Besteht Einsichtsrecht in Kaufverträge über Gesellschaftsanteile?

| 21. November 2019 15:59 |
Preis: 61,00 € |

Gesellschaftsrecht


Beantwortet von


19:41

Zusammenfassung

Ein Auskunftsanspruch der Gesellschafter untereinander besteht nur in Ausnahmefällen.

Guten Tag,
ich bin an einer GmbH & Co. KG (Familiengesellschaft) und an deren Komplementärin beteiligt. Ein Mitgesellschafter hat seine Anteile an diesen Gesellschaften verkauft. Habe ich einen Anspruch auf Einsicht in die Kaufverträge? Müssen mir die Kaufverträge so vorgelegt werden, dass ich daraus die Kaufpreise entnehmen kann?
21. November 2019 | 16:41

Antwort

von


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Tannenweg 17
72654 Neckartenzlingen
Tel: 07127/349-1208
Web: https://www.rechtsanwalt-kromer.de
E-Mail: info@rechtsanwalt-kromer.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Die Informationsrechte von Gesellschaftern einer Gesellschaft sind gesetzlich normiert. Es bestehen für unterschiedliche Gesellschaftsformen unterschiedliche Vorschriften.

Bei der GmbH kann gemäß § 51a Abs. 1 GmbH jeder Gesellschafter von der Gesellschaft „ Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft" verlangen und Einsicht in die Bücher nehmen.
Das Auskunftsrecht wird grundsätzlich recht weit ausgelegt. So zählen bei einer GmbH & Co. KG grundsätzlich auch die Angelegenheiten der KG zu den Angelegenheiten im Sinne des § 51a GmbHG, siehe BGH, Urteil vom 11.07.1988, Az. II ZR 346/87.

Zusammengefasst sind Angelegenheit der Gesellschaft alles was mit ihrer Geschäftsführung, den wirtschaftlichen Verhältnissen, Beziehungen zu Dritten (einschließlich Behörden) und zu verbundenen Unternehmen zusammenhängt, vgl. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz 22. Auflage 2019, § 51a GmbH Rn. 11 m.w.N.

Sofern die Gesellschaft nicht die Anteile selbst erworben hat, sind aber die Kaufverträge zwischen dem alten Mitgesellschafter und dem neuen Mitgesellschafter keine Angelegenheit der Gesellschaft. Die Verträge sind für die Gesellschaft als solche irrelevant. Relevant ist nur die Frage, wer Gesellschafter ist.

Ein Informations- oder Auskunftsanspruch eines Gesellschafters gegenüber einem anderen Gesellschafter ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Rechtsprechung erkennt einen solchen Auskunftsanspruch unter den Gesellschaftern nur im Ausnahmefall an und begründet dies mit einer allgemeinen Treuepflicht. Danach muss jeder Gesellschafter seinen Mitgesellschaftern solche Umstände offenbaren, die deren mitgliedschaftliche Vermögensinteressen unmittelbar betreffen, vgl. BGH, Urteil vom 11. 12. 2006 - II ZR 166/05.

Die Frage was für ein Kaufpreis der alte Mitgesellschafter erzielt hat, ist aber für die übrigen Gesellschafter in der Regel nicht von Relevanz. Eine Ausnahme kann dann bestehen, wenn es beispielsweise um die Frage geht, ob vertraglich zugunsten der alten Gesellschafter geregelte Vorkaufsrechte ordnungsgemäß berücksichtigt wurde.

Im Ergebnis sehe ich daher – wenn sich nicht auf den individuellen Gesellschaftsverträgen oder Beteiligungsverträgen etwas anderes ergibt – keinen Auskunftsanspruch.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Johannes Kromer

Rückfrage vom Fragesteller 21. November 2019 | 18:41

Guten Tag Herr Kromer,

vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Gekauft hat die Anteile der geschäftsführende Gesellschafter der Komplementärin. Dieser hat bereits zu einem früheren Zeitpunkt Anteile eines Gesellschafters erworben. Durch diesen früheren Kauf hat sich gemäß der Handelsbilanz das Eigenkapital der GmbH & Co. KG vermindert. Ob der in meiner Anfrage aufgeführte Kauf ebenfalls zu einer Eigenkapitalminderung führt, ist mir nicht bekannt. Habe ich auf Grund dieser Vorgeschichte einen Anspruch auf Einsicht in den Kaufvertrag?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 21. November 2019 | 19:41

Mir ist es momentan nicht nachvollziehbar, warum sich durch einen solchen Kauf das Eigenkapital der GmbH & Co. KG ändern sollte. Wenn es aber tatsächlich zu einer Eigenkapitalminderung kommt, dann wäre dies ohne Frage eine „Angelegenheit der Gesellschaft" die zudem noch die Eigeninteressen der übrigen Gesellschafter berühren würde. Da Sie von einer Familiengesellschaft sprechen, würde es mich in dem Fall aber wundern, dass eigenmächtig Verkäufe möglich sind ohne die Zustimmung der übrigen Gesellschafter einzuholen. Das lässt sich aber letztlich nur nach Einsicht der entsprechenden Verträge beurteilen, wozu Sie sich bei separater Beauftragung natürlich jederzeit gerne an mich wenden können. Ich berate und vertrete seit Jahren zu Gesellschafterstreitigkeiten bzw. auch im Vorfeld von solchen Auseinandersetzungen.

Bewertung des Fragestellers 5. Dezember 2019 | 00:43

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