufenthaltsrechts betreffen, dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken getroffen werden.
All dieses kann ich hier bei Ihrer Freundin nicht erkennen.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
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