OWI Verstoß nach §23 Abs.1 Nr.2 FPersV

30. Juni 2010 21:37 |
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Verkehrsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Thomas Joschko

Ich bin Eigentümer einer Lebensmittelfirma uns es befinden sich in meinem Fuhrpark 4 Transporter (LKW-Zulassung ) .
Ich habe eines dieser Fahrzeuge einem Bekannten überlassen für private Zwecke . Dieser hatte nun eine Polizeikontrolle durch die Autobahnpolizei . Hierbei wurde festgestellt das dieser nicht im Besitz einer gültigen Fahrerkarte war ( Führen einer Beförderungseinheit mit digitalem Kontrollgerät ) . Gilt der Einsatz solch einer Karte in normalen Transportern ( bis 3,5 t ) auch oder brauche ich das Gerät nicht , bzw . kann man ohne Karte auch damit fahren . Meiner Ansicht nach besteht die Pflicht dazu nur bei Groß LKW über 3,5 t Gewicht oder beim Mitführen / Ziehen eines Anhängers !!???Wie ist hier die Gesetzeslage und kann ich eine Bussgeldzahlung und eventuellen Punkten in Flensburg entgehen , denn ich als Eigentümer bin nicht mit dem Fahrzeug gefahren und ich habe den Fahrer auch darauf hingewiesen .
Mit freundlichen Grüßen

Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ich möchte diese anhand des geschilderten Sachverhaltes im Rahmen dieser Erstberatung wie folgt beantworten:

Eine Ordnungswidrig im Sinne des § 23 Abs.1 Nr.2 FPerV kann nach der Vorschrift selbst nur mit einem Fahrzeug verwirklicht werden, welches unter die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr fällt.

Die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 stellt insoweit in Artikel 3 Abs.1 von der Kontrollgerätepflicht diejenigen Fahrzeuge frei, welche gemäß der weiteren Verordnung (EG) Nr. 561/2006 freigestellt sind und legt in Artikel 3 Abs.2 außerdem fest, dass die Mitgliedstaaten verschiedene Fahrzeuge von der Anwendung der Verordnung auch wiederum selbst freistellen können.

Freigestellte Fahrzeuge im Sinne dieser vorgenannten Verordnung (EG) Nr. 561/2006 sind also zunächst die darin in Artikel 3 wie folgt genannten Fahrzeuge:

a) Fahrzeuge, die zur Personenbeförderung im Linienverkehr verwendet werden, wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt;

b) Fahrzeuge mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40 km/h;

c) Fahrzeuge, die Eigentum der Streitkräfte, des Katastrophenschutzes, der Feuerwehr oder der für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zuständigen Kräfte sind oder von ihnen ohne Fahrer angemietet werden, sofern die Beförderung aufgrund der diesen Diensten zugewiesenen Aufgaben stattfindet und ihrer Aufsicht unterliegt;

d) Fahrzeuge — einschließlich Fahrzeuge, die für nichtgewerbliche Transporte für humanitäre Hilfe verwendet werden —, die in Notfällen oder bei Rettungsmaßnahmen verwendet werden;

e) Spezialfahrzeuge für medizinische Zwecke;

f) spezielle Pannenhilfefahrzeuge, die innerhalb eines Umkreises von 100 km um ihren Standort eingesetzt werden;

g) Fahrzeuge, mit denen zum Zweck der technischen Entwicklung oder im Rahmen von Reparatur- oder Wartungsarbeiten Probefahrten auf der Straße durchgeführt werden, sowie neue oder umgebaute Fahrzeuge, die noch nicht in Betrieb genommen worden sind;

h) Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse von nicht mehr als 7,5 t, die zur nichtgewerblichen Güterbeförderung verwendet werden;

i) Nutzfahrzeuge, die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie verwendet werden, als historisch eingestuft werden und die zur nichtgewerblichen Güter- oder Personenbeförderung verwendet werden.

Wenn also das bei Ihnen betroffene Fahrzeug unter eine dieser vorgenannten Kategorien fällt, ist es von der Kontrollgerätepflicht befreit, so dass eine Ordnungswidrigkeit im Sinne der von Ihnen aufgezeigten Vorschrift nicht verwirklicht werden kann.

Ferner hat der deutsche Gesetzgeber auch von der eingangs aufgezeigten Ermächtigungsgrundlage der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 Artikel 3 Abs.2 Gebrauch gemacht und in § 18 der Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes folgende Fahrzeuge vom Geltungsbereich der Vorschriften ausgenommen:

1. Fahrzeuge, die im Eigentum von Behörden stehen oder von diesen ohne Fahrer angemietet oder geleast sind, um Beförderungen im Straßenverkehr durchzuführen, die nicht im Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Verkehrsunternehmen stehen,

2. Fahrzeuge, die von Landwirtschafts-, Gartenbau-, Forstwirtschaft- oder Fischereiunternehmen zur Güterbeförderung, insbesondere auch zur Beförderung lebender Tiere, im Rahmen der eigenen unternehmerischen Tätigkeit in einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens verwendet oder von diesen ohne Fahrer angemietet werden,

3. Land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen, die für land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeiten in einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens verwendet werden, das das Fahrzeug besitzt, anmietet oder least,

4. Fahrzeuge oder Fahrzeugkombination mit einer zulässigen Höchstmasse von nicht mehr als 7,5 Tonnen, die in einem Umkreis von 50 Kilometern vom Standort des Unternehmens a) von Postdienstleistern, die Post-Universaldienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 der Post-Universaldienstleistungsverordnung zum Zwecke der Zustellung von Sendungen im Rahmen von Universaldienstleistungen oder b) zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen, die der Fahrer zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit benötigt, z. B. Fahrzeuge mit jeweils für diesen Zweck bestimmter, besonderer Ausstattung, die als Verkaufswagen auf öffentlichen Märkten oder für den ambulanten Verkauf dienen,
verwendet werden, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt,

5. Fahrzeuge, die ausschließlich auf Inseln mit einer Fläche von nicht mehr als 2 300 Quadratkilometern verkehren, die mit den übrigen Teilen des Hoheitsgebiets weder durch eine befahrbare Brücke, Furt oder einen befahrbaren Tunnel verbunden sind,

6. Fahrzeuge, die im Umkreis von 50 Kilometern vom Standort des Unternehmens zur Güterbeförderung mit Druckerdgas-, Flüssiggas- oder Elektroantrieb verwendet werden und deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 7,5 Tonnen nicht übersteigt,

7. Fahrzeuge, die zum Fahrschulunterricht und zur Fahrprüfung zwecks Erlangung der Fahrerlaubnis oder eines beruflichen Befähigungsnachweises dienen, sofern diese Fahrzeuge nicht für die gewerbliche Personen- oder Güterbeförderung verwendet werden,

8. Fahrzeuge, die von den zuständigen Stellen für Kanalisation, Hochwasserschutz, Wasser-, Gas- und Elektrizitätsversorgung, von den Straßenbauämtern, der Hausmüllabfuhr, den Telegramm- und Telefonanbietern, Radio- und Fernsehsendern sowie zur Erfassung von Radio- beziehungsweise Fernsehsendern und -geräten verwendet werden,

9. Fahrzeuge mit zehn bis 17 Sitzen, die ausschließlich zur nicht gewerblichen Personenbeförderung verwendet werden,

10. Spezialfahrzeuge, die zum Transport von Ausrüstungen des Zirkus- oder Schaustellergewerbes verwendet werden,

11. speziell für mobile Projekte ausgerüstete Fahrzeuge, die hauptsächlich im Stand zu Lehrzwecken verwendet werden,

12. Fahrzeuge, die zum Abholen von Milch bei landwirtschaftlichen Betrieben und zur Rückgabe von Milchbehältern oder zur Lieferung von Milcherzeugnissen für Futterzwecke an diese Betriebe verwendet werden,

13. Spezialfahrzeuge für Geld- und/oder Werttransporte,

14. Fahrzeuge, die in einem Umkreis von 250 Kilometern vom Standort des Unternehmens zum Transport tierischer Nebenprodukte im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. EG Nr. L 273 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung verwendet werden

15. Fahrzeuge, die ausschließlich auf Straßen in Güterverteilzentren wie Häfen, Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs und Eisenbahnterminals verwendet werden, und

16. Fahrzeuge, die innerhalb eines Umkreises von bis zu 50 Kilometern für die Beförderung lebender Tiere von den landwirtschaftlichen Betrieben zu den lokalen Märkten und umgekehrt oder von den Märkten zu den lokalen Schlachthäusern verwendet werden.

Auch insoweit gilt also im Ergebnis, dass wenn Ihr entsprechendes Fahrzeug unter eine dieser vorgenannten Kategorien fällt, es von der Kontrollgerätepflicht befreit ist, so dass eine Ordnungswidrigkeit im Sinne der von Ihnen aufgezeigten Vorschrift nicht verwirklicht werden kann, so dass dann auch ein Bußgeld nicht drohen dürfte. Wie Sie anhand der aufgezeigten gesetzlichen Vorschriften jedenfalls sehen können, trifft Ihre Ansicht, dass die Pflicht dazu nur bei Groß LKW über 3,5 t Gewicht gilt, nicht generell zu. Vielmehr müssen noch die weiteren in den vorzitierten Vorschriften genannten Merkmale auf das betroffene Fahrzeug zutreffen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick verschaffen und meine Ausführungen helfen Ihnen weiter.

Mit freundlichen Grüßen


Thomas Joschko
Rechtsanwalt

Ergänzung vom Anwalt 2. Juli 2010 | 06:09

Die Anwendbarkeit der aufgezeigten, hier maßgeblichen Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und damit der Kontrollgerätepflicht erstreckt sich aber grundsätzlich schon von vornherein gemäß Artikel 2 derselbigen nur auf folgende Fahrzeuge bzw. Beförderungen im Straßenverkehr:

1.Güterbeförderung mit Fahrzeugen mit Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger von mehr als 3,5 t

2.Personenbeförderungen mit Fahrzeugen (unabhängig von der Höchstmasse), die für die Beförderung von mehr als 9 Personen ausgelegt und bestimmt sind

Wenn also das bei Ihnen im vorliegenden Fall verwendete Fahrzeug in keine dieser beiden Kategorien fällt, kann schon aus diesem Grund keine entsprechende Ordnungswidrigkeit verwirklicht werden. Anderenfalls muss wie schon aufgezeigt geprüft werden, ob das Fahrzeug einen der genannten Ausnahmetatbestände erfüllt.

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