Aberkennung Natura 2000/FFH - Bauen im Aussenbereich

1. April 2024 12:14 |
Preis: 70,00 € |

Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Beantwortet von


18:07
Wir haben ein 4 ha großes Grundstück mit Wohngebäude sowie einer Scheune im Außenbereich in Bayern. Das Grundstück ist FFH Gebiet. Alle umliegenden Landwirte haben damals widersprochen, weshalb wir im gesamten Gebiet das einzige Grundstück sind, welches FFA Land ist und den Schutzbestimmungen und Einschränkungen unterliegt. Die damaligen Eigentümer hatten den Widerspruch verpasst. Nun fragen wir uns, ob es möglich ist, den Status nachträglich abzuerkennen? Da wir im gesamten Umkreis das einzige Grundstück sind, macht es unseres Erachtens wenig Sinn, diesen Schutzstatus aufrecht zu erhalten. Welcher Fachanwalt könnte uns bei der Beurteilung behilflich sein? Des Weiteren haben wir zur Landschaftspflege Schafe und Pferde zur Wechselbeweidung im Einsatz. Nun würden wir gerne einen befestigten Bereich als Paddock ausgestalten, damit die Tiere im den Wintermonaten dort ihren Auslauf haben und den restlichen Boden nicht zertreten. Da wir nicht privilegiert sind, erhalten wir hier keine Baugenehmigung. Wäre es eine Möglichkeit, die Fläche an den benachbarten Landwirt zu verpachten, der dementsprechend die Baugenehmigungen dafür einholt?

Welche Fachrichtung kennt sich aus mit Bauen im Außenbereich?


Vielen Dank vorab.
1. April 2024 | 13:32

Antwort

von


(1656)
Bertha-von-Suttner-Straße 9
37085 Göttingen
Tel: 0551 70728-16
Web: https://rkm-goettingen.de/gero-geisslreiter-verwaltungsrecht
E-Mail: verwaltungsrecht@rkm-goettingen.de
Sehr geehrte Fragestellerin,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Welche Gebiete in Bayern FFH-Gebiete sind, ist in der Anlage 1 zur Bayerischen Natura 2000-Verordnung (BayNat2000V) definiert und in Übersichtskarten in den Anlagen 1.1 bis 1.674 dargestellt - die für Ihre Zwecke relevante Detailkarte können Sie beim Umweltamt des Landkreises einsehen, in welchem sich das Grundstück befindet. Das möchte ich Ihnen dringend anempfehlen, damit Sie Klarheit haben, inwieweit Ihr Grundstück betroffen ist.

Es ist nicht so, dass ein Widerspruch eines Grundstückseigentümers zur Folge hätte, dass er automatisch von der FFH-Beplanung seiner Grundflächen ausgenommen wäre. Ob ein Grundstück entsprechend beplant wird, hat das Fachministerium verbindlich im Jahr 2006 in der BayNat200V entschieden. Nur so konnte die europarechtliche Vorgabe umgesetzt werden. Es liegt m.a.W. nicht im Belieben eines Grundstückseigentümers, ob er die FFH-Vorgaben für sein Grundstück gelten lassen will oder nicht. Vielmehr ist ein Grundstück europarechtlich zwingend einem rechtlich verbindlichen FFH-Schutz zu unterstellen, wenn es die definierten Qualifikationsmerkmale der FFH-Richtlinie der EU erfüllt. Die nachträgliche Herausnahme eines Grundstücks ist nur möglich, wenn man sich damals bei der fachlichen Qualifikation des Grundstücks geirrt hatte, nicht aber, weil ein Grundstückseigentümer das Grundstück jetzt baulich oder land-/forstwirtschaftlich nutzen möchte.

Alle Veränderungen und Störungen, die zu einer [i]erheblichen[/i] Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können, sind unzulässig (§ 33 Abs. 1 Satz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes - BNatSchG). Das wäre ggf. in einem Genehmigungsverfahren fachlich - durch Sachverständige - kostenpflichtig zu klären.

Ein Pferdepaddock im Außenbereich ist, abgesehen von einer etwaigen FFH-Problematik, aber auch nur möglich im Falle des Betriebs einer Landwirtschaft im Rechtssinne des § 201 des Baugesetzbuches (BauGB), nicht aber für Hobbytierhaltung. Die Pferdehaltung und damit der Paddock müssen einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen. Es reicht leider nicht aus, dass Pferde auf einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück überhaupt gehalten werden ohne diesen funktionalen Bezug.

Für die Rechtsfragen, um die es hier geht, ist die Fachanwaltschaft für Verwaltungsrecht prädestiniert.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Rückfrage vom Fragesteller 1. April 2024 | 17:33

Guten Tag, vielen Dank für Ihre Antwort. Wir kennen den Flächennutzungsplan, wissen also welche Gebiete FFH Land sind und welche nicht. Unser Grundstück ist im weiteren Umkreis das einzige Grundstück, welches FFH Gebiet ist. Von den sämtlichen umliegenden Höfen wurde uns berichtet, dass sie damals Widerspruch einlegen konnten und dem stattgegeben wurde, weshalb ihre Grundstücke kein FFH Land sind. Die rechtliche Grundlage dafür kann ich nicht beurteilen, und ist für uns nicht interessant. Uns interessiert nur, ob es eine Möglichkeit gibt, es nachträglich abzuerkennen. Dass wir als nicht privilegierte Landwirte keine Umbaumaßnahmen im Aussenbereich vornehmen können, ist uns ebenfalls bekannt. Aus dem Grund haben wir uns die Frage gestellt, ob es möglich ist, die Fläche an den benachbarten Landwirt zu verpachten, der privilegiert ist und dieser dann die Umbaumaßnahmen vornimmt. Er hält bereits Pferde. Danke vorab.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 1. April 2024 | 18:07

Der Flächennutzungsplan der Gemeinde ist von anderer Qualität und Aussage als die Detailkarte aus der Fachplanung des Staatsministeriums.

Wenn die Grundstücke anderer früher einmal aus dem Verordnungsentwurf wieder herausgenommen wurden, kann das nur daran gelegen haben, dass diese Grundstücke keine FFH-Relevanz hatten. Das wurde nicht nach Lust und Laune der jeweiligen Grundstückseigentümer auf Zuruf entschieden. Es bleibt auf jeden Fall noch die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung.

Ich sehe keine realistische Chance, dass das Staatsministerium für Sie seine Natura 2000-Verordnung ändert und Ihr Grundstück aus dem Geltungsbereich der Verordnung herausnimmt. Das würde bei einem schlichten Paddock wohl auch nicht nötig sein, weil eine Ausnahmegenehmigung naheliegt.

Nein, der von Ihnen angedachte Lösungsweg über die Verpachtung der Aufstellfläche an einen Landwirt funktioniert leider rechtlich nicht aus den dargelegten Gründen.

Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt

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