sehr geehrte Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Auf Grundlage Ihrer Angaben möchte ich Ihr Anliegen wie folgt beantworten:
1.
Eine gesetzliche Regelung, dass beim Reiten in Deutschland ein Helm getragen werden MUSS, existiert m.W. nicht. Allerdings zahlt die Versicherung für Schäden, welche durch das Reiten entstehen nur, wenn ein Helm getragen wurde – auch wenn sich dies in der Praxis leider noch nicht durchgehend durchsetzte. Ansonsten erheben Versicherungen durchweg die den Versicherungsschutz ausschliessende Einrede der groben Fahrlässigkeit. Deswegen gehe ich jedenfalls davon aus, dass hier eine Pflichtverletzung der Reitschule vorliegt, aus welcher natürlich Forderungen der Geschädigten resultieren, schon weil es sich um die erste Reitstunde handelte.
2.
Nun entnehme ich Ihrer Schilderung, dass die Reitschule weder einen Helm verlangte noch anbot. Hier gilt der Grundsatz, dass die Reitschule als Betreiber der Anlage die sog. Verkehrssicherungspflicht trifft, die Benutzer vor Gefahren zu schützen, welche über das übliche Risiko der Benutzung hinausgehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind (statt aller: OLG München, VersR 94, 997). Angesichts der Tatsache, dass Ihre Partnerin Ihre erste Reitstunde nahm, spricht einiges dafür, dass die Reitschule gegen Ihre Verkehrssicherungspflicht verstieß. Denn das Augenmark des Sporttreibenden, hier Reiters, ist ja in erster Linie auf die Ausübung des Reitsports gerichtet (OLG Hamm, MDR 02, 516), insbesondere bei der ersten Reitstunde. Deswegen sind gegen vorhersehbare Schädigungen Dritter die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen (OLG Brandenburg, ZfS 03, 225), wobei ich im Prinzip davon ausgehe, dass ein lautes Fahrzeug neben der Reithalle unter den Begriff der vorhersehbaren Schädigung fällt.
3.
Im Rahmen der hier summarischen Prüfung hat sich die Reitschule nach §§ 823, 833 BGB zu verantworten. Ein evt. vertraglicher Haftungsausschluss ist bei Reitschülern gegen Entgelt zu verneinen (OLG Düsseldorf, NJW 75, 1892).
Sie sollten deswegen umgehend die Forderungen dem Grunde nach (die Höhe ist ja noch offen), also Krankenhaus, Transportkosten, Verdienstausfall, bei der Reitschule anmelden.
Hierzu gehört auch das von Ihnen angesprochene Schmerzensgeld, dessen Voraussetzungen nach § 253 BGB Sie natürlich, wenn die Sache „spruchreif“ ist, darlegen müssen. Entscheidend für die Höhe sind u.a. Ausmaß und Schwere der physischen oder psychischen Störungen, Maß der Lebensbeeinträchtigung, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Dauer der stationären Behandlung und Arbeitsunfähigkeit, Unübersehbarkeit des weiteren Heilungsverlaufs, bleiben Verletzungen (auch Narben o.ä.).
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben und wünsche Ihrer Partnerin alles Gute. Für eine kostenlose Rückfrage stehe ich Ihnen im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion von „Frag einen Anwalt“ gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Schimpf
- Rechtsanwalt -
E-Mail: ra.schimpf@gmx.de
www.anwalt.de/rechtsanwalt_schimpf
Sehr geehrter Herr Dr. Schimpf,
ich möchte mich bei Ihnen herzlichst für die ausführliche Antwort
bedanken. Es scheint ja doch eine relativ komplexe Situation zu sein. Nun zu meiner Nachfrage: Welche Kosten kommen auf mich zu, sollte ich einen Rechtsanwalt mit dieser Sache beauftragen? (ich habe leider keinen so weit reichenden Rechtsschutz) oder kann man das auch allein durchziehen?
Sehr geehrter Herr R.,
danke für Ihre Nachfrage.
Ohne Ihnen die Dienste meiner Kollegenschaft aufdrängen zu wollen, aber angesichts der im Raume stehenden Gesundheits- und Vermögensschäden und der Tatsache, dass diese evt. nicht eine "durchgewunken werden" sollten Sie –wenn das ganze hart auf hart kommt- einen Rechtsanwalt beauftragen. Denn nach Ihrer Schilderung scheint ja u.a. ein erheblicher Körperschaden, dessen Folgen noch nicht ganz überschaut werden können, vorzuliegen.
Was die Höhe der anfallenden Kosten betrifft, kann ich Ihnen auf Grundlage der bisherigen Situation leider noch keine verbindliche Prognose machen. Denn wie Sie evt. wissen, orientieren sich die anwaltlichen Gebühren im wesentlich am sog. Streitwert, also dem wirtschaftlichen Interesse. Aber um Ihnen ein Beispiel zu geben: Sollte der Gesamtschaden inkl. Schmerzensgeld bei 20.000 Euro liegen, würde die vorgerichtliche Vertretung max. 860 Euro netto kosten.
Mit freundlichen Grüßen
RA Schimpf
ra.schimpf@gmx.de