Ansparrücklage - Klage Finanzgericht

30. September 2008 13:30 |
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Steuerrecht


Beantwortet von

Guten Tag,

bis zum Oktober 2006 war ich angestellt. Ab Dezember 2006 habe ich mich selbstständig gemacht und ein Gewerbe angemeldet. Ich habe als Existenzgründer eine Ansparrücklage für die fünf folgenden Jahre gebildet. Mit der Einkommenssteuererklärung 2006 wurde dies mit einer nach bestem Wissen gestalteten Investitionsliste vom Steuerberater eingereicht. (z.B. Multifunktionsdrucker Jahr 2008 Wert 40%, Frankiermaschine Jahr 2009 Wert 40% usw.)

Die Ansparrücklage wurde vom FA nicht anerkannt, da die Güter nicht zumindest verbindlich bestellt waren. (BFH 28.06.06 III R 40/05 ).

Hiergegen wurde Widerspruch erhoben, da es sich bei den Investitionen nur um Güter zur Erneuerung und Erweiterung des Unternehmens handelt und nicht um die wesentlichen Betriebsgrundlagen. Hierzu wurde im Dezember 2006 bereit ein Notebook gekauft, ein möbliertes und mit Telekommunikationstechnik ausgestattetes Büro angemietet, ein Onlineshopsystem gemietet usw..

Die Widerspruchsentscheidung war dann wie folgt – es wurden plötzlich alle bis zum Tag der Widerspruchsentscheidung bereits angeschafften Güter doch als Ansparrücklage anerkannt. Somit hatte man „einige Scheiben von der Salami abgeschnitten“ (meine Wortwahl). Den Rest der Ansparrücklage hat man wiederum mit der Begründung „ins Blaue geplant“ (FA Wortlaut) abgelehnt.

Hierauf wurde ein Einspruch erhoben.

Nun folgten seitens des FA einige abenteuerliche Begründungen und Versuch die Anerkennung zu verhindern. Alle konnten entkräftet werden. Zusätzlich gab es eine Betriebsbegehung mit der mündlichen Äußerung „… die Rechtsbehelfsstelle bekommt von mir „grünes Licht“ … ich weiß gar nicht was meine Kollegen hier für ein Problem sehen …“

In der Einspruchsentscheidung wurde trotzdem wieder mit dem Argument „alles ins Blaue geplant“ die Ansparrücklage abgelehnt.

Jedoch!!! wurden wieder ein paar Scheiben der Salami abgeschnitten. Nämlich alle Güter die bis zu diesem Tag tatsächlich angeschafft wurden.

Spätestens hier hätte man doch erkennen müssen, dass die Dinge wirklich angeschafft werden. Aber den Rest macht man weiterhin streitig.

Nun habe ich allein, ohne Rechtsbeistand, Klage beim FG eingereicht. Man hat das zuständige FA angeschrieben und der Kollege hat geantwortet: „… das er keine neuen Tatsachen und Argumente gegenüber des Einspruchverfahrens erkennen kann und deshalb bei seine „ins Blaue geplant“ Theorie bleibt.

Nun steht mir frei eine Gegenäußerung einzureichen.

Hierfür benötige ich einen Formulierungsvorschlag für die Gegenäußerung inkl. für mich positiver neuster/ aktuellster Urteile zu ähnlichen Fällen.
Sollten Sie eher der Meinung, auch auf Grund von Urteilen, sein, die Klage Fallen zu lassen, wäre ich auch über diese Antwort dankbar.

Jedoch ist das primäre Ziel, die Ansparrücklage anerkannt zu bekommen. Ich bin Existenzgründer, ich habe eine Firma, ich muss meine Familie ernähren, ich möchte weitere Arbeitsplätze schaffen usw. Ich bin nicht „kriminell“, wie ich mir bei den Äußerungen des FA vorkomme. Die Ansparrücklage war auch ein Teil meiner Liquiditäts- / Finanzierungsplanung. Auch das BMWi und die Mittelstandsinitiative des Bundes sehen die Ansparrücklage für Existenzgründer dafür sinnvoll und das eigentlich noch unbürokratisch.

Vielen Dank

30. September 2008 | 15:32

Antwort

von


(139)
Nördliche Auffahrtsallee 65
80638 München
Tel: 089 / 550 559 45
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Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Angaben und der Höhe Ihres Einsatzes wie folgt beantworte.

Entscheidend für den Erfolg einer Klage ist, dass die betreffenenden begünstigten Wirtschaftsgüter nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gerechnet werden, denn hierfür gelten „verschärfte“ Voraussetzungen für die Anerkennung einer Ansparrücklage. In diesem Fall muss das Wirtschaftsgut bis zum Ende des Jahres der Rücklagenbildung verbindlich bestellt worden sein. (Dies gilt nicht nur vor Betriebseröffnung, sondern auch bei einer wesentlichen Betriebserweiterung eines bestehenden Betriebs – Planung eines neuen Geschäftszweiges...).
Wesentliche Betriebsgrundlagen sind Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszweckes erforderlich sind und besonderes Gewicht für die Betriebsführung besitzen. Dies nimmt man vor allem bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens wie Gebäude oder Maschinen an, die für den Betrieb unerlässlich sind. Hierzu gehören auch immaterielle Wirtschaftsgüter wie Patente oder Nutzungsrechte.

In Ihrer Stellungnahme sollten Sie daher vordergründlich darauf abstellen, dass die betreffenden Wirtschaftsgüter nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören und daher die Argumentation nach BFH – Urteil vom 28.06.06 III R 40/05 fehl geht. Insbesondere gilt dies, da in diesem Fall über die Ansparabschreibung für eine Photovoltaikanlage entschieden worden ist, die nach Betriebszweck auch einzige wesentliche Betriebsgrundlage darstellte.

Darüber hinaus ist auch auf die Betriebseröffnung abzustellen. In oben genannten Urteil wurde die Ansparabschreibung vor Betriebseröffnung angesetzt. Die Entscheidung begründet aber die Versagung der Ansparabschreibung gerade deswegen, da eine Betriebseröffnung noch nicht stattgefunden hat. Denn die Eröffnung sei ein Vorgang, der erst abgeschlossen ist, wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebes vorhanden sind. Beim Betrieb einer Photovoltaikanlage kommt es aber gerade auf die Inbetriebnahme dieser Anlage an. Dagegen wird bei einem reinen Dienstleistungsunternehmen schon eine Betriebseröffnung dann anzunehmen sein, wenn die Geschäftstätigkeit aufgenommen wird, denn eine Frankiermaschine ist eben nicht mit einer Photovoltaikanlage zu vergleichen.

Vorliegend ist es wichtig, dass Ihre Betriebseröffnung schon im Dezember 2006 stattgefunden hat und zwar mit der Aufnahme der geschäftlichen Tätigkeit.

Zusammenfassend sind also zwei Argumentationslinien zu verfolgen:

1. die betreffenden Wirtschaftsgüter, für die die Ansparabschreibungen vorgenommen worden sind, gehören nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen und
2. die Betriebseröffnung fand im Jahre 2006 statt,

sodass die verschärften Anforderungen für die Ansparrücklagen für den Zeitraum vor Betriebseröffnung nicht greifen.

Ich darf Ihnen aber empfehlen, einen Rechtsanwalt mit der Beauftragung der Klage und der Stellungnahme zu beauftragen, da dadurch erfahrungsgemäß eine höhere Erfolgsaussicht besteht. Außerdem kann bei einer Formulierung mehr auf Ihren Einzelfall eingegangen werden. Gerne stehe ich Ihnen hierfür auch zur Verfügung. Der hier ausgelobte Einsatz würde auf eine weitere Beratungsleistung hälftig angerechnet werden.

Ich hoffe, dass ich Ihnen in Ihrer Angelegenheit weiterhelfen konnte. Bei Unklarheiten verweise ich auf die kostenlose Nachfrageoption.


Mit freundlichen Grüßen

Manfred A. Binder
Rechtsanwalt


info@ra-manfredbinder.de

Ich darf schließlich noch auf Folgendes hinweisen:
Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, so dass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.



Rückfrage vom Fragesteller 4. Oktober 2008 | 11:05

Guten Tag,

Handelt es sich bei einem Onlinehandel (physische Entertainmentprodukte, PlayStation, Xbox u.ä.), wie von Ihnen erwähnt, um ein Dienstleistungsunternehmen?

Ist ein Betrieb eröffnet bzw. die Geschäftstätigkeit aufgenommen, erst wenn Endkundenumsatz getätigt ist? Oder auch schon in der Investitions- und Aufbauphase? (Shopsystem aufbauen, Artikelcontent über Dienstleister einspielen, AGBs erstellen lassen, Logistik aufbauen, weitere Partner finden etc.)
Denn auch große Konzerne machen doch manchmal Jahre lang nichts Anderes, bevor Umsatz fließt.

Sehen Sie die Aktivitäten im Dez. 2006, wie die Gewerbeanmeldung, den Kauf eines Notebooks, die Anmietung eines Shopsystems, Kauf von Bürokleinmaterials, die Anmietung eines möblierten und mit Telekommunikation ausgestatteten Büros und nachweislich geführten Partnergesprächen als Betriebseröffnung und geschäftliche Tätigkeit an?

Die erste Argumentation des FA nach BFH 28.06.06 III R 40/05 generell abzulehnen, hat sich ja auf die allg. Aussage „ins Blaue geplant“ geändert. Obwohl wie gesagt, zweimal ein tatsächlich bereits angeschaffter Teil zum Widerspruchs- und Einspruchsverfahren anerkannt wurde. Diese Teile wurden zuvor ebenfalls als „ins Blaue geplant“ betitelt, dann doch anerkannt, da tatsächlich angeschafft, aber der verbleibende Rest wurde wieder nicht anerkannt und erneut als „ins Blaue geplant“ benannt.

Bitte fügen Sie mir auch, wie in der ersten Fragestellung gewünscht, Urteile etc. an, die meine Position stärken.

Mit einem möglichen Mandat komme ich persönlich auf sie zu.

Vielen Dank

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 6. Oktober 2008 | 21:16

Sehr geehrter Fragesteller,

das Schreiben des BMF betreffend von Zweifelsfragen zu Ansparabschreibung nach 7g Abs. 3 ff EStG vom 25. Februar 2004, geändert durch BMF v. 30.10.2007 – BMF IV A 6 – S 2183 b – 1/04 beschäftigt sich mit Ansparabschreibungen vor Betriebseröffnung. Hierin wird auch auf die Zeit des Beginns und des Abschlusses der Betriebseröffnung eingegangen. Danach beginnt eine Betriebseröffnung zu dem Zeitpunkt, in dem der Steuerpflichtige mit Tätigkeiten beginnt, die objektiv erkennbar auf die Vorbereitung der betrieblichen Tätigkeit gerichtet sind (vgl. BFH-Urteil vom 09.02.1983) und ist erst abgeschlossen, wenn alle wesentlichen Grundlagen vorhanden sind (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 1991). Soweit keine wesentlichen Betriebsgrundlagen erforderlich sind, können Rücklagen am Ende des Wirtschaftsjahres der Betriebseröffnung, d.h. dem nach außen erkennbaren Beginn der betrieblichen Aktivität, gebildet werden.
Ein Onlinehandel ist ein Handelsunternehmen, dass nur wenige wesentlichen Betriebsgrundlagen erfordert. M.E. sind solche wesentlichen Betriebsgrundlagen in diesem Fall die Anmietung von Räumlichkeiten des Unternehmens, der Aufbau eines Online-Shop-Systems und die dazu notwendige Infrastruktur (z.B. Notebook, Kommunikationsgeräte, Logistik, Einkauf...), also wenn man vom Vorhandensein eines Betriebes sprechen kann (vgl. BFH-Urteil vom 10.Juli 1991). In dem Urteil des BFH vom 20. April 1995 wird ergänzend angefügt, dass mit dem Vorhandensein der wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht schon sämtliche Vorbereitungshandlungen abgeschlossen sein müssen und sich die werbende Tätigkeit nicht unmittelbar anschließen muss.
Das bedeutet, dass keine Endkundenumsätze getätigt werden müssen, um eine Betriebseröffnung anzunehmen.
Es gibt daher gute Gründe anzunehmen, dass Sie mit Ihren Aktivitäten im Dezember 2006 schon alle wesentlichen Betriebsgrundlagen geschaffen haben. Jedoch wären hier weitere Informationen notwendig, vor allem inwieweit das Shop-System schon ausgebaut war.

Die häppchenweise Annerkennung der Ansparabschreibung für die Wirtschaftsgüter liegt darin begründet, dass diese anschließend angeschafft worden sind.

Die oben genannten Urteile, aber auch das von dem FA angeführte Urteil sollten Ihre Position insoweit stärken, als sie die Betriebseröffnung konkretisieren. Zusätzlich kann es aber auch hilfreich sein, sich auf die Rundverfügung der OFD Kiel vom 9. Februar 1998 – S 2138 A – St 113 zu stützen. Darin heißt es: „Da das Vorhandensein der wesentlichen Betriebsgrundlagen also nicht gleichzeitig den Beginn der aktiven Beteiligung am Wirtschaftsleben erfordert, kann das Vorhandensein der wesentlichen Betriebsgrundlagen gleichgesetzt werden mit dem Fall, daß die entsprechende(n) Investitionsentscheidung(en) wirtschaftlich bindend getroffen ist sind.“

Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred A. Binder
Rechtsanwalt

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