Wahlrecht bei Haftpflichtschaden

31. Oktober 2007 05:53 |
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Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Sehr geehrte Damen und Herren,

eine Verwandte besitzt eine kleine Eigentumswohnung, die zur Zeit vermietet ist. Sie plant, mit Beginn Ihrer Rente in den nächsten
Jahren dort einzuziehen.
Im Wohnzimmer (18 m2) befinden sich Paneele unter der Decke. Diese sind etwa 7 Jahre alt und waren bis vor kurzem in
tadellosem Zustand (da auch abwaschbar).

Der jetzige Mieter hat es nun im Rahmen einer Renovierung irgendwie geschafft, die Paneele derart zu beschädigen, dass sie
komplett ausgetauscht werden müssen.

Seine Haftpflichtversicherung signalisiert, den Schaden übernehmen zu wollen. Dieser liegt bei annähernd 1000 EUR.

Die Eigentümerin möchte nun die Decke nicht sofort neu ersetzen lassen, sondern erst bei Mieterwechsel oder wenn sie selbst dort einzieht.
Sie spielt sogar mit dem Gedanken, die Kratzer nur behelfsmäßig auszubessern und die Decke so zu lassen. Die Summe käme ihr
momentan recht gelegen.

Frage:
Hat meine Verwandte hier (ähnlich wie bei KFZ-Schäden) das Wahlrecht, sich die Schadenssumme auszahlen zu lassen, ohne die
Decke erneuern zu lassen? Falls ja, worauf stützt sich dieser Anspruch?

Sehr geehrter Fragesteller,

im deutschen Schadenersatzrecht besteht eigentlich der Grundsatz, dass der Schädiger den Geschädigten so zu stellen hat, als wäre die Schädigung niemals erfolgt. Also müsste danach eigentlich der Mieter Ihrer Verwandten bzw. sein Versicherer hergehen und die Decke eigenhändig austauschen bzw. durch einen Fachmann im eigenen Auftrag austauschen lassen. Da dies allerdings in den meisten Fällen recht lebensfremd wäre, sieht der Gesetzgeber ebenso als Schadenswiedergutmachung den Wertersatz in Geld vor - wie es in den allermeisten Fällen auch geschieht und bei den Versicherern stets ausweislich der Versicherungsbedingungen vorgesehen ist.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat anhand einiger Fälle, die Kfz-Schäden betrafen, allerdings auch den Grundsatz entwickelt, dass aus dem Anspruch des Geschädigten auf Wertersatz nicht gleichzeitig eine Verpflichtung zur Reparatur folgt. Dies folgt unter Anderem daraus, dass der Eigentümer im Ergebnis mit der ihm gehörenden Sache verfahren kann, wie er gerne möchte. Das beinhaltet auch, den Schaden überhaupt nicht oder erst später oder auch durch jemand Anderen, als den Fachhandwerker oder gar selbst zu beheben. Das bedeutet das von Ihnen angesprochene Wahlrecht des Geschädigten.

Dementsprechend lässt der BGH es in den Kfz-Fällen zur Bemessung der Schadenshöhe ausreichen, wenn der Geschädigte einen Kostenvoranschlag einer Fachwerkstatt bzw. ein entsprechendes Sachverständigengutachten vorlegt.

Ich sehe keinerlei Anhaltspunkt, warum diese Rechtsprechung nicht auch auf eine Paneeldecke anwendbar sein sollte. Das bedeutet, dass Ihre Verwandte lediglich den Kostenvoranschlag einer Schreinerei vorlegen muss (die Kosten für den Kostenvoranschlag selber zählen allerdings nicht mit zur Schadenshöhe, da diese regelmäßig bei Erteilung eines Auftrages verrechnet werden) und nach Ausgeich des Wertersatzes durch den Versicherer mit ihrer Decke verfahren kann, wie sie gerne möchte. Allerdings bleibt sie dann auf möglichen Folgeschäden, die aus der Nichtreparatur oder einer nicht fachmännischen Reparatur resultieren, dann auch selber sitzen - einen solchen Folgeschaden kann ich mir allerdings bei einer Paneeldecke, bei der es ja dann im Wesentlichen um kosmetische Fragen geht, nicht vorstellen.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner kurzen Einschätzung bei einer ersten rechtlichen Orientierung geholfen zu haben. Beachten Sie aber bitte auch, dass im Rahmen eines solchen Onlineangebotes mehr als eine erste rechtliche Orientierung nicht geleistet werden kann und dies eine anwaltliche Erstberatung nicht ersetzen kann und soll.

Mit feundlichen Grüßen,

Philip Stühler-Walter
Rechtsanwalt, Bonn

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