Umzugsvertrag gekündigt, Schadenersatzforderung

| 18. Februar 2025 19:11 |
Preis: 50,00 € |

Vertragsrecht


Beantwortet von

Guten Tag,

ich habe ein Umzugsunternehmen beauftragt und den Vertrag rechtzeitig vor Umzug einseitig gekündigt. Auftragshöhe waren 1.455 Euro, eine Teilzahlung von € 859,23 hatte ich überwiesen. Nun fordert das Umzugsunternehmen noch eine Schadensersatzforderung von € 355,06.

Auf das Fehlen des Widerrufsrechts wurde ich schriftlich hingewiesen.

Die AGB des Umzugsunternehmens verweisen auf § 415 HGB und § 346 ff. BGB bei Kündigung oder Rücktritt vom Vertrag.

Welche Zahlung steht dem Unternehmen gemäß HGB § 415 Kündigung durch den Absender zu?

Ist die Teilvorauszahlung praktisch "weg" und ich muss noch die Schadenersatzforderung zahlen? Das ist dann beinahe der gesamte Auftragswert. Sind mit der Zahlung der Schadenersatzforderung sämtlich weitere Ansprüche des Gläubigers abgegolten?

Das Unternehmen ist bekannt dafür hohe Nachforderungen zu stellen, selbst bei Erbringung der vereinbarten Leistung. Da ich keine Rechtschutz habe, habe ich den Vertrag gekündigt, da ich weder der Durchführung des Auftrags mehr vertrauen kann noch der vereinbarten Leistungshöhe.

Sollte ich mir dennoch einen Anwalt nehmen?

18. Februar 2025 | 21:28

Antwort

von


(10)
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Sehr geehrter Fragesteller,

auf der Grundlage des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworte ich Ihre Fragen gerne wie folgt:

1. Welche Zahlung steht dem Unternehmer gemäß § 415 HGB zu?

Kündigt der Auftraggeber (Absender) aus Gründen, die nicht in den Risikobereich des Umzugsunternehmens fallen, hat der Umzugsunternehmer (Frachtführer) gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 HGB zwei Möglichkeiten seinen Entschädigungsanspruch geltend zu machen:

• Er kann pauschal ein Drittel der vereinbarten Umzugsvergütung (Fracht) verlangen (§ 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB) oder stattdessen
• den Entschädigungsbetrag nach § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB konkret nachweisen.

In Ihrem Fall hat sich der Umzugsunternehmer nach Lage der Dinge dazu entschieden, die Entschädigung konkret zu berechnen. Insoweit kann er folgende Positionen geltend machen:

• Die vereinbarte Umzugsvergütung;
• ggf. entstandenes Standgeld, wofür hier nichts ersichtlich ist, weil die Kündigung vor Ausführung des Umzugs erfolgte und
• zu ersetzende Aufwendungen, für die hier ebenfalls nichts ersichtlich ist.

Von dem insoweit anfallenden Entschädigungsbetrag hat der Unternehmer folgende Positionen abzuziehen:

• Aufwendungen, die nicht entstanden sind, weil der Umzug nicht durchgeführt wurde. Dazu gehören z.B. Kraftstoffkosten und Mautkosten;
• anstelle des gekündigten Auftrags anderweitig Erworbenes oder böswillig nicht Erworbenes, wie etwa ein anderer Umzug, der ohne die Kündigung nicht hätte durchgeführt werden können.

Der Umzugsunternehmer hat Ihnen eine detaillierte und prüffähige Abrechnung über die geltend gemachten Entschädigungspositionen vorzulegen.

2. Ist die Teilvorauszahlung praktisch weg?

Die Teilvorauszahlung ist auf den Entschädigungsanspruch des Umzugsunternehmers anzurechnen.

Hat der Umzugsunternehmer seine Entschädigung korrekt auf der Grundlage des § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB (konkrete Berechnung) geltend gemacht, genügt die Vorauszahlung zur Begleichung des Anspruchs leider nicht.

3. Sind mit der Zahlung der Schadensersatzforderung sämtliche weitere Ansprüche des Gläubigers abgegolten?

Eine Anspruch auf eine über § 415 HGB hinausgehende Entschädigung ist nicht ersichtlich.

4. Wie weiter Vorgehen?

Lassen Sie sich eine detaillierte Abrechnung vorlegen.

Prüfen Sie, ob

• die geltend gemachten Positionen tatsächlich angefallen sind und der Betrag nachgewiesen oder zumindest nachvollziehbar ist. Ein geltend gemachtes Standgelt wäre z.B. nach dem unterbreiteten Sachverhalt schon nicht entstanden;
• ersparte Aufwendungen korrekt berücksichtigt wurden.

Versuchen Sie, den Umzugsunternehmer unter Hinweis auf anstelle des gekündigten Auftrags anderweitig Erworbenes zu einem Nachlass zu bringen.

Zahlen Sie die verlangten 355,06 € erst, wenn Sie eine schriftliche Bestätigung erhalten, dass damit alle Ansprüche erledigt sind.

Spätestens dann, wenn der Umzugsunternehmer nicht transparent abrechnet und auf Begleichung seiner Forderung besteht, sollten Sie einen Anwalt einschalten. Es ist aber auch ratsam, eine konkrete Abrechnung durch einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen.

Sollte etwas unklar oder offengeblieben sein, können Sie gerne die (kostenlose) Nachfragefunktion nutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Wünschmann
(Rechtsanwalt)


Rückfrage vom Fragesteller 18. Februar 2025 | 23:41

Vielen Dank.

In der E-Mail "Zahlungsaufforderung zu Ihrer Kündigung" steht drin:

--- Anfang ---
Aufgrund Ihrer Kündigung des Umzuges (124134) steht eine Schadensersatzforderung in Höhe von 355,06 € offen.

Wir haben Sie dazu aufzufordern, diesen Betrag binnen 7 Werktagen(!hier eingehend!) ab Versand dieser Nachricht auf das unten angegebene Bankkonto zu überweisen.

Mit der Zahlung gilt die Angelegenheit als erledigt und alle wechselseitigen Ansprüche aus diesem Vertrag als abgegolten.

Sollte diese Frist fruchtlost verstreichen, so werden weitere Kosten geltend gemacht.
--- Ende ---

Ruht diese Frist wenn ich eine detaillierte Abrechnung anfordere? Kann ich auf die Abgeltung aller Ansprüche hier bei Zahlung vertrauen?

Ich habe leider keine Rechtschutzversicherung und ein Verfahren wird wohl eher Mehrkosten erzeugen.

Es handelt sich um ein einschlägig bekanntes Unternehmen aus Detmold. Leider habe ich zu spät recherchiert.

MfG

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. Februar 2025 | 00:41

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Nachfrage beantworte ich gerne wie folgt:

1. Sofern der Umzugsunternehmer seine Entschädigungsforderung auf die Regelung des § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB stützt, muss er diese transparent und nachvollziehbar belegen. Sollte insoweit lediglich die von Ihnen wiedergegebene Mail existieren, genügt das nicht. Sie können die Zahlung zurückhalten, bis die Entschädigungsforderung dem § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB entsprechend belegt ist. Die in der Mail gesetzte Frist müssen Sie demnach nicht einhalten.

2. Allerdings ist es möglich, dass der Umzugsunternehmer den geltend gemachten Entschädigungsanspruch aus Allgemeinen Geschäftsbedingungen herleitet. Insoweit wäre ggf. zu prüfen, ob diese ordnungsgemäß in den Umzugsvertrag einbezogen wurden und ob eine etwaige Entschädigungsregelung (Vertragsstrafe) eine Inhaltskontrolle standhält.

Ich empfehle Ihnen, insoweit einen Rechtsanwalt mit der Prüfung zu beauftragen. Ich kann das gerne für Sie übernehmen. Sie erreichen mich über die hier hinterlegte E-Mail.

Mit freundlichen Grüßen

Wünschmann
(Rechtsanwalt)

Ergänzung vom Anwalt 19. Februar 2025 | 10:49

Sehr geehrter Fragesteller,

ergänzend noch Folgendes:

Ihre weitere Frage, ob Sie bei Zahlung darauf vertrauen dürfen, dass damit alle Ansprüche abgegolten sind, kann mit ja beantwortet werden. In der E-Mail des Umzugsunternehmens ist ausdrücklich vermerkt: "Mit der Zahlung gilt die Angelegenheit als erledigt und alle wechselseitigen Ansprüche aus diesem Vertrag als abgegolten."

Ich hoffe, dass Ihnen das weiterhilft und verbleibe mit

freundlichen Grüßen

Wünschmann
(Rechtsanwalt)

Bewertung des Fragestellers 19. Februar 2025 | 10:59

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Stellungnahme vom Anwalt:

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 19. Februar 2025
5/5,0

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