Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich möchte sie auf der Grundlage Ihrer Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
Das Hessische Hochschulgesetz ist meines Erachtens in Ihrem Fall anwendbar. Dies ist wie folgt zu begründen:
In dem von Ihnen zitierten §2 des Gesetzes ist Ihre Hochschule (naturgemäß) nicht enthalten, da es sich bei dieser um eine private Hochschule handelt. Der besagte Paragraph zählt aber nur die (staatlichen) "Hochschulen des Landes" auf.
Daraus allein ergibt sich die Unanwendbarkeit des Gesetzes auf private Hochschulen jedoch nicht.
Im Gegenteil spricht das Gesetz im 10. Abschnitt von "Nichtstaatlichen Hochschulen" und bezieht diese in den Anwendungsbereich mit ein. In §91 Abs. 1 HessHochschulG ist vorgeschrieben, dass zwingend zum Betrieb einer privaten Hochschule eine staatliche Anerkennung einzuholen ist. §91 Abs. 2 HessHochschulG regelt die Anerkennungsvoraussetzungen und bestimmt in Nr. 3, dass "die Angehörigen der Einrichtung an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken" müssen.
Ferner erklärt der §93 die §§26-72 für entsprechend anwendbar und gibt dafür Maßgaben vor, was die Bezeichnung von Professuren angeht.
Aus diesen Gründen, ist festzustellen, dass der §27 HessHochschulG auch auf private Hochschulen anwendbar ist.
Ob der Tatbestand des §27 (insbesondere eine "Täschung") vorliegt, kann ohne Einsicht in die gesamten Experimente, ohne eine Gesamtschau der wissenschaftlichen Leistung und ohne Einsicht und Studium der gesamten Prüfungsunterlagen , unmöglich seriös beurteilt werden. Es ist jedoch zu sagen, dass die Gerichte den Begriff der Täuschung weit auslegen und fürgewöhnlich streng (zum Nachteil der Prüfungskandiaten) urteilen.
Ob Ihre Hochschule bei eventueller Kenntniserlangung tätig werden und eine Entziehung vornehmen würde, kann auch nicht vorhergesehen werden. Möglich wäre es allemal.
Ich hoffe, Ihnen durch diese Antwort eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben. Leider kann ich Ihnen bei dieser Sach- und Rechtslage keine günstigere Auskunft erteilen.
Über eine positive Bewertung würde ich mich dennoch freuen.
Für eine weitere Beauftragung stehe ich gerne zur Verfügung. Sollten Unklarheiten bestehen, bitte ich Sie, die kostenlose Nachfragefunktion in Anspruch nehmen.
An dieser Stelle möchte ich mir noch den Hinweis erlauben, dass die rechtliche Einschätzung ausschließlich auf den von Ihnen mitgeteilten Tatsachen beruht und dass durch das Hinzufügen oder Weglassen von weiteren tatsächlichen Angaben die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen kann.
Auch aus diesem Grunde, kann und soll diese Plattform eine umfassende Begutachtung durch eine Kollegen vor Ort nicht ersetzen, sondern lediglich eine erste Orientierung bieten.
Mit freundlichen Grüßen
Kerem E. Türker
Rechtsanwalt
Vielen Dank für die hilfreiche Anwort, mir ist jedoch noch ein Punkt unklar.
Wörtlich heißt es in §93: Die §§ 26 und 72 sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden. Für mich bedeutet es, dass nur §26 und 72 gültig sind oder liege ich da falsch?
Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage:
Es ist so, dass der §93 HessHochschulG eine Maßgabe für die Anwendung der §§ 26 und 72 vorgibt. Diese Maßgabe bezieht sich auf die Bezeichnung von außerplanmäßigen Professuren angeht.
Daraus kann meines Erachtens nicht geschlossen werden, dass nur diese beiden Paragraphen auf private Hochschulen Anwendung finden und die anderen nicht.
Gute Argumente sprechen eher für eine gegenteilige Auffassung. Wenn die §§ 26 und 72 per se unanwendbar wären, dann bedürfte es einer Modifikation durch §93 nicht. Der Gesetzgeber geht vielmehr davon aus, dass das Gesetz als Ganzes auf alle Hochschulen, sowohl auf staatliche, als auch auf nichtstaatliche Anwendung findet. So spricht es in §3 von den "Aufgaben aller Hochschulen". Der §91 Abs. 2 Nr. 1 und 3 sprechen auch eher dafür, dass das Gesetz auf private Hochschulen Anwendung finden soll.
Daher komme ich zu dem Ergebnis, dass §27 in Ihrem Fall anwendbar ist.
Allerdings ist es natürlich empfehlenswert und Ihr gutes Recht, dass Sie sich, wenn es denn erforderlich wird, auf eine andere Rechtsauffassung berufen und diese versuchen durchzusetzen. Das Gesetz ist zugegebenermaßen nicht ganz eindeutig. Man kann durchaus von einer Lücke sprechen, die es durch Auslegung zu füllen gilt, sofern in Ihrer Prüfungs- und Studienordnung sich tatsächlich keine Regelung oder Verweis befindet.
Da es sich bei der Rechtsanwendung und -auslegung nicht um eine exakte Wissenschaft handelt, ist es durchaus möglich, dass andere Juristen zu einer anderen Beurteilung kommen können.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Kerem E. Türker
Rechtsanwalt