Rheinland-Pfalz - Dachgeschossausbau

| 20. April 2019 23:31 |
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Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Zusammenfassung

Kann der Ausbau einer kompletten, abgeschlossenen Wohnung im Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses noch als "einzelne Aufenthaltsräume" im Sinne der Landesbauordnung von Rheinland-Pfalz betrachtet werden?

Der Gesetzgeber will den Ausbau von Wohnraum fördern, solange keine äußere Veränderung des Gebäudes stattfindet. Es ist von einem Dachraum die Rede, der zu mehreren Aufenthaltsräumen ausgebaut werden kann. Allerdings gibt es auch andere rechtliche Vorbehalte, die beachtet werden müssen. Es wird empfohlen, eine Bauvoranfrage beim zuständigen Bauamt einzureichen. Wenn durch den Ausbau eine höhere Gebäudeklasse entsteht, ist dies nicht genehmigungsfrei, sondern unterliegt dem vereinfachten Genehmigungsverfahren.

Sehr geehrte Experten,

laut § 62 der Landesbauordnung von Rheinland-Pfalz ist

"der Ausbau einzelner Aufenthaltsräume im Dachraum von Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3, wenn die äußere Gestaltung des Gebäudes nicht verändert wird..."

genehmigungsfrei.

Wie sind "einzelne Aufenthaltsräume" auszulegen? Kann eine komplette, abgeschlossene Wohnung im Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses noch unter diesen Begriff fallen?

Und bezieht sich "Gebäudeklasse 1 bis 3" im oben zitierten LBO-Text auf die Klasse, die das Gebäude VOR dem genehmigungsfreien Ausbau von Aufenthaltsräumen im Dachgeschosses hatte, oder auf jene (höhere) Klasse, die ggf. erst durch die neu geschaffenen Aufenthaltsräume entsteht?

Gibt es ggf. Urteile zur Auslegung?

Vielen Dank
21. April 2019 | 01:31

Antwort

von


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Gerne zu Ihren Fragen:

Gesetze sind methodisch wie folgt auszulegen:

1. grammatikalisch, also der redaktionelle Wortlaut
2. systematisch, also in welchem rechtlichen Sachzusammenhang der § steht.
3. historisch (dürfte hier entfallen)
4. teleologisch: Welches [b]Ziel[/b] will der Gesetzgeber aus welchem Grund erreichen?

Dies vorangestellt will der Gesetzgeber den Ausbau von Wohnraum fördern durch vereinfachtes Procedere, soweit damit nicht eine Außenwirkung verbunden ist. Es ist von [b]einem Dachraum[/b] die Rede, der zu [b]einzelnen (= mehreren) Aufenthaltsräumen mit „Fenstern" (= Plural) [/b]genehmigungsfrei ausgebaut werden kann.

Beachten Sie aber bitte, dass im Baurecht auch andere Vorbehalte unterschiedlicher Gesetzesmaterie bestehen, die mit der Genehmigungsfreiheit nicht obsolet werden: Etwa Satzungsrecht der Gemeinde - § 88 LBO RP („Ortsüblichkeit z.B. wegen der Dachfenster oder Gauben, Bauaufsichtsrecht wg. Statik, Brandschutz, bautechnischen Anforderungen etc.). Insofern ist es rein vorsorglich angezeigt unbeschadet der Genehmiungsfreiheit eine kostengünstige Bauvoranfrage bei dem zuständigen Bauamt einzureichen § 72 LBO RP. Denn genehmigungsfrei ist nicht gleichbedeutend mit „rechtsfrei". Es bedeutet vielmehr, dass der Bauherr selbst verantwortlich ist, dass alle geltenden Vorschriften eingehalten werden.

Damit können Sie auch den zweiten Teil Ihrer Anfrage verbinden und sind dann auf der sichereren Seite.

Denn auch hier muss ich mangels einschlägiger Rechtsprechung (im vorgegebenen Zeitbudget) nur methodisch argumentieren, wobei dann vorliegend das teleologische Argument überwiegt:

Wenn „jene (höhere) Klasse, erst durch die neu geschaffenen Aufenthaltsräume entsteht" will der Gesetzgeber das nicht verfahrensfrei erlauben sondern dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 66 LBO RP unterstellen.

Ich entnehme diese gesetzgeberische Intention dem Schutzzweck des Bau(ordnungs)rechts und auch dem § 66 Absatz 1 Satz 2 LBO RP, der lautet:

[b]„Spätestens bei Baubeginn[/b] müssen der Bauaufsichtsbehörde Erklärungen über die ordnungsgemäße Aufstellung der Nachweise der Standsicherheit, des Wärmeschutzes und, soweit erforderlich, des Schallschutzes vorliegen."

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

Rückfrage vom Fragesteller 21. April 2019 | 09:21

Vielen Dank für Ihre Ausführungen.

Die Regelung

„Spätestens bei Baubeginn müssen der Bauaufsichtsbehörde Erklärungen über die ordnungsgemäße Aufstellung der Nachweise der Standsicherheit, des Wärmeschutzes und, soweit erforderlich, des Schallschutzes vorliegen."

zitieren Sie aus § 66 Vereinfachtes Genehmigungsverfahren. In § 62 Genehmigungsfreie Vorhaben (auf den sich meine Frage bezieht) finde ich eine Pflicht zur Vorlage bei der Baubehörde jedoch nicht. Mein Verständnis ist, dass die Intention von genehmigungsfreien Vorhaben - im Gegensatz zum vereinfachten Genehmigungsverfahren - gerade darin liegt, dass diese komplett ohne Involvierung der Baubehörde durchgeführt werden können (solange alle Vorschriften vom Bauherrn eingehalten werden). Liege ich damit falsch?

Ihren Vorschlag, auch genehmigungsfreie Vorhaben generell zumindest mit einer Bauvoranfrage abzusichern, finde ich gut, dies lässt sich leider nicht umsetzten, wenn das Bauvorhaben bereits vor langer Zeit realisiert wurde.

Zu welcher Vorgehensweise würden Sie einem Kaufinteressenten raten, wenn das Objekt, für das er sich interessiert, eine nicht genehmigte, vermietete Wohnung im Dachgeschoss hat, die der (inzwischen verstorbene) Vor-Vor-Eigentümer in den 70-er Jahren ohne Genehmigung errichtet hatte, weil er davon ausging, dass es sich um ein genehmigungsfreies Vorhaben handeln würde (was ja durchaus der Fall sein könnte). Gibt es eine Möglichkeit, über die Rechtmäßigkeit des damaligen Bauvorhabens Rechtssicherheit herzustellen, ohne einen neuen Bauantrag einzureichen, der ja den Verlust des Bestandsschutzes und Auflagen zur Erfüllung aller aktuellen Buvorschriften zur Folge hätte.

Vielen Dank

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 21. April 2019 | 23:57

Besten Dank für Ihre freundliche Bewertung.

Wenn ich Sie richtig verstehe, hat sich Ihre Rückfrage erledigt; anderenfalls schreiben Sie mir noch eine E-mail (pers.) an: ra-w.burgmer@online.de).

Freundliche Grüße,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 21. April 2019 | 12:54

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"Meine Fragen wurde konkret und verständlich beantwortet. (Meine Rückfrage hat sich inzwischen erübrigt, nachdem ich den Bauordnungstext 1974 auftreiben konnte, wonach der Ausbau von Aufenthaltsräumen im Dachraum damals noch nicht genehmigungsfrei war.)"
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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 21. April 2019
5/5.0

Meine Fragen wurde konkret und verständlich beantwortet. (Meine Rückfrage hat sich inzwischen erübrigt, nachdem ich den Bauordnungstext 1974 auftreiben konnte, wonach der Ausbau von Aufenthaltsräumen im Dachraum damals noch nicht genehmigungsfrei war.)


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