Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Frage beantworte ich unter Heranziehung der von Ihnen bereitgestellten Informationen gerne wie folgt:
1. Rechtliche Bedeutung von „gekauft wie gesehen"
Die Formulierung „gekauft wie gesehen" stellt einen Gewährleistungsausschluss mit Einschränkungen dar. Dabei gelten folgende Prinzipien:
Offensichtliche Mängel:
Für Mängel, die ein durchschnittlicher Käufer bei einer Besichtigung hätte erkennen können, übernimmt der Verkäufer keine Haftung.
Versteckte Mängel:
Mängel, die ein Käufer bei der Besichtigung nicht erkennen konnte und die erst bei eingehender Untersuchung zutage treten, fallen nicht unter den Gewährleistungsausschluss. Der Verkäufer haftet für solche Mängel, es sei denn, ein genereller Gewährleistungsausschluss wurde im Vertrag wirksam vereinbart.
Arglistig verschwiegene Mängel:
Der Verkäufer haftet in jedem Fall, wenn er einen Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 444 BGB). Eine Arglist setzt voraus, dass der Verkäufer den Mangel kannte oder hätte kennen müssen und diesen bewusst nicht offengelegt hat.
Garantieübernahme:
Wurde im Vertrag eine bestimmte Beschaffenheit der Immobilie zugesichert (z. B. „dichtes Dach"), haftet der Verkäufer unabhängig von einem Gewährleistungsausschluss für Mängel, die dieser Zusicherung widersprechen.
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2. Anwendung auf den konkreten Fall
a) Ist der Schaden am Dachstuhl ein offensichtlicher oder versteckter Mangel?
Ein beschädigter Dachstuhl infolge eines undichten Dachfensters dürfte als versteckter Mangel anzusehen sein, wenn der Schaden bei einer gewöhnlichen Besichtigung nicht erkennbar war. Der Käufer konnte nicht erwarten, dass ein Laie oder selbst ein Kaufinteressent mit durchschnittlichen Kenntnissen den Zustand des Dachstuhls beurteilen kann, ohne das Dach genauer zu untersuchen.
b) Wussten die Verkäufer (Erbengemeinschaft) von dem Mangel?
Wenn Sie als Verkäufer keine Kenntnis von dem Schaden hatten und auch keine Hinweise auf mögliche Probleme vorlagen (z. B. sichtbare Wasserschäden), kann die Haftung für diesen Mangel entfallen, wenn Sie einen wirksamen Gewährleistungsausschluss für verstreckte Mängel vereinbart haben. Ist dem nicht so, wären Sie grundsätzlich haftbar.
Arglist: Sollten Sie jedoch Hinweise auf den Schaden gehabt haben (z. B. durch frühere Berichte, Reparaturbedarf oder Gespräche mit dem Makler/Architekten), könnte Ihnen Arglist vorgeworfen werden, falls der Mangel bewusst verschwiegen wurde.
c) Rolle des Gewährleistungsausschlusses
Falls ein genereller Gewährleistungsausschluss im notariellen Kaufvertrag enthalten ist, der auch versteckte Mängel umfasst, haften Sie nur bei Arglist. Ohne einen solchen Ausschluss könnten die Käufer Ansprüche geltend machen, da der Schaden ein versteckter Mangel sein dürfte.
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3. Rolle des Maklers (Architekt)
a) Sorgfaltspflichten des Maklers
Der Makler hat in erster Linie die Aufgabe, das Objekt zu vermitteln. Als Architekt hat er jedoch eine besondere Sachkunde, die ihm eine höhere Sorgfaltspflicht auferlegen könnte. Es wäre zu prüfen, ob der Makler:
den Zustand des Dachstuhls geprüft hat oder hätte prüfen müssen,
oder ob er Anzeichen für den Schaden erkannt hat und diese verschwiegen hat.
Falls der Makler bewusst unrichtige Angaben gemacht oder Pflichten verletzt hat, könnte er für den Schaden haftbar sein (§ 280 Abs. 1 BGB).
b) Verantwortung der Verkäufer
Die Verkäufer könnten für fehlerhafte Angaben des Maklers haftbar gemacht werden, wenn dieser in ihrem Auftrag gehandelt hat und sie wussten oder hätten wissen müssen, dass die Angaben unzutreffend sind.
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4. Haftungsaufteilung
Verkäufer (Erbengemeinschaft):
Haftet nicht für offensichtliche Mängel.
Haftet für versteckte Mängel nur, wenn:
ein genereller Gewährleistungsausschluss fehlt,
oder Arglist nachgewiesen werden kann.
Käufer:
Trägt das Risiko offensichtlicher Mängel.
Kann bei versteckten Mängeln Ansprüche geltend machen, wenn kein wirksamer Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde.
Makler (Architekt):
Haftet bei Verletzung seiner Sorgfaltspflichten, insbesondere aufgrund seiner Fachkenntnisse als Architekt.
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5. Nächste Schritte
Prüfung des Kaufvertrags:
Enthält der Vertrag einen generellen Gewährleistungsausschluss, der versteckte Mängel erfasst?
Wurde eine Beschaffenheit der Immobilie zugesichert (z. B. „dichtes Dach")?
Ermittlung des Kenntnisstands:
Wussten Sie oder der Makler von dem Mangel? Gibt es Hinweise auf Arglist?
Einholung eines Gutachtens:
Lassen Sie den Schaden durch einen Sachverständigen begutachten. Dabei sollte festgestellt werden, ob der Schaden vor der Übergabe erkennbar war.
Kommunikation mit dem Käufer:
Klären Sie die Umstände und den Umgang mit dem Schaden, ggf. auch mit Unterstützung eines Rechtsanwalts.
Prüfung der Maklerhaftung:
Untersuchen Sie, ob der Makler den Mangel hätte erkennen können und seine Pflichten verletzt hat.
Bitte beachten Sie auch, dass diese Plattform lediglich zu einer ersten rechtlichen Orientierung dient, dass diese Antwort nur eine erste rechtliche Einschätzung darstellt und eine persönliche Beratung durch einen Rechtsanwalt nicht ersetzen kann, insbesondere, da auch nur eine geringe Abweichung der Sachverhaltsangaben zu einem anderem Ergebnis führen kann. Ich hoffe, meine Einschätzung gibt Ihnen eine erste Orientierung.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Fell-Bosenbeck, Rechtsanwalt
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Beantwortet von
Hauskauf, Immobilien, Grundstücke
Beantwortet von
Rechtsanwalt Fritz Fell-Bosenbeck
wir haben am 02.12.2024 einen notariellen Kaufvertrag abgeschlossen
der Notar erklärte ausführlich - es handelt sich um ein gebrauchtes Haus.
gekauft wie gesehen.
wir sind Privatverkäufer aus Erbengemeinschaft
Makler war ein Architekt, der das Haus bereits vor Jahren geschätzt
hat und nun in unserem Auftrag verkauft hat.
Heute erhalten wir von dem Architekt einen Anruf mit folgendem Inhalt:
Der Dachstuhl ist von einem undichten Dachfenster beschädigt.
?? wer haftet nun in diesem Fall - Verkäufer - Käufer - Makler und Architekt
was ist zu tun ?
FRAGESTELLER 6. Oktober 2025
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