Übergangener Unterhaltsanspruch ans Jobcenter § 33 SGB II

| 4. Juli 2025 11:23 |
Preis: 90,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Sehr geehrte Damen und Herren,

Das Jobcenter fordert von mir einen Unterhaltsrückstand (Trennungsunterhalt) vom 01.03.2024 bis 06.10.2024 aufgrund übergangenen Unterhaltsanspruch nach § 33 SGB II. Das Jobcenter hat das echte Wechselmodel anerkannt.

Der Vollständigkeit halber teile ich Ihnen mit, dass bei mir eine Schwerbehinderung mit einem GdB von 60 vorliegt. Das Versorgungsamt hat mir aufgrund der schwere um Komplexität meiner Erkrankungen einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis ausgestellt.

Ich habe rechtliche Fragen zur Berechnung der Unterhaltspflicht:

1.) Wie verhält es sich mit trennungsbedingten Schulden, müssen diese bei der Berechnung des Trennungsunterhaltes berücksichtigt werden? Es geht um die monatlichen Ratenzahlungen für ein Bett, eine Couch und eine Waschmaschine sowie um den Kauf einer Küche.

2.) Ich habe chronisch komplexe Erkrankungen, welche die dauerhafte Einnahme von Medikamenten erfordert. Auch finden regelmäßige notwendige physiotherapeutische Behandlungen statt. Außerdem hat mir meine Orthopädin, in dem Zeitraum, für welchen Unterhalt gefordert wird, osteopathische Behandlungen verschrieben. Die Kosten der Behandlungen werden von meiner Krankenkasse nicht voll übernommen.
Können die Zuzahlungen für Medikamente und der Eigenanteil der Physiotherapie sowie der osteopathischen Behandlungen berücksichtigt werden? Ohne die regelmäßige Einnahme von den Medikamenten bin ich nicht Erwerbsfähig.

3.) Darüber hinaus vertritt das Jobcenter die Auffassung, dass meiner Frau eine Halbtagstätigkeit von 20 Std./Woche im Rahmen ihrer Erwerbobliegenheit mit Berücksichtigung der Betreuungszeiten und dem Alter der Kinder (Tochter 5 Jahre alt und Sohn 9 Jahre alt) zumutbar und angemessen sei.
Meine Tochter (5) besucht eine KiTa mit den Betreuungszeiten 07:45 Uhr bis 16:00 Uhr und mein Sohn (9) eine offene Ganztagsschule ebenfalls von 07:45 Uhr bis 16:00 Uhr. Das sind die tatsächlichen Zeiten, in denen die Betreuung durch dritte übernommen wird. Ich denke, dass meiner Frau im Rahmen ihrer Erwerbobliegenheit eine Teilzeittätigkeit von 25-30 Std./ Woche zuzumuten sei. Dazu sei erwähnt, dass die KiTa meiner Tochter und die Schule meines Sohnes 1 Min. Fußweg (51 Meter) voneinander entfernt liegen. Liege ich mit meinen Gedanken richtig?

4.) Ferner habe ich für meinen Sohn ein Abo für eine Schülerfahrkarte (DeutschlandTicket Schule) abgeschlossen, dessen Kosten ich voll übernehme. Muss das Jobcenter diese Kosten berücksichtigen?

Für die Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
M.R.

4. Juli 2025 | 12:04

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1. Berücksichtigung trennungsbedingter Schulden bei der Unterhaltsberechnung

a) Grundsatz
Bei der Berechnung des Trennungsunterhalts ist grundsätzlich das bereinigte Nettoeinkommen maßgeblich. Vom Nettoeinkommen sind bestimmte Verbindlichkeiten abzugsfähig, sofern sie notwendig und angemessen sind.

b) Trennungsbedingte Schulden
Trennungsbedingte Schulden sind solche, die im Zusammenhang mit der Trennung entstanden sind, etwa für die Anschaffung von Hausrat, Möbeln oder einer Küche, wenn diese für die Führung eines eigenen Haushalts nach der Trennung erforderlich waren. Die Rechtsprechung erkennt an, dass solche Verbindlichkeiten grundsätzlich abzugsfähig sind, sofern sie nicht unangemessen hoch sind und tatsächlich getilgt werden.

Konkret:
Die monatlichen Raten für ein Bett, eine Couch, eine Waschmaschine und eine Küche, die nach der Trennung zur Grundausstattung des eigenen Haushalts angeschafft wurden, sind als trennungsbedingte Verbindlichkeiten grundsätzlich vom Einkommen abzuziehen.
Voraussetzung ist, dass die Anschaffungen notwendig und die Kosten angemessen sind. Luxusgegenstände oder überhöhte Ausgaben werden nicht anerkannt.
Die Abzugsfähigkeit ist auf die tatsächlich geleisteten monatlichen Raten beschränkt.

Fazit:
Die von Ihnen genannten Ratenzahlungen sind bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen, sofern sie die genannten Voraussetzungen erfüllen.

2. Berücksichtigung krankheitsbedingter Kosten (Medikamente, Physiotherapie, Osteopathie)

a) Grundsatz
Krankheitsbedingte Aufwendungen können als außergewöhnliche Belastungen vom Einkommen abgezogen werden, wenn sie notwendig, angemessen und nicht von Dritten (z.B. Krankenkasse) übernommen werden.

b) Zuzahlungen und Eigenanteile

Zuzahlungen für Medikamente: Soweit diese medizinisch notwendig und nicht von der Krankenkasse übernommen werden, sind sie als abzugsfähige Belastung zu berücksichtigen.
Eigenanteil Physiotherapie/Osteopathie: Auch diese Kosten sind abzugsfähig, sofern sie ärztlich verordnet und medizinisch notwendig sind. Die Notwendigkeit ist durch ärztliche Bescheinigungen/Verordnungen zu belegen.

Nachweis: Die tatsächlichen Kosten und die medizinische Notwendigkeit müssen durch Belege (Rechnungen, ärztliche Verordnungen) nachgewiesen werden.

Fazit:
Die von Ihnen getragenen Zuzahlungen und Eigenanteile für Medikamente, Physiotherapie und osteopathische Behandlungen sind als außergewöhnliche Belastungen vom Einkommen abzuziehen, sofern sie medizinisch notwendig und nicht erstattungsfähig sind.

3. Erwerbsobliegenheit der Ehefrau bei Betreuung von Kindern (5 und 9 Jahre, echtes Wechselmodell)

a) Grundsatz
Die Erwerbsobliegenheit richtet sich nach dem Alter der Kinder, den Betreuungsmöglichkeiten und den tatsächlichen Betreuungszeiten. Nach der Rechtsprechung ist bei Kindern ab dem Grundschulalter (ab ca. 6/7 Jahren) eine Teilzeittätigkeit (20-30 Std./Woche) zumutbar, sofern eine Betreuung sichergestellt ist.

b) Ihre Situation
Ihre Tochter (5) und Ihr Sohn (9) werden werktags von 07:45 Uhr bis 16:00 Uhr betreut.
Die Einrichtungen sind fußläufig erreichbar (1 Minute).
Im echten Wechselmodell sind beide Elternteile gleichermaßen in die Betreuung eingebunden.

c) Bewertung
Bei einer durchgehenden Fremdbetreuung von ca. 8 Stunden täglich ist eine Erwerbstätigkeit von 25-30 Stunden pro Woche grundsätzlich zumutbar.
Die Annahme des Jobcenters, eine Halbtagstätigkeit von 20 Stunden/Woche sei ausreichend, ist eher zurückhaltend.
Nach der aktuellen Rechtsprechung ist bei gesicherter Betreuung und kurzen Wegen eine Ausweitung auf 25-30 Stunden/Woche durchaus angemessen.

Fazit:
Ihre Einschätzung, dass Ihrer Frau eine Teilzeittätigkeit von 25-30 Stunden/Woche zumutbar ist, ist rechtlich vertretbar und entspricht der aktuellen Rechtsprechung.

4. Berücksichtigung der Kosten für das DeutschlandTicket Schule (Schülerfahrkarte)

a) Grundsatz
Kosten für den Schulweg (Schülerfahrkarte) sind grundsätzlich Teil des notwendigen Bedarfs des Kindes und werden im Rahmen des Kindesunterhalts berücksichtigt. Im Rahmen des SGB II sind diese Kosten regelmäßig als Mehrbedarf oder im Rahmen der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen.

b) Unterhaltsrecht
Im unterhaltsrechtlichen Kontext können diese Kosten als Mehrbedarf (§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB) geltend gemacht werden, wenn sie über den Regelbedarf hinausgehen und notwendig sind.
Im Rahmen des SGB II werden die Kosten für Schülerbeförderung grundsätzlich übernommen, sofern sie notwendig und angemessen sind.

Fazit:
Die Kosten für das DeutschlandTicket Schule sind als notwendiger Mehrbedarf des Kindes zu berücksichtigen und mindern ggf. den unterhaltsrechtlichen Bedarf, den das Jobcenter geltend macht. Das Jobcenter muss diese Kosten bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigen.

Zusammenfassung

Trennungsbedingte Schulden (Bett, Couch, Waschmaschine, Küche) sind als abzugsfähige Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, sofern sie notwendig und angemessen sind.
Krankheitsbedingte Kosten (Zuzahlungen, Eigenanteile) sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, wenn sie medizinisch notwendig und nicht erstattungsfähig sind.
Erwerbsobliegenheit der Ehefrau: Bei gesicherter Betreuung ist eine Teilzeittätigkeit von 25-30 Stunden/Woche zumutbar.
Schülerfahrkarte: Die Kosten für das DeutschlandTicket Schule sind als Mehrbedarf zu berücksichtigen und mindern den unterhaltsrechtlichen Bedarf.

Hinweis:
Für die Anerkennung der genannten Abzüge ist es erforderlich, die entsprechenden Nachweise (Rechnungen, Verträge, ärztliche Verordnungen) vorzulegen. Im Streitfall ist eine detaillierte Darlegung gegenüber dem Jobcenter bzw. im gerichtlichen Verfahren erforderlich.


Wichtiger Hinweis:
Im Einzelfall kann die Bewertung je nach den konkreten Umständen abweichen. Die vorstehenden Ausführungen sind auf Basis Ihrer Angaben erstellt und sollten im Rahmen der weiteren Korrespondenz mit dem Jobcenter entsprechend belegt und ggf. angepasst werden.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


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