Antwort
vonRechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist
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nach Ihrer Schilderung stellt sich die Situation wie folgt dar: Ein Kandidat hat auf Grundlage einer vom zuständigen Institut erteilten Information die Eignungsprüfung online abgelegt, obwohl das Prüfungsamt dies grundsätzlich nur in Ausnahmefällen und nach vorheriger Genehmigung zulässt. Die Information über die Zulässigkeit der Online-Prüfung war fehlerhaft, schriftliche Hinweise oder klare Regelungen zur Online-Prüfung existieren nicht. Die Eignung des Kandidaten ist unstreitig festgestellt worden.
1. Grundsatz: Bindung an die Prüfungsordnung und formale Anforderungen
Im Prüfungsrecht gilt grundsätzlich der Vorrang der Prüfungsordnung. Prüfungen sind nach den dort festgelegten Modalitäten durchzuführen. Fehlt eine ausdrückliche Regelung zur Online-Prüfung oder deren Genehmigung, ist grundsätzlich die Präsenzprüfung maßgeblich. Allerdings ist das Prüfungsrecht ein sehr formales Rechtsgebiet, bei dem die Einhaltung der Prüfungsordnung und der Verfahrensvorschriften von zentraler Bedeutung ist.
2. Fehlende schriftliche Hinweise und interne Unklarheiten
Da weder im Bewerbungsportal noch intern klare, schriftliche Hinweise zur Gewährung von Online-Prüfungen existieren, fehlt es an einer für den Kandidaten erkennbaren und verbindlichen Regelung. In solchen Fällen ist die Hochschule gehalten, für Transparenz und Rechtssicherheit zu sorgen. Die fehlende Dokumentation und Kommunikation der Voraussetzungen für Online-Prüfungen gehen zu Lasten der Hochschule.
3. Vertrauensschutz und fehlerhafte Information
Der Kandidat hat auf die Information des Instituts vertraut und die Prüfung in gutem Glauben online abgelegt. Nach allgemeinem Verwaltungsrecht gilt, dass der Bürger (hier: der Prüfungskandidat) auf behördliche Auskünfte vertrauen darf, sofern diese nicht offensichtlich falsch oder missverständlich sind und keine gegenteiligen Hinweise vorliegen. Das Institut 7 hat eingeräumt, dass die fehlerhafte Information intern zu verantworten ist.
4. Haftung der Hochschule für fehlerhafte Auskünfte
Die Hochschule muss sich das Verhalten und die Auskünfte ihrer Organe und Beauftragten zurechnen lassen. Wenn ein Kandidat durch eine fehlerhafte Auskunft zu einem bestimmten Verhalten veranlasst wird, das er bei korrekter Information nicht gewählt hätte, und ihm daraus ein Nachteil entsteht, ist dies grundsätzlich der Hochschule zuzurechnen. Dies gilt insbesondere, wenn keine klaren, schriftlichen Regelungen existieren und der Kandidat keine Möglichkeit hatte, die Fehlerhaftigkeit der Auskunft zu erkennen.
5. Rechtsfolgen: Anerkennung oder Wiederholung der Prüfung
Anerkennung der Prüfung: Da die Eignung des Kandidaten unstreitig festgestellt wurde und die fehlerhafte Durchführung allein auf einem internen Fehler der Hochschule beruht, spricht viel dafür, die Prüfung anzuerkennen. Der Kandidat hat im Vertrauen auf die Auskunft des Instituts gehandelt und darf nicht für einen Fehler der Hochschule benachteiligt werden.
Wiederholung der Prüfung: Sollte das Prüfungsamt auf der formalen Unzulässigkeit der Online-Prüfung bestehen, ist dem Kandidaten zumindest die Möglichkeit einer Wiederholungsprüfung einzuräumen. Es wäre unbillig, ihm die Zulassung zum Studium zu verweigern, obwohl er keine Möglichkeit hatte, den Fehler zu erkennen oder zu vermeiden.
6. Ergebnis
Der Kandidat Rafael de Souza hat nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Zurechnung fehlerhafter Auskünfte durch die Hochschule einen Anspruch darauf, dass entweder
- die abgelegte Online-Prüfung anerkannt wird, oder
- ihm die Möglichkeit einer Wiederholungsprüfung eingeräumt wird.
Die Verantwortung für die fehlerhafte Information liegt eindeutig bei der Hochschule, nicht beim Kandidaten. Die fehlende schriftliche Regelung und die interne Unklarheit gehen zu Lasten der Hochschule. Eine Benachteiligung des Kandidaten wäre mit den Grundsätzen von Treu und Glauben sowie dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar.
Zusammenfassung:
Die Hochschule muss sich den internen Fehler zurechnen lassen. Der Kandidat hat Anspruch auf Anerkennung der Prüfung oder zumindest auf eine Wiederholungsmöglichkeit. Eine Benachteiligung des Kandidaten wäre rechtlich nicht haltbar, da er im berechtigten Vertrauen auf die Auskunft des Instituts gehandelt hat und keine klaren Regelungen existieren.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist
Sehr geehrter Herr Tank,
zunächst vielen Dank für diese sehr aufschlussreiche Antwort, die mir sehr weiterhilft. Ich erwäge in diesem Falle auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Mitarbeiter des Prüfungsamtes einzuleiten wegen Dirkriminierung (Ausschluss eines Kandidaten ohne dessen Verschulden), Mangelnde Sorgfaltspflicht (umgründliche Prüfung des Falles und mangelnde Transparenz bei Richtlinien zur Prüfung)), und Willkür (Urteil ohne zureichende Begründung - das Argument der Grund für die Online Prüfung sei nicht ausreichend ist ja irrelevant). Ich würde mich freuen, wenn Sie mir hierzu noch ein ganz knappe Einschätzung geben könnten! Herzlichen Dank,
... vielen Dank für Ihre ergänzende Frage. Gerne gebe ich Ihnen eine knappe Einschätzung (da es sich dabei um eine neue Frage handelt) zur Möglichkeit und Erfolgsaussicht einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Mitarbeiter des Prüfungsamtes.
1. Zulässigkeit und Zweck der Dienstaufsichtsbeschwerde
Eine Dienstaufsichtsbeschwerde ist ein formloser Rechtsbehelf, mit dem Sie sich über das Verhalten oder die Amtsführung von Bediensteten einer Behörde beschweren können. Sie richtet sich an die vorgesetzte Dienststelle und zielt auf die Überprüfung des beanstandeten Verhaltens ab. Die Beschwerde kann insbesondere bei Verdacht auf Diskriminierung, mangelnde Sorgfalt oder Willkür erhoben werden.
2. Diskriminierung und Willkür
Wenn ein Kandidat ohne eigenes Verschulden von der Prüfung ausgeschlossen wird, obwohl die Ursache im Verantwortungsbereich der Hochschule liegt, kann dies als Benachteiligung gewertet werden. Wird zudem ohne nachvollziehbare Begründung entschieden, kann der Vorwurf der Willkür im Raum stehen. Die Verwaltung ist verpflichtet, ihre Entscheidungen sachlich zu begründen und darf keine sachfremden Erwägungen anstellen.
3. Mangelnde Sorgfaltspflicht und Transparenz
Die Hochschule ist verpflichtet, für klare und transparente Regelungen zu sorgen und diese auch zu kommunizieren. Werden Richtlinien nicht offengelegt oder unklar gehandhabt, kann dies als Verletzung der Sorgfaltspflicht gewertet werden. Auch eine unzureichende Prüfung des Einzelfalls kann Gegenstand einer Dienstaufsichtsbeschwerde sein.
4. Verfahren und Erfolgsaussichten
Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist – wie auch in der einschlägigen Praxis bestätigt – ein formloser und fristloser Rechtsbehelf. Sie führt in der Regel zu einer internen Überprüfung, hat aber keine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung. Dennoch kann sie dazu beitragen, Missstände aufzuzeigen und eine Korrektur des Verhaltens oder der Entscheidung herbeizuführen.
5. Fazit
Eine Dienstaufsichtsbeschwerde ist in Ihrem Fall zulässig und kann sinnvoll sein, um auf die aus Ihrer Sicht bestehenden Missstände aufmerksam zu machen. Sie kann insbesondere dann Erfolg haben, wenn Sie die Diskriminierung, mangelnde Sorgfalt und fehlende Transparenz nachvollziehbar darlegen. Eine rechtliche Verpflichtung zur Änderung der Entscheidung entsteht daraus zwar nicht unmittelbar, die Beschwerde kann aber zu einer Überprüfung und ggf. Korrektur des Verwaltungshandelns führen.
Zusammengefasst:
Die Einleitung einer Dienstaufsichtsbeschwerde ist in der geschilderten Konstellation möglich und kann als Instrument zur Aufklärung und Verbesserung des Verwaltungshandelns dienen. Sie sollten die Vorwürfe konkret und sachlich begründen, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen.