Mietrecht Gartennutzung

24. Juni 2016 09:36 |
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Nachbarschaftsrecht


Beantwortet von

Vor zwei Jahren bin ich in eine Mietwohnung (EG) mit Gartennutzung gezogen. Der Garten ist in Parzellen aufgeteilt. Die Vertreterin der Wohnungsgesellschaft hat mir versichert, dass der Mieter im 2. Obergeschoss ausdrücklich versichert hatte, kein Interesse an Gartennutzung zu haben; die Mieterin im 1.OG sei gesundheitlich angeschlagen und es wäre nicht zu erwarten, dass sie sich beteiligen könnte.
Das Grundstück war in einem erbärmlich Zustand, überwuchert von Gras und Unkraut, ohne Andeutung von Beet und Struktur. Ich habe viel daran gearbeitet, einen Garten daraus zu machen. Mein Sohn (gelernter Gärtner und studierter Landschaftsgestalter) hat die Fläche gemäht und die Grasnarbe zur Hälfte abgetragen, gesät, Beete angelegt u.Ä. - all das, was ich als alte Frau nicht kann. Meine Schwiegertochter mäht regelmäßig den Rasen und pflanzt größere Stauden für mich. Über diese zwei Jahre habe ich kontinuierlich viel Arbeit und einiges Geld investiert. Die Ergebnisse stießen immer auf Anerkennung. Die Mieter über mir haben sich nicht dazu geäußert. Ich habe aber der Mietgesellschaftsvertreterin mehrfach gesagt, ich will niemand was wegnehmen, und die andere Parteien dürfen gern in den Garten kommen.
Stillschweigend hat der Mieter ganz oben geduldet, dass ich seinen Anteil umgestaltet und gepflegt habe. Nun möchte er seinen Anspruch auf die Hälfte des Gartens plötzlich geltend machen! (Die Mieterin im 1.Stock hat laut Vertrag keinen Anteil.)
a. Kann er das so einfach machen?
b. Wenn ja, kann ich ihm die an seinem Anteil geleistete Arbeit in Rechnung stellen?
C. Kann die Wohnungsgesellschaft ihm das Recht absprechen mit der Begründung, dass er seinen Pflichten bezüglich Gartenpflege nicht nachgekommen ist?

24. Juni 2016 | 11:13

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Leider habe ich keine guten Nachrichten für Sie: Der Mieter darf die Gartenfläche beanspruchen. Auch Ersatzansprüche können sie gegen ihn nicht geltend machen und auch die Wohnungsgesellschaft hat kein Recht, ihm die Gartennutzung zu verwehren. Auch Ansprüche ihrerseits gegen die Wohnungsgesellschaft bestehen nicht.

Nun zu den Einzelheiten:

Um Ansprüche ( Auch auf ein Unterlassen der Gartennutzung gerichtet) gegen den Nachbarn geltend machen zu können, müsste hier eine für sie sprechende Anspruchsgrundlage eingreifen.

Zur Gartennutzung eines Mieters und einer Verpflichtung hier erbrachte Pflegeleistungen zu vergüten enthält das Nachbarrecht in ihrem Bundesland (selbstverständlich) keinerlei Regelungen. Daher kommen nur die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen in Betracht.

1. Kann der Nachbar seine Ansprüche geltend machen und kann ihm dies die Wohnungsgesellschaft wegen Verletzung der Pflegepflicht untersagen?

a) Der/ die Mieter haben einen Vertrag mit dem Vermieter geschlossen, der die Gartennutzung beinhaltet und den Mietern einen Anspruch hierauf gewährt, § 535 BGB . Dieser Anspruch gewährleistet, dass der Mieter mit seiner Parzelle tun kann, was er will, solange er nicht die Belange Dritter beeinträchtigt.Vorliegend möchte der Mieter sein Gartennutzungsrecht ausüben. Wenn er nur Ansprüche auf "seine Hälfte" geltend macht, ist dem nichts entgegenzusetzen. Insofern muss ich leider bestätigen, dass er sein Recht "einfach so" ausüben darf.

b)Auch Absprachen zwischen ihnen und der Wohnungsgesellschaft ändern hieran nichts, da es im deutschen recht keinen Vertrag zu Lasten Dritter gibt, bzw. dieser nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Dritten möglich ist. Nach ihrer Schilderung gab es zu keinem Zeitpunkt eine Zustimmung ihrer Nachbarn, sondern der Garten wurde einfach nur in tatsächlicher Hinsicht nicht genutzt. Auch insofern besteht das Nutzungsrecht fort.

c) Auch die Wohnungsgesellschaft kann die Gartennutzung nicht verbieten. Für eine Pflichtverletzung wäre es nämlich zum einen notwendig, dass die Gartenpflege als Pflicht im Mietvertrag deklariert wurde. Ansonsten könnte der Mieter den Garten nutzen wie er will, und wenn er meterhohen Rasen und Unkraut toll findet, so ist dies so lange zu dulden, wie dies nicht in die Interessen anderer eingreift. Der Interessenkreis andere würde jedoch nur dann betroffen sein, wenn sie irgendeinen Schaden aus der Nichtpflege des Gartens herleiten könnten. Dies sehe ich nicht. Für die Aufnahme im Mietvertrag bestehen keine Anhaltspunkte. Aber selbst wenn die Verpflichtung zur Gartenpflege im Mietvertrag steht, so wäre vor einem eventuell möglichen Entzug des Nutzungsrechtes am Garten eine Abmahnung durch den Vermieter notwendig. Auch hierfür bestehen keine Anhaltspunkte. Schließlich und letztendlich ist es so, dass selbst , wenn eine Abmahnung ausgesprochen wurde, und der Mieter sich hieran nicht gehalten hätte, lediglich ein Recht zur Kündigung des Mietvertrages (also der gesamten Wohnung) durch den Vermieter gegeben wäre. Nur eine Einschränkung des mietvertraglich vereinbarten Nutzungsrechtes ist demgegenüber nicht vorgesehen ( vgl. zum vorgenannten §§ 573 , 573 b BGB ). Ganz im Gegenteil bei einem Entzug des Nutzungsrechtes am Garten würde der Vermieter selbst ein Pflichtverletzung bzw. einen Mangel am Mietvertrag hervorrufen und wäre verpflichtet diesen zu beseitigen ( vgl. § 536 BGB , insbesondere Abs. 3 und § 535 Abs. 1 BGB.). Der Vermieter wird also von sich aus keinen Entzug des Nutzungsrechtes vornehmen, um sich nicht haftbar zu machen.

Fazit: Sie haben keine Möglichkeit die Nutzung des Garten(teil)s durch andere Mieter zu verhindern.

2. Kann ich ihm die an seinem Anteil geleistete Arbeit in Rechnung stellen?

a) Hierfür muss es eine Anspruchsgrundlage geben. Da zwischen ihnen und dem anderen Mieter kein Vertrag ( z.B. über die Dienstleistung Gartenpflege) besteht, kommen vertragliche Ansprüche nicht in Betracht.

b) Auch Ansprüche aus einer Geschäftsführung ( § 677ff BGB ) ohne Auftrag kommen nicht in betracht. Die Gartenpflege übernahmen sie nicht, um das Gartenstück des Nachbarn zu pflegen , sondern um sich selbst einen hübschen Garten zu schaffen. Sie taten es also nur aus eigenem Interesse. Es fehlt der Fremdgeschäftsführungswille. Zum anderen ist schon fraglich, ob die Pflege des Gartens überhaupt dem Willen des Nachbarn entsprach, oder ob er diese einfach nur duldete. Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag besteht also auch nicht.

c) Ansprüche aus dem Bereicherungsrecht ( §§ 812 ff.) greifen ebenfalls nicht zu ihren Gunsten, da ihnen von Anfang an klar war, dass sie sich um ein Gartenstück kümmern, ohne hierzu in irgendeiner Form verpflichtet zu sein. Wenn aber bekannt war, dass man zur Leistung nicht verpflichtet war, so kann eine erbrachte Leistung (hier der Wertersatz dafür, § 818 Abs. 2 BGB ) nicht zurückgefordert werden, § 814 BGB ).

d) Auch Ansprüche aus einem sog. Eigentümer- Besitzer-Verhältnis scheitern. Zum einen sind sie schon nicht Eigentümer des Gartens. Zum einen ist ein Mieter schon nicht Eigentümer des Gartens , sondern lediglich Besitzer. Wie der Name des Rechtskonstrukts schon sagt ist aber erforderlich, dass eine der Parteien Eigentümer ist. Eine analoge Anwendung auf 2 Besitzer wird in der Regel verneint. Selbst , wenn man hier jedoch ein Gericht von einer Analogie, also einer "übertragenen" Anwendung aufgrund ähnlicher Interessenlage bei Vorliegen einer gesetzlichen Regelungslücke, überzeugen könnte, würde sich ihr Ausgleichsanspruch wieder nach Bereicherungsrecht ( siehe c.) richten. Insofern ist auch hier kein Anspruch herleitbar.

e.) Auch Ansprüche gegen den Vermieter liegen meines Erachtens nicht vor. Hierfür müssten sie einen Mietvertrag über die gesamte Gartenfläche bzw. sogar die Alleinnutzung des Gartens haben. Gegenteiliges ergibt sich jedoch aus dem Mietvertrag. Dann bliebe nur noch die Möglichkeit, den Vermieter in Anspruch zu nehmen, weil er sie über die Gartennutzung getäuscht hat, weil er sie falsch aufgeklärt hat. Aber auch hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Sie waren nämlich von Anfang an darüber aufgeklärt, dass den anderen Mietern ( teilweise) ein Mitnutzungsrecht am Garten bzw. die Nutzung
eines Teilstückes zusteht. Der Vermieter klärt sie lediglich- und in sofern wahrheitsgemäß- darüber auf, dass die anderen Mieter ihr Nutzungsrecht nicht wahrnehmen. Insofern lässt sich hier weder ein vertraglicher, noch ein quasi-vertraglicher oder gar deliktischer Anspruch herleiten.


Fazit: Der Nachbar kann sein Nutzungsrecht ausüben. Ihn kann niemand daran hindern und weder der Nachbar noch die Wohnungsgesellschaft sind ihnen zum Ersatz der erbrachten Leistungen verpflichtet.
Es tut mir leid, keine besseren Nachrichten für sie zu haben. Ich kann verstehen, dass sie ob der erbrachten Leistungen sehr enttäuscht sind. Dennoch ändert dies leider nichts an der rechtlichen Lage.
Insofern rate ich ihnen, ab hier zukunftsgerichtet zu denken. Gehen sie auf ihren Nachbarn zu, schlagen sie ihm z.B. vor, sich weiter gerne komplett um den Garten zu kümmern und versuchen sie, hierfür eine kleine Entschädigung mit ihm zu vereinbaren. Vielleicht macht es auch Sinn, den Garten gemeinsam zu nutzen ( ohne Teilung) und hier unter ihnen direkt, die jeweils hälftige Pflege zu vereinbaren. Dies könnte den Umgang und das Miteinander freundlicher und kommunikativer gestalten, so dass sie hoffentlich noch viel Freude am hübschen Garten und vielleicht sogar an der Gesellschaft des Nachbarn/ der Nachbarin haben. Ein Garten in dem sich zwei Nachbarn gegenseitig nur angarren oder streiten und ignorieren, wird ihnen jedenfalls über kurz oder lang die Freude am Garten rauben. Deswegen empfehle ich ihnen, soweit möglich ohne Groll auf die neue Gartengemeinschaft zu zu gehen.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwältin Doreen Prochnow

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