Sehr geehrter Fragesteller,
Sie schildern, dass Sie eine Bestandsimmobilie mit einem ca. 4 Meter tiefen Brunnen erworben haben, der für Brauchwasser (WC-Spülung, Waschmaschine) genutzt wird. Die Abwasserfirma hat nun Unstimmigkeiten beim Wasser-/Abwasserverbrauch festgestellt und bittet um eine schriftliche Erklärung, da der Verbrauch deutlich unter dem Durchschnitt liegt. Es existieren keine Unterlagen zur Anmeldung des Brunnens, weder vom Voreigentümer noch von Ihnen.
Nachfolgend erläutere ich die rechtliche Situation und empfehle ein strukturiertes Vorgehen.
1. Rechtliche Ausgangslage
a) Anschluss- und Benutzungszwang
Grundsätzlich besteht in Deutschland für Grundstückseigentümer ein Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Dies ist in den jeweiligen kommunalen Satzungen geregelt. Die Gerichte haben diesen Zwang regelmäßig als rechtmäßig anerkannt, um den Gesamtbetrieb der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sicherzustellen. Auch wenn dies im Einzelfall als ungerecht empfunden werden kann, wird diese Praxis von den Gerichten toleriert und bestätigt.
b) Eigenversorgung durch Brunnen
Die Nutzung eines eigenen Brunnens für Brauchwasser ist grundsätzlich möglich, bedarf jedoch in der Regel einer Anzeige oder Genehmigung bei der zuständigen Wasserbehörde oder Gemeinde. Die Eigenversorgung aus einem Trinkbrunnen muss von der Wasserbehörde und der Gemeinde genehmigt sein. Fehlt eine solche Anzeige oder Genehmigung, kann dies als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
c) Meldepflichten und Ordnungswidrigkeiten
Im Berliner Wassergesetz (BWG) beispielsweise sind Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern bis zu 50.000 Euro bedroht (§ 104 II BWG), wobei diese Höchstgrenze in der Praxis nie ausgeschöpft wird. Übliche Verstöße werden mit Bußgeldern bis maximal 1.500 Euro geahndet. Eine Selbstanzeige, die von Verpflichtungen nachträglich freistellt, gibt es im Wasserrecht nicht.
2. Empfohlenes Vorgehen
a) Sachverhalt offenlegen
Sie sollten der Abwasserfirma gegenüber offenlegen, dass Sie einen Brunnen für Brauchwasser nutzen und dies bislang nicht angezeigt wurde. Eine schriftliche Erklärung, wie von der Abwasserfirma gefordert, ist abzugeben. Dabei sollten Sie sachlich und wahrheitsgemäß angeben, für welche Zwecke das Brunnenwasser genutzt wird (z.B. WC-Spülung, Waschmaschine).
b) Nachmeldung des Brunnens
Melden Sie den Brunnen unverzüglich bei der zuständigen Wasserbehörde oder Gemeinde nach. Geben Sie an, dass Sie den Brunnen mit dem Haus übernommen haben und bisher keine Anmeldung erfolgt ist. Die Behörden werden dann das weitere Verfahren einleiten. Beachten Sie, dass eine nachträgliche Anzeige nicht von allen Verpflichtungen befreit, aber in der Regel als kooperatives Verhalten gewertet wird.
c) Abwassergebühren und Verbrauchsanpassung
Da Sie einen Teil des Wasserverbrauchs nicht aus dem öffentlichen Netz beziehen, sondern aus dem Brunnen, ist der geringere Wasserverbrauch erklärbar. Die Abwassergebühren werden in der Regel nach dem Frischwasserbezug berechnet. Wenn Sie nachweisen können, dass ein Teil des Wassers aus dem Brunnen stammt und in die öffentliche Kanalisation eingeleitet wird, kann die Abwasserfirma verlangen, dass Sie den Brunnenwasserverbrauch durch einen separaten Zähler erfassen und melden.
d) Mögliche Folgen
Bußgeldverfahren: Es kann ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet werden. Die Bußgelder sind in der Praxis jedoch moderat, insbesondere wenn Sie kooperativ auftreten und den Sachverhalt offenlegen.
Nachzahlung von Gebühren: Es kann zu Nachforderungen kommen, wenn festgestellt wird, dass für das aus dem Brunnen bezogene und eingeleitete Abwasser keine Gebühren gezahlt wurden.
Technische Nachrüstung: Die Behörde kann verlangen, dass Sie einen geeichten Zähler für das Brunnenwasser installieren, um den tatsächlichen Verbrauch zu erfassen.
3. Zusammenfassung und Empfehlung
Erklären Sie der Abwasserfirma schriftlich und wahrheitsgemäß die Nutzung des Brunnens.
Melden Sie den Brunnen umgehend bei der zuständigen Behörde nach.
Installieren Sie ggf. einen Zähler für das Brunnenwasser, sofern dies verlangt wird.
Rechnen Sie mit einem moderaten Bußgeld, das in der Regel nicht existenzbedrohend ist.
Stellen Sie sicher, dass künftig alle Wasserverbräuche korrekt gemeldet werden.
Durch ein kooperatives und transparentes Vorgehen können Sie die Angelegenheit in der Regel schadensarm bereinigen.
Sollten Sie weitere Unterlagen oder Schreiben der Behörde erhalten, empfiehlt sich eine genaue Prüfung des Inhalts und ggf. eine weitere rechtliche Bewertung.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist
Breite Straße 22
40213 Düsseldorf
Tel: +49 211 88284 502
Web: https://www.kanzlei-tank.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist