Schulbegleitung wechseln bzw. per sofort abberufen lassen, Hamburg

14. Februar 2025 00:13 |
Preis: 70,00 € |

Schule, Hochschule, Prüfungen


Beantwortet von

Zusammenfassung

Es geht um Fragen rund um das HH Schulgesetz § 12 Absatz 4 i.V.m. der Eingliederungshilfe nach §§ 99/112 SGB IX - Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung und die Rechte der Eltern und des Kindes.

Hallo, unser Kind besucht die 5-te Klasse einer inklusiven Stadtteilschule in Hamburg. Beim Kind besteht ein Förderbedarf und teilweise Lernbedarf. Eine Schulbegleitung wurde durch die Schulbehörde (nicht Rbbz) für ca. 2Std. pro Tag genehmigt.
(Es ist wichtig, dass der beantwortende Anwalt sich mit Schulrecht und Förderbedarf sowie Schulbegleitung in Hamburg auskennt.)

Die Schulbegleitung (männlich ca. 28-30 Jahre alt) betreut das Kind täglich und soll ihm helfen während des Unterrichts strukturelles Arbeit zu entwickeln sowie in den Pausen soziale Kontakte herzustellen.

Das Kind hat schon immer Konzentrationsstörungen und Lernstörung (schon seit der 1. Klasse) und hat deswegen die Förderung und die Schulbegleitung bewilligt bekommen. Das Kind hat Entwicklungsverzögerung und wird auf ein Alter ca. 5-8 Jahre eingeschätzt (tatsächliches Alter 10 Jahre). Das Kind kann sich nicht in vollen Sätzen äußern und beschreibt viele Sachen öfters bildlich und teils sehr emotional. Das Kind hat eine Grunderkrankung und längere Krankenhausaufenthalte erlebt woraus wohl die ganzen Probleme resultieren. Verminderte Intelligenz ist festgestellt worden.

Kurz nach der Einstellung der Begleitung sehen die Eltern einige Verhaltensänderungen beim Kind. Das Kind ist mehr verschlossen geworden und fragt öfters ob Mama/Papa es wirklich mögen. Das Kind hat noch weniger Lust auf die Schule.

Etwas später äußert sich das Kind, dass es diesen Begleiter nicht mehr haben möchte. (Bisher gab es 4 andere Begleitpersonen (männlich, weiblich) und niemals wurde vom Kind ähnliches geäußert. )

Auf Nachfrage die kurze Erklärung vom Kind:
- Er stellt immer blöde Fragen. Welche Fragen? Hast du Stress zuhause, schreien dich Mama und Papa an, machen sie dich runter, schlagen sie dich?
- Er umarmt mich öfters (Bildlich/körperlich zeigt das Kind eine "kumpelhafte" Schulterumarmung) und sagt zu mir "ich bin dein Freund, mir kannst du alles erklären, nur so kann ich dir helfen, ich beschütze dich vor allem"

Im weiteren Verlauf kauft der Begleiter dem Kind das Essen und Trinken in der Mensa (obwohl volle Brotdose immer dabei ist) und das ohne die Eltern in Kenntnis zu setzen. Weiter begleitet er das Kind auf die Toilette bis zur Kabine, ohne Not, da das Kind in dem Bereich zum Glück bereits selbstständig ist.

Eltern beobachten immer wieder wie der Begleiter das Kind zu sehr "betüddelt" und sprechen das sowie die Punkte oben beim Begleiter über Whatsapp-Nachricht an. Ohne Reaktion. Seit dem ist der Kontakt zu Eltern sehr begrenzt/abgebrochen.

Eltern sprechen dieselben Punkte auch bei den Lehrern an. Jedoch werden einige der Punkte (z.B. Kaufen vom Essen, Toilettenbegleitung) seitens der Lehrer eher beschwichtigt und als harmlos abgetan. Dennoch wird dem Begleiter in allen Punkten mitgeteilt, dass er das nicht mehr tun sollte. Eine Besserung in den Punkten tritt daraufhin ein.

Etwas später, in den Ferien, erzählt das Kind den Eltern, dass der Begleiter ihm auch mal am Po angefasst hat. Dabei steht das Kind vom Stuhl auf und zeigt es bildlich, in dem es seine Hände auf die Pobacken legt und daran schüttelt. Dabei soll der Begleiter gesagt haben: "na los gehen wir in die Pause".

Nach den Ferien beschwert sich das Kind weiterhin über die "komischen" Fragen des Begleiters. Dabei fasst der Begleiter das Kind wohl auch an der Unterlippe oder Nase an ("scherzend"), um eine Antwort von ihm zu erhalten. Aufgrund seiner geistigen und emotionaler Rückentwicklung hat das Kind bereits auch ungewollt auf einige der Fragen nicht richtig/wahrheitsgemäß geantwortet, da das Kind öfters auf suggestiv gestellte Fragen mit einem Ja/Nein ohne zu überlegen antwortet. Das macht natürlich den Eltern Sorgen, warum der Begleiter dem Kind immer wieder solche Fragen stellt und warum spricht er die Eltern oder die Lehrer nicht direkt darauf an. Das wirkt sich auch negativ auf das Vertrauen des Kindes gegenüber den Eltern aus.

Letzter Punkt, der nun das Fass zum Überlaufen gebracht hat ist die Beschreibung des Kindes, wie der Begleiter das Kind wohl auch nahe des Intimbereichs vorne am Oberschenkel angefasst haben soll. In welchem Kontext oder zu welchem Zeitpunkt, kann nicht geklärt werden.

Ebenfalls hat das Kind eine Angst vor dem Begleiter entwickelt, weil der Begleiter ihm suggeriert hat, dass er eine sehr sehr wichtige Person in der Schule sei.

Es ist schwer, von dem Kind mehr Informationen zu den beiden Berührungen sowie auch Toilettenbegleitung zu erhalten. Sowohl aufgrund der Angst des Kindes vor dem Begleiter als auch der eingeschränkten sprachlichen Fähigkeiten des Kindes. Deswegen wird Sache wohl auch nicht beweisbar sein, um sie z.B. gegenüber den Lehrern oder noch wo anders zu behaupten.

(Ebenfalls bestehen auch seitens der Eltern ein wenig Zweifel, ob das Kind das alles richtig eingeordnet hat und auch richtig beschreibt und nicht übertreibt. Zum Beispiel könnten die Berührungen ja auch aus Versehen erfolgt sein, weil der Begleiter ja im Unterricht oft neben dem Kind sitzt.)

Dennoch sind die Eltern nun sehr verunsichert. Das Vertrauen zu der Begleiterperson ist endgültig zerstört. Die Eltern machen sich große Sorgen: wenn man das Verhalten des Begleiters insgesamt betrachtet - ob das alles nicht doch etwas in der Art "Grooming" oder ähnliches sei?

Fragen:
1) Haben Eltern das Recht auf einen Wechsel der Begleitperson zu bestehen? (Als Begründung möchten die Eltern zuerst nicht die beiden körperlichen Berührungen ansprechen, da diese nicht eindeutig eingeordnet werden können und die Eltern ebenfalls die Bedenken haben, dass sie eventuell rechtliche Probleme bekommen könnten, wenn der Begleiter alles abstreiten und die Eltern wegen Rufmord oder ähnliches verklagen würde.)

2) Wenn die Begleitung nicht ohne weiteres abbestellt/gewechselt werden kann, können die Eltern die Äußerungen des Kindes wenigstens gegenüber den Lehrern erwähnen ohne sich dabei rechtlich in Schwierigkeiten zu bringen, weil das Ganze schwer bis gar nicht nachweisbar ist? (Die Intention dabei ist, dass die Lehrer vlt. etwas mehr auf diese Punkte aufpassen sollen. )

3) Wenn 1) und 2) nicht möglich ist, wie kann man durchsetzen, dass der Begleiter das Kind nicht ohne Not immer wieder anfasst (ob am Rücken/Mund/Nase, Umarmen, Streicheln etc) , sei es zur Motivation oder wie auch immer?


Vielen Dank



14. Februar 2025 | 02:38

Antwort

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Gerne zu Ihren Fragen:

In Ihrem Fall stehen Ihnen als Eltern mehrere rechtliche sowie auch pragmatische Optionen zur Verfügung.


Im Einzelnen:

1) Haben Eltern das Recht auf einen Wechsel der Begleitperson zu bestehen?
Eltern haben grundsätzlich das Recht, eine personelle Änderung der Schulbegleitung zu verlangen, wenn das Vertrauensverhältnis zerrüttet ist. Eine Verhaltensänderung dann, wenn das Verhalten des Begleiters problematisch erscheint. Das Problem ist - wie stets bei Kindern - die Beweiswürdigung, die sich nach meiner Erfahrung meist nur auf die Exploration der Glaubwürdigkeit beschränkt, weniger der Glaubhaftigkeit und schon gar nicht des klassischen Beweises, es sei denn, es kristallisieren sich im weiteren Verlauf zumindest Anscheinsbeweise.

Dem entsprechen kann ich nur Optionen der Vorgehensweise skizzieren:

Gespräch mit der Schulleitung: Erfahrungsgemäß wir die Schulbehörde auf eine Bestätigung durch die Schule bestehen. Sie sollten deshalb mit der Schulleitung über die beobachteten Verhaltensweisen des Begleiters sprechen (z. B. Umarmen, Nachfragen über das Elternhaus, übermäßige Fürsorge). Die Schulleitung kann dies als pädagogisches Problem einstufen und den Wechsel unterstützen.

Erst dann - ggf. im Einvernehmen mit der Schulleitung - Direkte Anfrage bei der Schulbehörde: Da die Schulbegleitung von der Schulbehörde bewilligt wurde, können Sie sich direkt an die zuständige Stelle der Behörde wenden und um einen Wechsel bitten. Die Begründung sollte dabei - entsprechend Ihrer Besorgnis - zunächst allgemein gehalten werden, z. B.:

- Fehlendes Vertrauen in die Begleitperson verbunden mit zunehmender Ablehnung durch das Kind, evident durch "das Kind hat eine Angst vor dem Begleiter entwickelt,..."
-Unangemessenes Verhalten des Begleiters in Bezug auf die pädagogische Betreuung

Sie müssen zunächst nicht auf konkrete Verdachtsmomente eingehen, sondern können das gestörte Vertrauensverhältnis als Hauptgrund anführen.

Falls die Schulbehörde oder der Träger sich weigern, den Begleiter zu wechseln, könnte es notwendig sein, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um den Anspruch auf eine vertrauensvolle Betreuung des Kindes durchzusetzen.

2) Können die Eltern die Äußerungen des Kindes gegenüber den Lehrern erwähnen, ohne sich rechtlich in Schwierigkeiten zu bringen?
Ja, Eltern dürfen ihre Sorgen im Rahmen ihres "berechtigten Interesses" gegenüber der Schule äußern, solange sie dies in einer sachlichen und vorsichtigen Weise tun. Um rechtliche Risiken (z. B. Verleumdung oder üble Nachrede) zu vermeiden, sollten Sie dabei folgende Punkte beachten:

Sachliche und vorsichtige Formulierung: Sie könnten die Lehrer beispielsweise informieren, dass das Kind wiederholt von unangemessenen Berührungen durch den Begleiter spricht und dass dies ihm Unbehagen bereitet. Sie sollten nicht von "sexuellem Missbrauch" oder "Grooming" sprechen, sondern können es neutral als "unangemessene Nähe" oder "Grenzüberschreitungen" beschreiben. Die Benennung sog. Straftatbestände etwa nach §§ ist in der Regel bei Ermittlungsbehörden durchaus unerwünscht; jedenfalls nicht erforderlich.


3) Wie kann durchgesetzt werden, dass der Begleiter das Kind nicht unangemessen berührt?
Falls ein sofortiger Wechsel nicht möglich ist, sollten Sie klarstellen, dass der Begleiter die körperliche Distanz zum Kind wahren muss. Das könnte zunächst auch durch eine behutsame Ansprache durch die Eltern geschehen. Etwa: "Dem Kind ist es nicht recht, dass..." und dem Begleiter die Gelegenheit zur Aufklärung zu geben.

Formelle Beschwerde bei der Schulbehörde oder beim Träger der Schulbegleitung: Sie können eine Beschwerde einreichen und explizit fordern, dass der Begleiter sich an professionelle Distanzrichtlinien hält.

Vorgaben an die Schule oder den Begleiter: Falls der Begleiter weiterhin eingesetzt wird, sollte die Schule klare Regeln für den physischen Kontakt festlegen, z. B.:

Kein Körperkontakt (außer in Notsituationen)
Keine persönlichen Fragen zum Familienleben
Kein Kauf von Essen oder anderen Zuwendungen
Gespräch mit der Schulleitung und gezielt zu einzelnen Lehrkräften

Anwaltliche Hilfe oder schulpsychologischer Dienst:

Falls die Schule nicht kooperiert, könnte eine Beschwerde bei der Schulaufsicht oder eine rechtliche Beratung in Betracht gezogen werden. Denn der Rechtsrahmen ist vorliegend § 12 Abs. 4 HmbSG: Schulbegleitung (SchBG) als eine eine Integrationsleistung, um eine umfängliche Bildungsteilhabe für die Schülerin bzw. den Schüler sicherzustellen.

Entsprechende Dienstanweisungen regeln das Verfahren im Einzelnen. Die Leistung wird auf Grundlage des § 12 HmbSG erbracht. Denn die Leistungserbringung über das HmbSG ist einer Leistungserbringung über das Bundesteilhabegesetz SGB IX vorgeschaltet.

Insofern stehen den Eltern im Worstcase die Rechtsbehelfe nach dem SGB und dem HmbSchulG offen.

Falls Sie der Verdacht verdichtet, dass es sich um ein ernsthafteres Problem handelt (z. B. eine Form von Grooming oder unangemessenes Verhalten mit möglichem sexuellem Hintergrund), könnten Sie:

Den schulpsychologischen Dienst oder das Kinderschutz-Zentrum Hamburg kontaktieren.
Eine vertrauliche Beratung bei einer Opferschutzorganisation in Anspruch nehmen.
Falls notwendig, eine Meldung beim Jugendamt oder der Polizei erwägen.

Fazit:
Sie haben das Recht, eine andere Schulbegleitung für Ihr Kind zu fordern, insbesondere wenn das Kind sich unwohl fühlt oder das Vertrauensverhältnis zerstört ist. Sie können die Schule über Ihre Bedenken informieren, ohne sich rechtlich angreifbar zu machen, solange Sie sich auf die beobachteten Verhaltensweisen konzentrieren. Falls eine sofortige Ablösung des Begleiters nicht möglich ist, sollten klare Regeln zum Verhalten festgelegt werden.




Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

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