Sonderkündigung Wohngebäudeversicherung nach Eigentümerwechsel

19. November 2023 09:19 |
Preis: 60,00 € |

Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine ehemalige Partnerin und ich haben im August 2022 durch einen notariellen Kaufvertrag eine Immobilie erworben. Der Kauf wurde am 29.05.2023 durch Zahlung des Kaufpreises und Übergabe der Immobilie abgeschlossen. Die Eintragung im Grundbuch Abschnitt 1 erfolgte am 06.07.

Durch ein Missverständnis zwischen Verkäufer und mir, wurde es versäumt die Wohngebäudeversicherung (Nürnberger) über den Eigentümerwechsel zu informieren. Ich ging davon aus, dass die ehemaligen Besitzer ihre Versicherung informieren und diese mit mir in Kontakt tritt. Nachdem ich bis Ende August nichts von der Versicherung gehört habe, habe ich über die Verkäufer am 05.09. selbst Kontakt zu dem von den Verkäufern genannten Versicherungsbüro aufgenommen.
Dort wurde mir mitgeteilt, dass mein Sonderkündigungsrecht aufgrund der verspäteten Meldung verstrichen ist und ich die Versicherung der Vorbesitzer weiterführen muss. Auf meine Nachfrage, vor der Zusage der Weiterführung die Police einsehen zu wollen, wurde mir mitgeteilt dass eine Einsicht erst nach Übernahme der Police möglich ist, ich müsse quasi die "Katze im Sack" kaufen. Notgedrungen habe ich dem zugestimmt und erhielt am 20.09. die Versicherungspolice auf dem Postweg.
Hier wurde ein Jahresbeitrag von 887,56€ ausgewiesen, allerdings musste ich feststellen, dass die Vorbesitzer falsche Angaben zu Wohnfläche und Hausausstattung gemacht hatten und die Versicherung somit eine deutliche Unterdeckung aufweist. Bei der Wohnfläche gab es bspw. Abweichungen größer 10%.
Ich habe daraufhin nochmals Kontakt zu dem Versicherungsbüro aufgenommen und ein korrigiertes Angebot gebeten. Zwischenzeitlich erhielt ich am 11.10 ein Schreiben der Versicherung, die mir mitteilt das mein Jahresbeitrag zum 16.11. auf 1003,00€ angepasst wird.
Ich habe dieser Erhöhung widersprochen und eine außerordentliche Kündigung aufgrund der Beitragsanpassung ausgesprochen. Dieser Kündigung wurde jedoch mit Verweis auf eine Anpassung nach der gleitenden Neuwertversicherung nicht entsprochen. Diese Regelung war mir vor Vertragsübernahme jedoch nicht bekannt, da ich die Police nicht vor Übernahme einsehen durfte.

Meine aktuelle Situation stellt sich also nun wie folgt dar:
1. Ich habe eine unterdeckte Wohngebäudeversicherung die ich gezwungenermaßen Übernehmen musste.
2. Ich habe eine Beitragsanpassung aufgrund einer vertraglichen Regelung erhalten, die mir vor Vertragsübernahme nicht bekannt war.
3. Ich habe keine Möglichkeit den Vertrag sinnvoll weiterzuführen, ich kann nur eine überteuerte unterdeckte Versicherung zahlen, oder einen noch höheren Betrag für die Anpassung des Bestandvertrags zahlen.

Vergleichsangebote sind zum Teil 40% günstiger und ich fühle mich in der Situation hinters Licht geführt.
Können Sie mir helfen hier eine Lösung zu finden?

19. November 2023 | 17:42

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Grundsätzlich ist es richtig, dass der Versicherungsvertrag gemäß § 95 Abs. 1 VVG auf den neuen Eigentümer übergeht. Allerdings haben Sie als neuer Eigentümer das Recht, den Vertrag innerhalb eines Monats nach Kenntnis des Versicherungsverhältnisses zu kündigen (§ 96 Abs. 1 VVG). Der Erwerber muss das Kündigungsrecht innerhalb eines Monats nach dem Erwerb der versicherten Sache oder des versicherten Interesses geltend machen. Voraussetzung ist allerdings, dass er Kenntnis von der Veräußerung, vom Zeitpunkt zu dem der Eigentumsübergang stattgefunden und vom Bestehen der Versicherung hat. Erst die Kenntnis aller dieser Umstände versetzt ihn in die Lage, von seinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Er muss also nicht unbedingt den Inhalt des Versicherungsscheins kennen, aber er muss so viele Umstände kennen, dass er die Kündigung gegenüber dem Versicherer erklären kann. Der Erwerber wird also mindestens den Versicherer und dessen Anschrift oder E-Mail-Adresse kennen müssen, damit er die Kündigung abschicken kann. Die Versicherungsscheinnummer wird nicht immer erforderlich sein. Meist wird der Versicherer aus der Bezeichnung in der Kündigung in der Lage sein, festzustellen, um welche versicherte Sache es sich handelt, vor allem dann, wenn der Erwerber den Namen und die Anschrift des Veräußerers als des bisherigen Versicherungsnehmers angibt.

Auch der BGH hatte Gelegenheit, sich ausführlich mit den Anforderungen an die Kenntnis auseinanderzusetzen. Er hat darauf hingewiesen, dass insbes. keine detaillierte Kenntnis über die bestehenden Versicherungsverträge notwendig ist und gemeint, schon aus dem Wortlaut des Abs. 2 sei zu entnehmen, dass der Erwerber nur Kenntnis von der Versicherung haben müsse, damit die Kündigungsfrist in Lauf gesetzt werde.

Wenn also seit Kenntnis mindestens 1 Monat vergangen ist, haben Sie tatsächlich kein Sonderkündigungsrecht mehr. Irrelevant ist dabei, wie oben erwähnt, ob Sie Kenntnis über die genauen Vertragsmodalitäten hatten. Es kommt lediglich auf die Kenntnis einer bestehenden Versicherung an.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Mohamed El-Zaatari

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