Zwischenfinanzierung von Heimpflegekosten bei hochbetagtem Ehepaar mit Eigenheim

| 11. April 2016 11:27 |
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Sozialversicherungsrecht


Beantwortet von

Meine Eltern (Vater 93, Mutter 80) wohnen seit 50 Jahren in einem selbstgenutzten Enfamilienhaus. Weiteres Vermoegen ist nicht vorhanden. Mein Vater leidet an schwerer Demenz und wird von meiner Mutter zu Haus gepflegt. Drei mal pro Woche kommt ein Pflegedienst. Pflegestufe 3 ist beantragt (derzeit Stufe 2)

Nun ist es absehbar, dass mittelfristig eine Pflege zu Hause nicht mehr moeglich ist. Die Fragestellung betrifft die Finanzierungsmoeglichkeiten, falls aufgrund des Zustandes meines Vaters (oder Erkrankung meiner Mutter) eine haeusliche Pflege nicht mehr moeglich sein sollte, und die Aufnahme meines Vaters in ein Pflegeheim erforderlich wird. Dabei ist zu beruecksichtigen, dass auch fuer den Fall, dass meine Mutter spaeter pflegebeduerftig werden sollte, genug Ruecklagen verbleiben, damit auch sie angemessen versorgt werden kann, insbesondere, weil in diesem Fall keine haeusliche Pflege moeglich sein wird, da ich und meine Kinder im Ausland wohnen.

Ihre Deckungsluecke waere vermutlich noch hoeher, da sie ja nur noch ueber den "Witwenteil" der Pension verfuegen koennte, und keine eigenen Rentenansprueche hat.

Weder meine Kinder noch ich sind auf absehbare Zeit in der Lage, finanziell Unterstutzung zu leisten.

Die voraussichtliche Deckungsluecke zwischen der Pension und den Kosten eines ordentlichen Pflegeheims fuer meinen Vater liegt bei ca. 2500 – 3500 Euro.

Die naechstliegende Loesung, Finanzierung ueber eine Hypothek auf das Haus, entfaellt, weil die Banken aufgrund des Lebensalters meiner Eltern keinen Kredit mehr bewilligen. Einen Verkauf moechten wir, neben emotionalen Gruenden, ebenfalls vermeiden, da aufgrund der Unsicherheiten mit der Stabilitaet des Euro das bestehende Vermoegen derzeit in einem Eigenheim vermutlich besser aufgehoben ist als auf einem Bankkonto.

Das Haus ist zu gross, um unter den "Bestandsschutz" zu fallen, wenn meine Mutter dort allein wohnen wuerde.

Ein "Zwangs- oder Notverkauf" und die damit verbundene Verschleuderung der Immobilie soll auf jeden Fall vermieden werden.

Eine elegante Loesung koennte darin bestehen, wenn die zustaendigen Sozialbehoerden die Deckungsluecke zu bankueblichen Konditionen vor- oder zwischenfinanzieren, und ueber eine (idealerweise endfaellinge) Hypothek absichern wuerden. Das wuerde ihr quasi das Darlehen geben, das die Bsnken nicht mehr einraeumen wollen.

Frage:

Welches Vorgehen empfehlen Sie in dieser Situation? Der Planungszeitraum umfasst ca. 15 – 20 Jahre (beide Eltern kommen aus langlebigen Linien).

Wichtig ist, nicht nur die Pflege meinesVaters sicherzustellen, sondern auch genug Reserven zu belassen, damit meine Mutter ebenfalls fuer Ihr hohes Alter und eventuellen Pflegebedarf abgesichert ist.

Ebenfalls zu bedenken ist der hypothetische Fall, das beide Eltern spaeter zugleich pflegebeduerftig sein koennten.

Welche Gestaltungsmoeglichkeiten gibt es? Kann meine Mutter ggf. gezwungen werden, das Haus zu veschleudern, wenn mein Vater ins Heim muss? Sollte sie also zur Vermoegenssicherung das Haus schnellstmoeglich verkaufen, um nicht in eine Art Zwangsverkauf gezwungen zu werden? Und das Risiko der Geldentwertung dafuer eingehen?

Oder gibt es irgendeine Moeglichkeit, die Deckungsluecke – ggf. ueber eine staatliche Stelle – mit einem Darlehen zu finanzieren? Wie gesagt, Banken scheiden als Finanzierungsquelle wegen des Alters meiner Eltern aus. Oder gibt es noch eine bessere Moeglichkeit, an die ich nicht gedacht habe?
11. April 2016 | 14:22

Antwort

von


(2984)
Damm 2
26135 Oldenburg
Tel: 0441 26 7 26
Web: https://WWW.RA-BOHLE.DE
E-Mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
Sehr geehrte Ratsuchende,

so sehr Ihr Problem nachvollziehen kann, wird es keine adäquate Lösung geben.

Dazu folgender Hintergrund:

Sofern für Ihren Vater ein Heimaufenthalt notwendig wird, ist dieser neben den Leistungen aus der Pflegeversicherung mit eigenen Einkünften zu decken. Das ist nach Ihrer Darstellung nicht der Fall, so dass ergänzend die Sozialleistungen beantragt werden müssen.

Da weder die Mutter, noch Sie und Ihre Kinder zu Leistungen verpflichtet werden können, weil eine Leistungsfähigkeit nicht gegeben ist, wird der Sozialhilfeträge die Leistungen auch unabhängig davon erbringen.

Die dann von der Mutter genutzte Immobilie ist sozialhilferechtlich geschützt und muss nicht verwertet werden.

Dazu führen Sie aber auch aus, dass diese „zu groß" sei. Das ist natürlich näher zu klären. Dazu ist aber auch auszuführen, dass eine Immobilie, die als angemessen anzusehen ist, wenn beide Ehegatte dort wohnen, diesen Status nicht verliert, wenn ein Ehegatte ins Heim muss.

Muss die Mutter das Haus auch verlassen, wird eine Gewährung von einer wirtschaftlichen Verwertung des Hauses abhängen können. Neben der Veräußerung, die Sie ja unbedingt vermieden möchten, kann noch an eine Vermietung gedacht werden.

Diese Mieteinnahmen können dann zur anteiligen Deckung genutzt werden und für den weiteren ungedeckten Teil könnte dann die angedachte Möglichkeit der Leistungsgewährung als Darlehen greifen. Es sollte in diesem Fall mit dem Leistungsträger das Gespräch gesucht werden.

Bei dieser Variante müssen Sie aber bedenken, dass im Falle des Ablebens Ihrer Mutter das Darlehen fällig werden wird und beglichen werden muss, weil dieses Darlehen auch von Ihnen als Erbin zurückgefordert werden kann.

Wegen der dinglichen Sicherung kann dann auch die Zwangsversteigerung betrieben werden.

Sollte hingegen der Sozialhilfeträger ein Darlehen nicht für erforderlich erachten, wird im Falle des Ablebens Ihrer Mutter oder des Vaters der Sozialhilfeträger Leistungen der letzten 10 Jahre von den Erben zurückfordern können. Sind Sie Erbin werden Sie Zahlungen leisten müssen; können Sie diese nicht leisten, wird es zu einer Veräußerung des Hauses kommen können.

Mir ist schon bewusst, dass Sie eine andere Antwort gewünscht haben; aber eine verlässliche Möglichkeit der Zwischenfinanzierung gibt es nicht

Ich hoffe aber dennoch, dass Ihnen meine aufgezeigte Möglichkeit geholfen hat.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle, Oldenburg


Rückfrage vom Fragesteller 12. April 2016 | 20:24

Sehr geehrte Frau Treu-Bohle,

ganz herzlichen Dank fuer die sehr kompetente und hilfreiche Antwort. Ich habe noch die Bitte um Praezisierung von zwei Details Ihrer Antwort:

Angemessenheit: Das Haus meiner Eltern ist ca. 157 qm (Wohnflaeche) gross, wobei mein Vater als kriegsversehrter Schwerbehinderter (100%) ein Anrecht auf eine erhoehte Wohnflaeche hat (? - ich glaube das zumindest gehoert zu haben). Gilt das also nch als angemessen? Koennte Schlimmeres verhindert werden, falls ich mich notfalls dort mit einem Zweitwohnsitz anmelden wuerde? Z.B., um meiner Mutter mit dem Haushalt zur Hand zu gehen? Wuerde ggf. kobtinuierlich ueberprueft, wie oft ich mich dort wirklich aufhalte?

Darlehen: habe ich Sie richtig verstanden, dass ein Darlehen fuer die Pflegekosten vom Sozialamt gewaehrt wuerde? Erfolgt das zu bankueblchen Konditionen (Stichwort: Nierdigzinsen)? Sollten beide Eltern verstorben sein und das Darlehen faellig gestellt werden, wie lange bleibt uns, um das Haus zu verkaufen?

Es geht weder mir noch meinen Kindern ums Erben, wenn die Eltern so lange leben, dass das Haus verzehrt wird, dann ist es eben so. Ich moeche nur verhindern, dass man am Schluss mglw. ein Haus im Wert von 300.000 Euro wegen einer Hypothek von, sagen wir 100.000, zu 150.000 Euro verschleudern muss, weil der Darlehensgeber keine angemessenee Frist fuer den Verkauf einraeumt.

Was sind hier Ihre Erfahrungswerte?

Ganz herzlichen Dank noch einmal, auch im Namen meiner Mutter.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 12. April 2016 | 21:51

Sehr geehrte Ratsuchende,

das Haus wird in Anbetracht der Schwerbehinderung als angemessen anzusehen sein. Es wird daher diesen Staus auch nicht verlieren, wenn der Vater ins Heim muss.

Von einer reinen Anmeldung muss ich Ihnen abraten, da dieses auch strafrechtlich relevant sein kann.

Unter Umständen könnte aber daran gedacht werden, eine Haushaltshilfe und zugleich Pflegerin im Haus aufzunehmen, damit Ihre Mutter dort bleiben kann. Auch hierfür könnten unter Umständen Leistungen aus der Pflegekasse beantragt werden, was zu gegebener Zeit geprüft werden müsste.

Eine Darlehnsgewährung auch durch das Sozialamt ist durchaus möglich, allerdings wird hier der lange Zeitraum zu berücksichtigen sein; letztlich wird es auf den konkreten Zeitpunkt ankommen. Eine Darlehensgewährung erfolgt in der Regel ohne Zinsen.

Für eine Verwertung wird eine angemessene Frist für einen Verkauf gesetzt werden wird. Das gilt sowohl von Seiten des Sozialamts, als auch von anderen Gläubigern. Eine Sicherheit besteht jedoch nicht. Inbesondere im Erbfall verlangt das Sozialamt die Rückzahlung.

Mit Verhandlungen wird eine angemessene Zeit gewährt werden, so dass das Haus nicht verschleudert werden muss.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin

Syvia True-Bohle, Oldenburg

Bewertung des Fragestellers 14. April 2016 | 15:17

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