Unterhaltspflicht für volljähriges Kind während FSJ

20. März 2025 14:40 |
Preis: 50,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von


in unter 1 Stunde
Guten Tag

Mein volljähriger Sohn ( bald 20 Jahre alt ) ist aufgrund einer schon lange vorliegenden psychischen Erkrankung momentan in einem Rehaaufenthalt. Es geht ihm aber inzwischen deutlich besser. Er hat bislang seinen Hauptwohnsitz bei seinem Vater in Deutschland, von dem ich geschieden bin. Wir haben noch eine gemeinsame Tochter, sie ist 16 Jahre alt, sie hat im Sommer eine Lehre begonnen und wohnt bei und mit mir in der Schweiz. Ab Sommer hat unser Sohn zunächst eine Stelle für ein freiwilliges soziales Jahr, um langsam in einen geregelten, berufsähnlichen Alltag zu finden, das war bislang nicht möglich. Er hat nach seinem Hauptschulabschluss aufgrund seiner Erkrankung noch keine Ausbildung starten können. Er möchte aber gerne nach seinem Aufenthalt ab April nicht wieder in den väterlichen Haushalt zurückkehren, das wäre kontraproduktiv, viele Sorgen sind dort entstanden und er ist selbständig genug, alleine oder in einer Wohngruppe zu wohnen. Wir sind am Suchen, ob er entweder in eine Art WG, betreutes Wohnen für junge Erwachsene oder eine Ein-Zimmer-Wohnung zieht. Ich wende mich an Sie, da ich nicht weiss, wer für Unterhaltszahlungen für Volljährige mit gesundheitlicher Einschränkung zuständig ist und wieviel Ihnen von wem zusteht. Unser Sohn wird trotz eines FSJ sicher noch finanzielle Unterstützung benötigen. Sein Vater hat ihn mit Lebensmitteln bei sich zu Hause versorgt und unser Sohn erhält das Kindergeld auf sein Konto. Wie erwähnt, lebe ich mit der jüngeren Tochter in der Schweiz. Eigentlich gab es zwischen mir und meinem Exmann/dem Kindesvater die mündliche Absprache, dass ich für unsere gemeinsame Tochter sorge und aufkomme und er für unseren Sohn. Aber ich denke, das ist dies nicht ausreichend der Fall. Da unser Sohn bereits 19 Jahre alt ist aber manche Dinge nicht alleine schafft, wäre meine Frage: an wen wende ich mich mit dieser Problematik, wieviel Geld/Unterhalt steht meinem Sohn zu, wenn er den gemeinsamen Haushalt des Vaters verlassen will und wie/auf welchem Weg müsste er dies geltend machen? Mit dem Vater ist diesbezüglich leider nicht gutb reden...

Vielen Dank und freundliche Grüsse

20. März 2025 | 15:04

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Für den Unterhalt Ihres volljährigen Sohnes sind grundsätzlich beide Elternteile anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen verpflichtet (§ 1601 BGB). Da Ihr Sohn aufgrund seiner psychischen Erkrankung bislang keine Ausbildung aufnehmen konnte, bleibt er unterhaltsberechtigt, solange er sich ernsthaft um eine berufliche Integration bemüht. Ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) kann in diesem Zusammenhang als Vorbereitung auf eine Berufsausbildung gewertet werden, sodass der Unterhaltsanspruch nicht entfällt.

Der Kindesunterhalt für volljährige Kinder richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle. Da Ihr Sohn nicht mehr im Haushalt eines Elternteils lebt, gilt der Satz für Volljährige, die nicht bei den Eltern wohnen. Laut der Düsseldorfer Tabelle beträgt der angemessene Unterhaltsbedarf eines auswärtig lebenden volljährigen Kindes derzeit 990 EUR monatlich, darin sind Kosten für Unterkunft, Verpflegung und allgemeine Lebenshaltung enthalten.

Beide Elternteile sind nach ihren jeweiligen finanziellen Möglichkeiten unterhaltspflichtig. Das bedeutet:

• Das bereinigte Nettoeinkommen beider Elternteile wird ermittelt.
• Die Unterhaltspflicht wird im Verhältnis der Einkommen verteilt.
• Das Kindergeld wird zur Hälfte auf die Unterhaltsverpflichtung angerechnet

Da Ihr Sohn bislang im Haushalt des Vaters gelebt hat und dieser ihn mit Lebensmitteln versorgt hat, könnte er argumentieren, dass er seiner Unterhaltspflicht in Naturalien nachgekommen ist. Wenn Ihr Sohn nun auszieht, entfällt diese Art der Unterhaltsgewährung, sodass der Vater künftig Barunterhalt leisten muss.

Wenn Ihr Sohn im Rahmen des FSJ eine Vergütung erhält, wird diese unterhaltsrechtlich teilweise als Einkommen betrachtet. Üblicherweise wird ein gewisser Betrag als berufsbedingter Aufwand nicht angerechnet (oft ca. 100 EUR). Der verbleibende Teil wird auf den Bedarf angerechnet.

Falls der Vater sich weigert, Unterhalt zu zahlen, hat Ihr Sohn folgende Möglichkeiten:

Er kann den Vater schriftlich unter Fristsetzung auffordern, Auskunft über sein Einkommen zu erteilen und den anteiligen Unterhalt zu zahlen (§ 1605 BGB).

Das Jugendamt kann noch als Beistand helfen.

Falls der Vater nicht zahlt, kann der Unterhalt gerichtlich geltend gemacht werden.

Ihr Sohn kann einen Unterhaltstitel gegen den Vater erwirken (notfalls im Wege der Klage beim Familiengericht). Sollte der Vater sich weiterhin verweigern, kann eine Zwangsvollstreckung eingeleitet werden.

Neben dem Unterhalt könnte Ihr Sohn auch Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) oder, falls eine Ausbildung aufgenommen wird, BAföG beantragen. Auch Leistungen wie Wohngeld oder ergänzende Sozialleistungen könnten in Frage kommen.

Ihr Sohn hat grundsätzlich einen Anspruch auf Unterhalt, der sich nach der Düsseldorfer Tabelle richtet. Beide Elternteile sind anteilig verpflichtet. Falls der Vater nicht freiwillig zahlt, muss er dazu aufgefordert und ggf. rechtlich in Anspruch genommen werden. Ihr Sohn sollte sich dringend an das Jugendamt oder eine anwaltliche Vertretung wenden, um den Unterhaltsanspruch konkret durchzusetzen.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Steffan Schwerin

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