Anspruch auf Arbeitslosengeld I

9. Juli 2008 09:40 |
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Sozialversicherungsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,
Nach dem Abschluss eines Chemiestudiums (Diplom) hat sich X für eine Promotion zur Dr.rer.nat in der gleichen Studienrichtung an der Universität entschieden. Während der Promotion war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter für 19,5 Stunden/Woche (halbe Stelle) tätig. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter hat X 6 Jahren lang alle Beiträge zu Sozialversicherungen (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) in vollem Umfang (nicht als Student) geleistet. Parallel zur Promotion nahm X nach zwei Jahren ein Aufbaustudium der Wirtschaftswissenschaften an der gleichen Universität an. Die Regelstudienzeit beträgt 4 Semester und insgesamt 60 Semesterwochenstunden, das heißt etwa 15 Stunden in der Woche pro Semester. Die sozialpflichtigen Beiträge aus der Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter wurden weiterhin normal geleistet.

Heute steht X kurz vor Abschluss seiner Promotion und auch des Aufbaustudiums. Notwendig wären bis zum Abschluss noch 3-4 Monate. Er ist jedoch gezwungen seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter aufzugeben.
1. Da die meisten Leistungen für das Aufbaustudium und Promotion gebracht worden sind (Der Besuch der Vorlesungen und Veranstaltungen ist nicht mehr notwendig, sondern nur die Vorbereitung einer Hausarbeit und einer letzten Teilabschlussprüfung), hat er auch genug Zeit sich um einen neuen Arbeitsplatz umzusehen. Hat X Anspruch auf Arbeitslosengeld I in der Zeit bis er die Promotion und das Aufbaustudium abschließt?
2. Falls keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I besteht, welche Möglichkeiten bieten sich an um die bisher geleistete Beiträge zur Sozialversicherungen zurückzuerhalten (für die letzten 4 Jahre während des Aufbaustudiums)?
3. Falls keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I besteht, hat X Anspruch auf BAföG-Förderung? (bisher wurden die BAföG Leistungen nicht in Anspruch genommen und X wird bald 30 Jahren alt).

Hinweis: In dem Einkommensteuerbescheid wurden die Kosten des Aufbaustudiums als Werbungskosten (Fortbildung?) und nicht als Sonderausgaben (Ausbildung) anerkannt.
9. Juli 2008 | 11:22

Antwort

von


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Sehr geehrte Fragestellerin, sehr geehrter Fragesteller,

ist die Anwartschaftszeit erfüllt - wovon ich hier nach Ihren Ausführungen ausgehe -, ist in Ausnahmefällen auch ein Bezug von ALG 1 während eines Studiums möglich. Nach § 120 Abs. 2 SGB 3 wird bei Studenten einer Hochschule jedoch vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können, so dass in den meisten Fällen wegen mangelnder Verfügbarkeit kein Anspruch auf ALG 1 besteht. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden, wenn der Student darlegt und nachweist, dass das Studium die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Beschäftigung zulässt und trotz dieser Beschäftigung die in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen erfüllt werden können.
Dabei sind allerdings nicht nur die Semesterwochenstunden maßgabend, sondern auch die Zeiten, die für die Vor- und Nachbereitung benötigt werden. Da die meisten Leistungen für das Aufbaustudium mittlerweile erbracht worden sind und studienbegleitend auch tatsächlich versicherungspflichtig gearbeitet wurde, sollte auf jeden Fall ein Antrag auf ALG 1 gestellt werden. Je nachdem aus welchem Grund die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter beendet wurde, greift unter Umständen aber eine Sperrzeit. Es sollte sicherheitshalber parallel auch einen Antrag auf ALG 2 gestellt werden.

Eine Erstattung von rechtmäßig entrichteten Sozialversicherungsbeiträge ist nur im Bereich der Rentenversicherung vorgesehen. Rechtsgrundlage ist insoweit § 210 SGB 6. Wenn Sie Deutscher sind, wird eine Erstattung nach der derzeitigen Rechtslage aber nicht möglich sein, da Sie bereits fünf Jahre mit Beitragszeiten vorweisen können. Sie haben damit die allgemeine Wartezeit und somit die Voraussetzung für eine freiwillige Weiterversicherung erfüllt.

Ich gehe auch nicht davon aus, dass neben dem Aufbaustudium ein Anspruch auf BaföG besteht.
Nach § 2 Abs. 5 BaföG wird Ausbildungsförderung nur für solche Ausbildungen geleistet, die die Arbeitskraft des Auszubildenden im allgemeinen voll in Anspruch nehmen. Nach den Verwaltungsschriften wird die Arbeitskraft des Auszubildenden durch die Ausbildung voll in Anspruch genommen, wenn nach den Ausbildungsbestimmungen oder der allgemeinen Erfahrung die Ausbildung (Unterricht, Praktika, Vorbereitung) 40 Wochenstunden erfordert und die eigentliche Unterrichtszeit selbst mindestens 20 Wochenstunden beträgt.

Ich hoffe, dies hilft Ihnen als erste rechtliche Orientierung in Ihrer Angelegenheit weiter.
Bei Unklarheiten nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.
Soweit ansonsten aus dem Bereich frag-einen-anwalt.de heraus eine Kontaktaufnahme an mich gewünscht ist, bitte ich zunächst ausschließlich um Kontakt per E-Mail.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Haeske
Rechtsanwältin


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