Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Prüfungs- oder Übungsaufgaben erreichen regelmäßig die erforderliche Schöpfungshöhe, um urheberrechtlich geschützt zu sein (vgl. z.B. LG Köln, 19.05.1993 - 28 O 424/92: Urheberrechtliche Schutzfähigkeit einer Hausarbeit). Ein Kopieren, Verteilen oder Veröffentlichen dieser Aufgaben ohne Einwilligung des Erstellers wäre daher eine Urheberrechtsverletzung.
Urheberrechtlich geschützt ist allerdings nur eine persönliche geistige Schöpfung. Allgemeiner Lernstoff, der durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse o.ä. vorgegeben ist, genießt keine urheberrechtlichen Schutz, ebenso wenig die Idee zu der Aufgabe (sondern nur deren konkrete sprachliche oder grafische Umsetzung) . Enthalten die Aufgaben jedoch prägende individuelle Merkmale und somit einen schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad, so stehen die Urheberrechte demjenigen zu, der dieses Werk selbst geschaffen hat. Die persönliche geistige Schöpfung kann dabei auch in der Auswahl und Anordnung der Aufgaben liegen.
Variante 2 ist daher unproblematisch, da Sie nur die Idee der Aufgabe übernehmen, aber nicht deren sprachliche oder grafische Umsetzung oder ein speziell angeordnetes Aufgaben-Konvolut. Und eine mathematische Problemstellung ist isoliert betrachtet nicht geschützt.
Variante 1 kann dagegen je nach individueller Ausgestaltung kritisch sein, da eine textlich und/oder grafisch aufbereitete Aufgabe urheberrechtlich geschützt sein kann. Gegebenenfalls kann dann § 51 UrhG als Ausnahmeregelung greifen, wenn Ihr eigener Lösungsweg so originell ist, dass er selbst als Werk angesehen werden kann und als Beleg dafür ein Zitat der Aufgabe im Original erforderlich ist. Der sicherere Weg ist aber Variante 2, also eine Umformulierung mit eigenen Worten.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Jan Wilking
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Meine Nachfrage versucht, Variante 2 zu konkretisieren:
Ich 'übernehme' eine Aufgabe zum Thema quadratische Gleichungen. Meine Wortwahl verändere ich gegenüber dem Original deutlich. Eventuelle Zeichnungen bilden zwar den gleichen Sachverhalt ab (z.B. eine parabelförmige Wasserfontäne), wurden aber von mir gezeichnet. Am Ende des Aufgabentextes erscheint nun aber bei mir dieselbe quadratische Gleichung (z.B. f(x) = -0,2x^2 + x + 5) wie im Original, auf deren Basis die SchülerInnen die Nullstellen berechnen sollen.
Die Frage, die sich ergibt, ist eben, ob diese eine Funktionsgleichung (f(x) = -0,2x^2 + x + 5) auch von mir so aufgeführt werden darf oder ob ich diese ebenfalls abändern müsste?
(Hintergrund: Die Ergebnisse solcher Aufgaben enthalten häufig 'glatte' Ergebnisszahlen, die vom Schüler nicht mehr gerundet werden müssen)
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Mathematische Gleichungen sind nicht urheberrechtlich geschützt, sie können diese also auch 1:1 übernehmen.
Mit besten Grüßen