Gehaltsentwicklung

8. April 2025 11:57 |
Preis: 75,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Guten Tag,
ich bin als Einkäufer für Gebrauchtwagen in einer größeren Autohausgruppe tätig.
Ich bin 2018 eingetreten bei einem Bruttogehalt von monatlich 2.900 Euro fest.
Ab 2019 wurde mein Fixum auf 2.500 Euro brutto reduziert, dafür habe ich eine leistungsbezogene Provisionierung erhalten. Mit dieser habe ich in den Jahren 2019 bis 2022 zwischen 80 und 89.000 Euro Jahresbruttogehalt erwirtschaftet. 2022 gab es einen Wechsel in der Verkaufsleitung und das gesamte Provisionierungs- und Gehaltskonzept wurde abgeändert.
Ich wurde umgestellt auf einem Festgehalt von Brutto 5.000 Euro plus max. 10.000 Euro jährliche Tandieme. Hintergrund hierfür war u.a. dass die Wirtschaftslage angespannt war. Ich solle in Anbetracht der schwerer werdenden Zeiten das Angebot annehmen, um abgesichert zu sein.
Schon davor habe ich einen weiteren Einkäufer angelernt und 2022 kam noch ein weiterer Azubi hinzu, der inzwischen fest eingestellt ist, in welchem auch reichlich Zeit eingeflossen ist. Seit Einführung der Tandieme habe ich in den Jahren 2023 nur noch 76.000 Euro verdient (inkl. einmalige Inflationsprämie, Weihnachts- und Urlaubsgeld). 2024 waren es nun 74.000 Euro. Jedes Jahr wurden die Ziele neu erhöht, die Zuständigkeiten sind mehr geworden und auf jedem Erfolg kam eine neue noch höhere Zielvereinbarung. Wir waren 2024 wie folgt aufgestellt:
Ich war immer da, unser Azubi hatte das erste halbe Jahr noch 2x die Woche Berufsschule. Im April hatte er einen ganzen Monat frei aufgrund von Prüfungsvorbereitung, im Anschluss entsprechend angesammelte Urlaubstage. Mein weiterer Kollege hatte einen EIngriff, weswegen er von Januar bis April 2024 nicht anwesend war. Auch er hatte dann entsprechend seinen Urlaub abzufeiern on Top. Weitestgehend alleine habe ich dennoch zahlen generiert, welche die des Vorjahres übertroffen haben und habe ungezählt Überstunden im Bereich zwischen 50-80 Stunden angesammelt ohne hierfür Ausgleich zu erhalten.
Hierfür war nun die Auswertung der Zielvereinbarung 2024 so, dass mir von den 10.000 Euro aufgrund nicht erreichter Ziele, trotz "wohlwollender Sichtweise seitens der Vorgesetzten" nur 7.700 Euro ausgezahlt wurden. Also habe ich die Folgen dafür getragen, dass Kollegen nicht anwesend waren, ungeachtet meines Mehraufwands. D.h. ich weiß nun schon, dass mein Bruttogehalt für das Jahr 2025 erneut noch niedriger ausfallen wird (da die Tandiemen für 2024 ja 2025 ausgezahlt wird).
Ich resumiere: Mein Arbeitsaufwand und meine zählbare Leistung hat sich stark gesteigert, die Zahlen an denen ich gemessen werde sind mehr und höher geworden. Der Lohn von Jahr zu Jahr weniger. Dieses Jahr wurde bei uns die 36 Stunden Woche eingeführt. Es wurden digitale Helfer angepriesen, die uns die Arbeit erleichtern sollen. Hiermit hat man für die Zielvereinbarung 2025 begründet ERNEUT höhere Ziele zu erwarten. Höhere Ziele als letztes Jahr bereits mit 40 Stunden Woche erwartet worden sind.
Zur Info: Es wurde nie mein ursprünglicher Vertrag abgeändert, sondern alles über meinen 2.900 Euro brutto aus dem ersten Jahr hinaus wurde durch gesonderte Zusatzvereinbarungen, die jährlich aufgefrischt werden abgegolten. Wir haben keinen Betriebsrat und ich partizipiere nicht an tariflichen Erhöhungen oder ähnliches.

Nun zu meiner Frage: Muss ich mir, rein rechtlich gesehen all dies gefallen lassen? Ich habe 2019 ein Haus gekauft auf Basis meines Gehalts, was ich verdient habe. Mein Gehalt ist ab 2023 immer weniger geworden. Meine Kaufkraft ist durch Inflation etc. immer weiter gesunken und wenn ich meinen Vorgesetzten anspreche antwortet er, ich würde schon sehr gutes Geld bekommen. Mehr würde er nicht zahlen.

Vielen Dank im Voraus

8. April 2025 | 13:22

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage , die ich Ihnen wie folgt beantworte:




Frage 1:
" Muss ich mir, rein rechtlich gesehen all dies gefallen lassen?"


Hauptproblem dürfte hier die Änderung des Provisionierungs- und Gehaltskonzept im Jahre 2022 sein, welches für Sie real eine Lohnkürzung beeinhaltete, was Sie spätestens am Ende des Kalenderjahres auch erkennen konnten, eigentlich aber schon bei Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung.

Denn wenn Sie vor der Umstellung im Bereich 80-89.000 € brutto verdienten, haben Sie sich ja durch die Zusatzvertragsänderung ohnehin auf 70000 € herabsetzen lassen ( "5.000 Euro plus max. 10.000 Euro jährliche Tandieme").

Inwieweit dies so konkret rechtmäßig war, dürfte sich nach nunmehr mehr als zwei Jahren kaum arbeitgerichtlich aufarbeiten lassen, zumal Sie die Vertragsänderung als solche ja damals wohl auch vorbehaltslos akzeptiert haben.

Vordergündig sah das Ganze womöglich auch gut aus, da sich Ihr Bruttogehalt ausgehend von 2019 ja verdoppelt hat, aber da Sie ohnehin den größten Anteil Ihres Einkommens durch Leistungsvergütung generiert haben, musste eine Beschneidung der variabelen Vergütung auf maximal 10000 € de facto eine Gehaltskürzung für Sie sein. Wenn Sie dies damals nicht unter Vorbehalt angegriffen haben, dürfte es nunmehr - vorbehaltlich einer konkreten Vertragsprüfung - dafür zu spät sein ( Verwirkung, unzulässige Rechtsausübung, etc).

Soweit aktuell auch noch die Ziele selbst unrealistisch sind, sodass die maximale Tantieme ohnehin faktisch unereichbar wäre, ist das dagegen ein aktuelles Problem, welches man aber zuerst im Konsens mit den Beteiligten lösen sollte. In vielen Fällen lohnt es sich, noch einmal ein sachliches Gespräch zu suchen. Hierbei könnten Sie Ihre Bedenken und die steigende Arbeitsbelastung zur Sprache bringen und um eine faire und auch für Sie erreichbare Anpassung der Zielvereinbarungen bitten.

Das System der Tantiemen und Zielvereinbarungen ist grundsätzlich zulässig, jedoch darf die Zielerreichung nicht unzumutbar oder gar unerreichbar werden. Wenn Ihre Ziele Jahr für Jahr erhöht werden, obwohl Sie bereits unter schwierigen Bedingungen arbeiten, könnte dies zu einer weiteren für Sie unzumutbaren Belastung führen. Es könnte in diesem Fall hilfreich sein, zu prüfen, ob die Zielvorgaben realistisch und in einem fairen Verhältnis zu Ihrem tatsächlichen Arbeitsaufwand stehen, zumal ja jetzt auch nur noch 36 Stunden wöchentlich zu leisten seien. Weitere Hinweise dazu finden Sie u.a. unter:

https://www.steinbock-partner.de/arbeitsrecht/zielvereinbarung-weitergeltung/

https://www.arbeitsrechtsiegen.de/artikel/ordnungsgemaessheit-einer-zielvorgabe-schadensersatz/

https://www.hopkins.law/expertise/zielvereinbarung?srsltid=AfmBOoqbt1tkJiXuQAVDHXvFerJ1UbGrQYu2oHopgxWeP60F-YewT9zn

Zum Thema Überstunden: Überstunden müssen gemäß dem deutschen Arbeitsrecht grundsätzlich entweder durch Freizeit oder durch eine entsprechende Vergütung ausgeglichen werden. Wenn Sie in den letzten Jahren regelmäßig Überstunden von 50-80 Stunden ohne Ausgleich gesammelt haben, könnte das tatsächlich ein rechtlicher Ansatzpunkt sein, wobei aber bereits Ihre Wortwahl problematisch sein könnte ("ungezählt"), da Sie den Anfall der Überstunden zum einen gerichtsverwertbar beweisen müssten und diese ja auch vom Betrieb angeordnet sein müssten. Aber selbst wenn dies gelänge, könnte in Ihrem Vertrag eine sog. Ausschlussfrist enthalten sein, wonach Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer gewissen Frist (meist 3-6 Monate nach Fälligkeit) dem Arbeitgeber schriftlich angezeigt werden müssen. Unterbleibt dies, kann sich der Arbeitgeber auf Verwirkung berufen. Das hat die gleiche Wirkung wie Verjährung, tritt nur schneller ein sofern vereinbart.

Das Fehlen eines Betriebsrats oder Tarifwerke macht alles von Ihrem eigenen Verhandlungsgeschick abhängig, wobei die Marktlage den Rahmen bietet. Soweit sich in Ihrem Berufsfeld andere Arbeitgeber mit besseren Konditionen ergeben sollten, könnten Sie ggf. einen Wechsel in Betracht ziehen.



Mit freundlichen Grüßen aus Dortmund

Raphael Fork
-Rechtsanwalt-


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