§1579 Nr.2 BGB – Auswahl des richtigen Zeitpunkts für juristische Schritte

| 29. April 2010 12:02 |
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Familienrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Sachverhalt:
Unser Trennungsjahr ist im April 2010 abgelaufen und der Scheidungsantrag wurde Anfang April bei Gericht eingereicht. Ich erwarte auf Grundlage unserer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung, in welcher alle wesentlichen Punkte unserer Scheidung geklärt worden sind, keine Komplikationen. Über den Abschluss der notariellen Vereinbarung hinaus habe ich mir keinen Anwalt für die gerichtliche Scheidung genommen. Dass die notarielle Vereinbarung als Basis der Scheidungsregelung an zu sehen ist wurde dem Gericht vom Anwalt meiner Frau mitgeteilt und die Vereinbarung als Anlage übergeben. (Ich habe Einsicht in die Schreiben des Anwalts bekommen).
Jetzt ist meine (Noch-) Ehefrau mit unserem 5jährigen Sohn Anfang April mit ihrem neuen Partner zusammengezogen und wir haben schriftlich vereinbart, dass durch die wirtschaftlichen Vorteile des Zusammenziehens eine Reduzierung des Ehegattenunterhalts von monatlich 120€ vorzunehmen ist (entspricht in etwa 20% meiner Unterhaltszahlung an sie). Diese Vereinbarung haben wir unter Bezugnahme auf die Scheidungsfolgenvereinbarung ohne Anwälte schriftlich abgeschlossen und beide unterschrieben – trotz der Scheidung besteht zwischen uns noch eine gewisse Kompromissbereitschaft.
Mir sind die Anhaltspunkte einer verfestigten Beziehung gem. § 1579 Nr. 2 BGB bekannt. Aufgrund der Kürze der neuen Beziehung meiner (Noch-) Ehefrau von sechs Monaten scheidet dieser Ansatz momentan aber aus. Auch das es sich bei der Anwendung des o.g. Paragraphen um richterliche Einzelfallentscheidungen handelt ist mir bewusst.
Da die neue Beziehung meiner (Noch-) Ehefrau sich aber sehr schnell verfestigt (Zusammenziehen nach sechs Monaten Beziehung; intensives gemeinsames Auftreten in der Öffentlichkeit; gemeinsamer Urlaub mit unserem Sohn) würde ich den Zeitpunkt zum Eintreten einer „Verfestigten Beziehung“ am unteren Ende sehen.

Fragestellung:
Auf Basis des o.g. Sachverhaltes einer schnellen Verfestigung daher meine Frage, wann der bestmögliche Zeitpunkt ist, hinsichtlich meiner Ansprüche auf weitere Anpassung/Aufhebung des Ehegattenunterhaltes gem. § 1579 Nr. 2 BGB juristisch aktiv zu werden, um den Ehegattenunterhalt nicht zu lange zu zahlen und ob die bereits jetzt abgeschlossene Unterhaltsanpassung aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile des Zusammenlebens irgendwelche positiven/negativen Auswirkungen* bei diesem Verfahren hat?
Im Zusammenhang mit Ihrer Antwort wäre auch interessant, ob bisher nicht vorhandene Gründe das Vorliegen einer verfestigten Beziehung zusätzlich beschleunigen könnten (Verlobung, Schwangerschaft etc).

*Als „Laie“ wäre m.E. positiv, dass ich den Beginn der gemeinsamen Lebensführung mit einem neuen Partner über die Anpassung des Unterhalts schriftlich fixiert habe. Negativ könnte vielleicht sein, dass die erste Anpassung des Ehegattenunterhalts irgendwelche Einflüsse auf die spätere Kürzung/Aufhebung beim Vorliegen einer verfestigten Beziehung hat?
29. April 2010 | 12:38

Antwort

von


(834)
Langener Landstraße 266
27578 Bremerhaven
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E-Mail: info@drnewerla.de
Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank zunächst für Ihre Anfrage!
Nachfolgend möchte ich zu Ihrer Anfrage unter Berücksichtigung ihrer Sachverhaltsschilderung sehr gerne wie folgt Stellung nehmen:

Zu 1.) Auf Basis des o.g. Sachverhaltes einer schnellen Verfestigung daher meine Frage, wann der bestmögliche Zeitpunkt ist, hinsichtlich meiner Ansprüche auf weitere Anpassung/Aufhebung des Ehegattenunterhaltes gem. § 1579 Nr. 2 BGB juristisch aktiv zu werden, um den Ehegattenunterhalt nicht zu lange zu zahlen


Zur Beantwortung dieser Frage ist wichtig zu wissen, dass eine verfestigte Lebensgemeinschaft nach spätestens 2-3 Jahren anzunehmen ist (BGH NJW 1997, S. 1851 f. ).

Es ist also durchaus auch eine kürzere Zeitspanne ( beispielsweise ein Jahr möglich) zumindest nach Ansicht des Bundesgerichtshofes.

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass die Instanzgerichte ( also insbesondere das zuständige Amtsgericht , wo die Angelegenheit anfangen würde), dieser Einzelfallwertung nicht sehr genau vornehmen und oft pauschal von einem Zeitraum von zwei Jahren ausgehen.

Nach Ihrer Sachverhaltsschilderung ist schon eine sehr starke Verfestigung gegeben, so dass zumindest anhand der objektiven vom Bundesgerichtshof aufgestellten Kriterien eine Zeitspanne von unter zwei Jahren meines Erachtens gerechtfertigt wäre.

In diesem Zusammenhang sollten Sie bitte Ihren Rechtsanwalt noch einmal darauf ansprechen, da dieser einschätzen können muss, wie die für Sie zuständigen regionalen Gerichte in diesen Bereichen entscheiden.

Juristisch aktiv werden sollten Sie also ab dem Zeitpunkt, ab dem unter Berücksichtigung der für Sie maßgeblichen regionalen Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen von einer Verfestigung ausgegangen werden kann.


Zu 2.)........................und ob die bereits jetzt abgeschlossene Unterhaltsanpassung aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile des Zusammenlebens irgendwelche positiven/negativen Auswirkungen* bei diesem Verfahren hat?


Nein, die Anpassung des Ehegattenunterhalts hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf eine eventuelle spätere Kürzung/ Aufhebung.

Diese Kürzung/ Aufhebung ist nämlich von objektiven Kriterien, also der Verfestigung der neuen Lebenspartnerschaft abhängig und nicht von den Modalitäten der bis dahin (also bis zu dem Zeitpunkt, ab dem man von einer solchen befestigten Lebenspartnerschaft ausgehen kann) geleisteten Unterhaltszahlungen.


Zu 3.)Im Zusammenhang mit Ihrer Antwort wäre auch interessant, ob bisher nicht vorhandene Gründe das Vorliegen einer verfestigten Beziehung zusätzlich beschleunigen könnten (Verlobung, Schwangerschaft etc).

Ja, diese von Ihnen genannten Gründen würden tatsächlich zu einer Beschleunigung der Verfestigung der Beziehung beitragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 1997, S. 1851 f. ) ist die erforderliche Zeitspanne umso kürzer, je fester die Verbindung nach außen in Erscheinung tritt.

Hierbei kommt es also darauf an, wie das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit ist. Indizien sind hierfür insbesondere gemeinsame Freizeitgestaltung und Urlaube, gemeinsames Verbringen von Wochenenden, auftreten als Paar, und insbesondere natürlich auch eine Verlobung oder Schwangerschaft.


Zu 4.)Als „Laie“ wäre m.E. positiv, dass ich den Beginn der gemeinsamen Lebensführung mit einem neuen Partner über die Anpassung des Unterhalts schriftlich fixiert habe. Negativ könnte vielleicht sein, dass die erste Anpassung des Ehegattenunterhalts irgendwelche Einflüsse auf die spätere Kürzung/Aufhebung beim Vorliegen einer verfestigten Beziehung hat?


Nein, solche Einflüsse sind grundsätzlich nicht gegeben, wie ich Ihnen unter 2. bereits dargestellt habe.

Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:

Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann. So kann nämlich durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.

Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben. Sie können mich natürlich gerne über meine E-Mail-Adresse oder die Nachfrageoption mit mir Verbindung aufnehmen.

Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Donnerstagnachmittag!

Mit freundlichem Gruß von der Nordseeküste

Dipl.-Jur. Danjel-Philippe Newerla, Rechtsanwalt

Heilsbergerstr. 16
27580 Bremerhaven
kanzlei.newerla@web.de
Tel. 0471/3088132
Fax.0471/57774


Rechtsanwalt Dr. Danjel-Philippe Newerla
Fachanwalt für Informationstechnologierecht, Fachanwalt für Gewerblicher Rechtsschutz, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

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