Sehr geehrter Ratsuchender,
vorab bedarf es hier zusätzlichen grundsätzliche Informationen, die sicherlich für Sie bei der weiteren Beurteilung nützlich sein könnten:
1.)
Ein Gutachten in Bausachen dauert in der Regel viel länger als fünf Monate; nicht selten muss das Gericht den Gutachter Zwangsgelder androhen, bis dann nach einem Jahr (oder später) das Gutachten in Schriftform vorliegt.
Allein die von Ihnen genannte Zeitspanne lässt daher keine Schlüsse auf eine Manipulation zu, was bedacht werden sollte.
2.)
Anders sieht es bei fehlerhaften Angaben und Maße aus - kann der Gutachter dieses nicht erklären, ist das Gutachten unbrauchbar und nicht verwertbar.
3.)
Die Frage der "Bezugsfertigkeit" ist eine rechtliche Frage - so eine Frage ist niemals vom Gutachter, sondern immer vom Gericht zu beantworten.
Nun zu dem eigentlichen Problem:
Ein Gutachter kann nach § 406 ZPO
abgelehnt werden, wenn nach dem parteiobjektiven Maßstab ein Grund gegeben ist, der bei verständiger Würdigung ein Mißtrauen rechtfertigen kann.
Dieses müssen Sie darlegen und auch glaubhaft machen.
Kennen sich Beide und wird dieses nicht offengelegt, liegt ein solcher Grund vor.
Haben Beide beruflich miteinander zu tun (gleiche Akademie?) und ist das nicht offengelegt worden, liegt auch ein solcher Grund vor.
Nimmt der Gutachter trotz widersprechenden Hinweis falsche Maße als Grundlage, wird ebenfalls ein solcher Grund vorliegen.
Sie sollten daher einen Befangenheitsantrag nach § 406 ZPO
gegen die Gutachter stellen; weitere Schritte sollten Sie derzeit noch nicht unternehmen.
Gleichwohl zu Ihren Einzelfragen:
• Darf ich gegen den Gutachter eine Strafanzeige wegen dem Erstellen eines vorsätzlichen Falschgutachtens/Prozessbetrug stellen?
Ja, eine solche Anzeige ist grundsätzlich möglich. Erweisen sich Ihre Anschuldigungen aber als nicht ausreichend für eine Verurteilung, werden Sie mit einer Gegenanzeige rechnen müssen. Möglich wäre auch eine zivilrechtliche Schadensersatzklage des Gutachters.
Daher sollten Sie das derzeit nicht machen.
• Wie mache ich das am besten, benötige ich dazu einen Anwalt?
So verfahren, wie Sie alles schildern, sollten Sie ohne Rechtsanwalt gar nichts mehr machen.
Ansonsten könnten Sie - wenn Sie es entgegen meinem Rat doch machen wollen - alles schriftlich bei der Staatsanwaltschaft vorlegen.
• Darf ich noch vor der Ortsbegehung auf ein Obergutachten bestehen?
Dürfen schon; rechtlich besteht aber kein Anspruch; daher wird ein Obergutachten nicht erstellt werden.
• Darf ich dem Gutachter ein Hausverbot aussprechen, weil dieser nachweislich ein Falschgutachten ausgestellt hat?
Grundsätzlich ja; Sie müssen aber das absichtliche Falschgutachten nachweisen, da ansonsten es passieren kann, dass Ihnen Beweisvereitelung vorgeworfen wird.
Mein Tipp in einer solchen Situation: Beauftragen Sie (allerdings auf Ihre Kosten) einen Sachverständigen, der am Ortstermin dabei ist und dem Prozessgutachter "auf die Finger schaut".
• Wenn es bei einer Ortsbesichtigung zu einer Eskalation kommen würde, dann hätte ich doch bestimmt die schlechteren Karten oder?
Es würde bestimmt nicht gut aussehen; daher sollte ein Sachverständiger von Ihnen hinzugezogen werden.
Was kann ich also gegen einen Gutachter machen, welchem ich beweisen kann, dass er sein Gutachten manipuliert hat?
Dann, aber auch nur dann, wenn Sie den Beweis führen können, sollte Strafantrag gestellt, die Architektenkammer informiert und dann auch Schadensersatzansprüche gegen den Gutachter geltend gemacht werden.
Denn wenn er absichtlich ein falsches Gutachten erstellt, macht er sich auch Ihnen gegenüber schadensersatzpflichtig.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle
Damm 2
26135 Oldenburg
Tel: 0441 / 26 7 26
Fax: 0441 / 26 8 92
mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
http://www.rechtsanwalt-bohle.de/index.php?tarcont=content/e-mail.inc.php
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Bohle
Damm 2
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Sehr geehrter Herr Bohle,
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Sie schreiben unter dem Punkt 2.), dass wenn der Gutachter fehlerhafte Angaben und Maße verwendet, das Gutachten dann unbrauchbar und nicht verwertbar wäre.
Für dieses Gutachten habe ich schon 4500 Euro im Voraus zahlen müssen. Wie sieht es dann aber aus, wenn das Gutachten als nicht verwertbar zählt?
Zu Ihrer Antwort 3.)
Wenn der Gutachter dem Gericht einreden will, dass eine Bezugsfertigkeit besteht ohne Innenputz, Bodenbeläge, Malerarbeiten und ohne Außenputz, dann ist das doch auch schon eine Anmaßung des Gutachters, oder.
Wenn ein Gutachter dem Architekten die absolute Fehlerfreiheit attestiert, obwohl im Bauzeitenplan elementare LV´s fehlen, ohne welche das Projekt niemals fertig gestellt werden kann, der Gutachter aber diese Fehler verschweigt und stattdessen nur die LV´s herauspickt, welche aufgeführt waren und dann damit dem Gericht vormachen will das alles bestens geplant wäre, dann ist dies doch wohl eindeutig vorsätzliche Manipulation oder ?
Auch hat der Gutachter mehrfach die Zeitplanungen im Bauzeitenplan so ausgelegt, als wenn diese vollkommen ausreichend geplant gewesen wären, es aber nachweislich nicht so war. Wie z. B. bei der Verarbeitung des WDVS, wo der Architekt nur ganze 3 Tage für das anbringen, verdübeln, mit Armierungsmörtel, vorgesehen hat und der Gutachter dies auch verheimlicht?
Auch will der Gutachter mit aller Gewalt dem Gericht einreden, dass die Fenster auch ohne große Probleme zu einem späteren Zeitpunkt hätten eingebaut werden können und das der Außenputz (er verschweigt absichtlich das WDVS) auch angebracht werden könne ohne die Fenster. Er führt dann noch auf, dass die Fensteröffnungen ja mit Folie hätten verschlossen werden können und nur ein sehr geringer Mehraufwand dadurch entstanden wäre. Das aber unter den Außenputz zuerst die Dämmung muss und das bei den Fenstern der Rahmen zu 100% überdämmt und dann verputz werden sollte wird ebenfalls vom Gutachter sehr geschickt verschwiegen.
Nun noch eine letzte Frage, was wäre, wenn der Gutachter bei seinen Ergänzungsgutachten sich nicht rausreden kann und das Gutachten dann nicht verwertet werden kann? Bekommt er dann mit der Richterin ein Problem?
Ich möchte auf alle Fälle, das der Gutachter mit einem solchen Falschgutachten nicht mit einem blauen Auge davon kommt.
Vielen Dank schon im Voraus
Sehr geehrter Ratsuchender,
das Gericht wird dann eine Auszahlung an der Gutachter nicht vornehmen; dieses kann auch ausdrücklich beantragt werden - der gezahlte Vorschuss wird dann entweder für ein neues Gutachten verwendet oder an Sie zurückgezahlt.
Die Frage der Bezugsfertigkeit ist keine technische Frage. Ausführungen dazu verbieten sich und werden vom Gericht nicht zu berücksichtigen sein, zumal die "Einschätzung" des Gutachters nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung völlig neben der Sache liegt.
Die Ausführungen zum Außenputz ohne Fenstereinbauten liegen ebenfalls völlig neben der Sache, so dass die Sachkunde dieses "Gutachters" komplett angezweifelt werden sollte, wenn er offenbar die DIN 18350 / 18540 gar nicht anwenden will.
Aber insoweit bitte ich um Verständnis, wenn ich keine Komplettbeurteilung des Gutachtens vornehmen kann, da zum einen das Gutachten nicht komplett bekannt ist und zum anderen dieses keine ERSTberatung mehr darstellen würde.
Nach Ihrer Schilderung wird die zuständige IHK-Kammer - die Sie informieren sollten - die künftige Gutachtertätigkeit unterbinden. Die Richterin wird das Gutachten als unbrauchbar einstufen und ansonsten (wahrscheinlich) wenig unternehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle
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