Verletzung der Aufsichtspflicht im Unterricht

4. Februar 2020 09:45 |
Preis: 49,00 € |

Schule, Hochschule, Prüfungen


Beantwortet von


14:47
Mein Kind (Junge, 10 Jahre, Grundschule) wurde zusammen mit zwei anderen Mitschülern (gleiches Alter) beschuldigt sich während der Schulzeit pornografisches Material im Internet angeschaut zu haben.
Wir drei Eltern der betroffenen Schüler wurden kurzfristig in die Schule einberufen und in Einzelgesprächen wurde und mitgeteilt, dass unsere Kinder dieses Fehlerverhalten begangen haben. Die drei Schüler haben an drei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils an einer Projektarbeit im Internet recherchieren sollen. Sie bekamen jeweils einen Laptop mit Internetzugang und den Auftrag „nur zum Thema" im Internet frei recherchieren zu dürfen. Sie saßen zusammen allein ohne Aufsicht drei Tage in folge im Leseraum der Schule. Nach den drei Tagen haben die Lehrer der Browserverlauf überprüft, so sagten sie, und ermittelt, dass die drei Kinder auch auf Webseiten mit pornografischem und extrem gewaltverherrlichendem Inhalt „gelandet" sind. Die Lehrer haben nach eigenen Angaben direkt Rat bei einer Sexualtherapeutin gesucht. Diese hat, nach Angaben der Lehrer, empfohlen den Browserverlauf zu löschen. Die Lehrer gaben den Kindern auf, zu Hause freiwillig über ihr Fehlerverhalten zu berichten. Ein paar Wochen später wurden die Kinder befragt ob Sie den Eltern davon erzählt haben. Als sie dieses verneinten wurden wir Eltern vorgeladen und im Elterngespräch das Fehlerverhalten der Kinder angeprangert und erklärt, dass die Kinder eine Bestrafung dafür erhalten werden. Sie dürfen nun für einen gewissen Zeitraum nicht mehr an Freiarbeit und Arbeit im Internet teilnehmen.
Meiner Meinung nach ist hier das Fehlerverhalten bei den Pädagogen zu suchen, nicht bei den „neugierigen" 10 jährigen. Ich sehe die Schule als einen Hort der Sicherheit, Ordnung und Lehre, wo dem Alter entsprechend auf die Entwicklung der Kinder Rücksicht genommen wird.
Die Lehrer gaben an, dass die Schule bzw. die Computer keinen Internetfilter installiert hat. Sie gaben ebenfalls an, dass die Schüler keine Einweisung zur Recherche im Internet bekommen. Die Kinder geben an von Anweisungen zur Arbeit/Gefahren/Risiken im Internet bisher im Unterricht nichts gehört zu haben.
Liegt hier eine Verletzung der Aufsichtspflicht vor?
4. Februar 2020 | 10:57

Antwort

von


(3181)
Marktstraße 17/19
70372 Stuttgart
Tel: 0711-7223-6737
Web: https://www.hsv-rechtsanwaelte.de
E-Mail: hesterberg@hsv-rechtsanwaelte.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Da ist in der Tat etwas richtiges von Ihnen angesprochen, im Einzelnen:

Die Lehrerin und der Lehrer erzieht und unterrichtet in eigener pädagogischer Freiheit und Verantwortung. Sie sind an Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie an die Beschlüsse der Konferenzen gebunden - so steht es im Schulgesetz.

Die Aufsichtspflicht der Schule erstreckt sich auf die Zeit, in der die Schülerinnen und Schüler am Unterricht oder an sonstigen Schulveranstaltungen teilnehmen.

Das schließt meines Erachtens nach natürlich auch die Überwachung der Internetnutzung im Rahmen der schulischen Unterrichtung mit ein und bei Minderjährigen die Einrichtung von entsprechenden Jugendschutzfiltern.

Nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag dürfen verbotene und jugendgefährdende Inhalte weder durch Lehrkräfte noch durch sonstiges Schulpersonal Kindern und Jugendlichen zugänglich gemacht werden.

Auch wenn zwingend solche Jugendschutzfilter nicht vorgesehen sind, müssen aber ansonsten andere Aufsichtsmaßnahmen stattfinden, um den Jugendschutz zu gewährleisten.

Deswegen würde ich unbedingt die Schule darauf ansprechen, damit das zukünftig vermieden wird und wenn das nicht fruchtet, dann das staatliche Schulamt als Aufsichtsbehörde einschalten.

Denn wenn man drei Tage lang ohne Aufsicht im Leseraum Internetzugang hatte, deutet das schon auf eine Verletzung der Aufsichtspflicht durch das Schulpersonal hin, jedenfalls dann hätte man Jugendschutzfilter installieren müssen. Das ist jedenfalls meine erste rechtliche Einschätzung.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Daniel Hesterberg

Rückfrage vom Fragesteller 4. Februar 2020 | 11:17

Vielen Dank für Ihre Beantwortung meiner Anfrage!

In welcher Form könnte der Pädagoge denn überhaupt sanktioniert werden?
Abmahnung durch den Arbeitgeber (Trägerverein)?
Ermahnung vom Schulamt?

In dem Fall ist es so, dass der Pädagoge, gleichzeitig Klassenlehrer und Schulleiter und Vorstandsmitglied des Trägervereins in einer Person ist. Es gab zahlreiche ähnlich gelagerter Vorfälle in den vergangenen Jahren. Jegliche Beschwerden über den Pädagogen verhallen im Nichts, da innerhalb der Schule weder ein transparentes Beschwerdemanagement existiert, noch der Trägerverein aktiv wird. Leidtragende sind die Kinder. Die werden regelmäßig sich selbst überlassen und willkürliche Bestrafungen sind auch nicht selten.

Ich möchte aus meinem verbalen "Du, Du" gerne etwas Belastbares machen. Sehen Sie da eine Möglichkeit?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 4. Februar 2020 | 14:47

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Auf diese antworte ich gerne wie folgt:

Richtig, bei öffentlich Bediensteten, die sich in einem Arbeitsverhältnis (Arbeitsvertrag) befinden, wäre eine Abmahnung das richtige Mittel, bei Beamten die Prüfung disziplinarrechtlicher Schritte; bei beiden wären jedenfalls aufsichtsrechtliche Maßnahmen des Schulamtes möglich.

Während Sie hinsichtlich der zuerst genannten Schritte keinen Anspruch darauf haben, sondern dass vom Dienstherr bzw. Arbeitgeber selbstständig zu prüfen ist, haben Sie gegenüber dem Schulamt durchaus ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Einschreiten.

Wenn also schulintern bisher ähnlich gelagerte Vorfälle in den vergangenen Jahren nicht aufgearbeitet worden waren, so wäre das Schulamt als Aufsichtsbehörde die richtige Adresse.

Ich hoffe, Ihnen damit gedient zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt

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