Rückforderung Zuschuss zu KV sowie Beiträge KV bei Bezug Witwenrente

| 2. Januar 2025 12:30 |
Preis: 50,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Guten Tag,
ich beziehe seit 2012 eine kleine Witwenrente und verdiene monatlich ein paar Hundert Euro auf freiberuflicher Basis dazu. Vor ein paar Monaten erhielt ich plötzlich statt der ca. 640 Euro Rente nur noch 517 Euro ausbezahlt. Auf meine Nachfrage hin sagte man mir nur, die Krankenversicherung hätte das Geld einbehalten. Diese teilte mir dann mit, das hätten sie die ganze Zeit schon tun müssen, da ich schließlich pflichtversichert sei. Meine bisher bezahlten Beiträge hätten sich nur auf den freiberuflichen Zuverdienst bezogen.
Bisher habe ich jedes Jahr meinen Steuerbescheid an die Renten- und die Krankenversicherung geschickt und es wurde immer neu berechnet, welcher Krankenkassenbeitrag mir monatlich vom Konto abgebucht werden solle. Ich bin immer davon ausgegangen, dass ich über die Rente versichert bin und so wurde es auch von der Krankenkasse kommuniziert. Als ich 2019 anfragte, ob ich mehr dazuverdienen dürfte, schrieb mir die Krankenkasse, der Zuverdienst dürfe den Rentenbetrag nicht weit übersteigen, da ich sonst nicht mehr über die Rente pflichtversichert bleiben könne. Die Pflichtversicherung war also bekannt.
Nun erhielt ich von der Rentenversicherung einen Bescheid, in dem mir mitgeteilt wurde, ich hätte all die Jahre zu Unrecht einen Zuschuss zur Krankenversicherung erhalten, da offenbar von einer freiwilligen Krankenversicherung ausgegangen wurde. Diese Summe fordert man nun für die vollen 12 Jahre zurück, rund 5300 Euro.
Gleichzeitig würde ich der Krankenkasse entgangene Beiträge für KV und Pflegeversicherung schulden, dies allerdings nur für die letzten vier Jahre, da der Rest verjährt sei. Um diese 3300 Euro zurückzuerlangen, gedenkt man, mir zukünftig nur noch die halbe Rente zu überweisen. Die 5300 Euro solle ich bitte innerhalb von 4 Wochen überweisen.

Meine erste Frage ist nun, ob ein Widerspruch Ihrer Meinung nach Aussicht auf Erfolg hat und wie ich ihn begründen kann. Ich lebe mit meinem Einkommen knapp über dem Existenzminimum, einen Rechtschutz oder Geld für einen Anwalt besitze ich nicht, sodass ich, sollte der Widerspruch abgewiesen werden, auch nicht klagen könnte. Ist es sinnvoll, jetzt schon zu erwähnen, dass ich die Summe gar nicht aufbringen könnte. Sozialleistungen möchte ich auf keinen Fall beantragen.

Die zweite Frage wäre, was passiert, wenn der Widerspruch abgelehnt wird und ich nicht zahlen kann? Wenn mir die KV die halbe Rente wegnimmt, kann ich der Rentenversicherung für die Zahlung des anderen Betrages ja nicht einmal kleine Raten anbieten. Ich mache derzeit eine Fernausbildung, um endlich aus der Misere rauszukommen, und benötige für die Ausübung des angestrebten Berufes ein einwandfreies Führungszeugnis und eine Bestätigung von der Schufa, dass kein Eintrag vorliegt (was bisher auch der Fall war, ich hatte noch nie Schulden). Nun habe ich Angst, dass sich dies ändern könnte.
Wenn Sie sonst einen Rat haben, was ich tun könnte, wäre ich Ihnen sehr dankbar.
2. Januar 2025 | 13:15

Antwort

von


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Sehr geehrter(r) Fragesteller(in),


ich bedanke mich für Ihre Anfrage, die mir vor wenigen Minuten zugewiesen wurde. Diese möchte ich nun gerne anhand der von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben beantworten.

Zunächst möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich sehr gut verstehe, dass die derzeitige Situation für Sie äußerst belastend ist und diese für Sie finanzielle Sorgen bedeutet. Deshalb bin ich sehr bemüht, Ihnen bestmöglich zu helfen. Im Folgenden werde ich auf Ihre Fragen eingehen und Ihnen rechtliche Hinweise sowie mögliche Handlungsoptionen darlegen.

[b]Widerspruch/Klage gegen den Bescheid der Rentenversicherung und der Krankenkasse[/b]

Ein Widerspruch oder eine Klage gegen den Bescheid der Rentenversicherung sowie der Krankenkasse kann durchaus Aussicht auf Erfolg haben. Hierbei ist es von wesentlicher Bedeutung, die Begründung präzise und fundiert zu formulieren. Sie sollten insbesondere darauf eingehen, dass es sich um ein Verwaltungshandeln handelt, welches auf einer fehlerhaften Annahme beruhte. Das Prinzip des "Vertrauensschutzes" nach § 45 Abs. 2 SGB X könnte hier zur Anwendung kommen. Demnach sollen belastende Verwaltungsakte nicht mit Rückwirkung aufgehoben werden, wenn der Betroffene auf den Bestand des fehlerhaften Verwaltungsaktes vertraut hat und dieses Vertrauen in schutzwürdiger Weise entstanden ist.

In Ihrem Fall könnte argumentiert werden, dass Sie aufgrund der regelmäßigen Übermittlung Ihrer Steuerbescheide und der darauf basierenden Neuberechnung der Krankenkassenbeiträge davon ausgehen durften, dass die bisherige Praxis korrekt war. Des Weiteren könnte die Frage geprüft werden, ob ein Verschulden der Verwaltung vorliegt, insbesondere ob die Aufklärungspflicht der Rentenversicherung und der Krankenkasse hier nicht in gebührendem Maße erfüllt wurde.

Ihr Widerspruch oder Ihre Klage sollte sich darauf stützen, dass Sie lange Zeit in gutem Glauben gehandelt haben und darauf vertraut haben, dass die Beiträge korrekt berechnet wurden. Sie könnten wie folgt argumentieren:

1. Vertrauensschutz und Gutgläubigkeit: Sie haben stets alle relevanten Unterlagen wie Steuerbescheide fristgerecht eingereicht und haben keine Hinweise darauf erhalten, dass die Berechnungen fehlerhaft seien.

2. Aufklärungspflicht der Verwaltung: Die Rentenversicherung und Krankenkasse hätten ihre Aufklärungspflicht gemäß §§ 13, 14, 15 SGB I nicht ausreichend erfüllt, da Sie nicht rechtzeitig und umfassend auf die Problematik hingewiesen wurden.

3. Existenzsicherung: Eine sofortige Rückzahlung der geforderten Summe könnte Ihre wirtschaftliche Existenz unmittelbar gefährden und würde somit gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Es ist ratsam, explizit darauf hinzuweisen, dass Sie die geforderte Summe nicht aufbringen können und vorschlagen, dass eine Ratenzahlung erfolgen könnte.

Rein vorsorglich möchte ich noch darauf hinweisen: Ob vorliegend als Rechtsmittel ein Widerspruch oder direkt die Klage zu erheben ist, können Sie innerhalb der sog. Rechtsbehelfsbelehrung erkennen, die sich meist am Ende des Bescheides befindet. Achten Sie bitte auch darauf, dass Sie die in der Rechtsbehelfsbelehrung genannten Fristen einhalten, da nach Fristablauf auch ein rechtwidriger Bescheid wirksam werden kann.

[b]Konsequenzen bei Ablehnung des Widerspruchs und Nichtzahlung[/b]

Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, was natürlich eine Möglichkeit darstellt, können Sie dennoch Maßnahmen ergreifen.

Ratenzahlung: Die Rentenversicherung und die Krankenkasse sind verpflichtet, in gewissem Maße Rücksicht auf Ihre finanzielle Situation zu nehmen. Gemäß § 44 SGB II gibt es die Möglichkeit von Stundungen und Ratenzahlungsvereinbarungen bei Forderungen, die Sie finanziell überfordern. Sollte Ihr Widerspruch abgelehnt werden, beantragen Sie daher sofort eine Ratenzahlungsvereinbarung oder alternativ eine Stundung. Die Bezeichnung "Stundung" bedeutet, dass die Fälligkeit der Forderung hinausgeschoben wird.

Pfändungsschutz: Sollte es dennoch zu einer Pfändung kommen, haben Sie Anspruch auf pfändungsfreie Beträge gemäß § 850k ZPO (Pfändungsschutzkonto). Damit bleibt Ihnen ein Existenzminimum gesichert. Im Falle einer Pfändung sollten Sie unverzüglich den Kontakt zu Ihrer Bank aufnehmen.

Eintragung in Schufa und Führungszeugnis: Ein Eintrag in der Schufa erfolgt in der Regel nicht bei öffentlich-rechtlichen Forderungen wie denen aus der Rentenversicherung oder Krankenkasse. Für das Führungszeugnis sollten diese Schulden ebenfalls keine relevanten Auswirkungen haben, da es sich hierbei nicht um Straftaten handelt.

Weitere Handlungsmöglichkeiten: Wird Ihr Widerspruch zurückgewiesen, können Sie spätestens dann die Klage gegen den Widerspruchsbescheid erheben. Die obige Argumentation kann auch im Rahmen des Klageverfahrens verwendet werden - wenn die Widerspruchsstelle den Widerspruch tatsächlich zurückweist, kann eine Prüfung der Verwaltungshandelns durch das Gericht durchaus Sinn machen.

Ich hoffe, dass diese Informationen und Hinweise Ihnen weiterhelfen und Ihnen ein wenig von der Sorge und Unsicherheit nehmen können. Ich wünsche Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Cedric Hohnstock
Rechtsanwalt


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