Antwort
vonRechtsanwalt Valentin Becker
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gerne gehe ich auf Ihre Fragen wie folgt ein:
1. Kann ich wegen der fehlenden Berechtigung in der Vereinbarung die Betriebskostenpauschale nie wieder anpassen?
Die Anpassung einer Betriebskostenpauschale ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Nach § 560 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Vermieter Erhöhungen der Betriebskosten durch Erklärung in Textform auf den Mieter umlegen, sofern dies im Mietvertrag oder in einer ergänzenden Vereinbarung ausdrücklich geregelt ist. In Ihrem Fall scheint diese Regelung in der Vereinbarung von 2016 nicht enthalten zu sein. Das bedeutet:
Ohne eine explizite Vereinbarung zur Anpassung der Pauschale sind Sie nicht berechtigt, diese nachträglich zu erhöhen.
Da die Betriebskostenpauschale eine Pauschale ist (also unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch oder Kostensteigerungen gezahlt wird), ist eine Erhöhung ohne ausdrückliche vertragliche Grundlage ausgeschlossen. Dies unterscheidet sich von einer Betriebskostenvorauszahlung, bei der jährliche Abrechnungen und Anpassungen möglich sind.
Wenn Sie die Betriebskostenpauschale anpassen möchten, könnten Sie versuchen, mit dem Mieter eine neue Vereinbarung abzuschließen, die eine Anpassung der Betriebskostenpauschale bei gestiegenen Kosten ermöglicht. Allerdings ist der Mieter nicht verpflichtet, einer solchen Änderung zuzustimmen.
Alternativ könnten Sie in Betracht ziehen, die Betriebskostenpauschale in Zukunft wieder in eine Betriebskostenvorauszahlung umzuwandeln. Auch hierfür ist jedoch die Zustimmung des Mieters notwendig.
2. Kann ich nach der Abtrennung der 60 qm großen Terrasse, die jetzt ausschließlich zur Wohnung gehört, die Wohnfläche der Wohnung anpassen?
Die Anpassung der Wohnfläche aufgrund von Veränderungen in der Nutzung ist grundsätzlich möglich. Allerdings gibt es hierbei mehrere rechtliche Aspekte zu berücksichtigen:
a) Berechnung der Terrassenfläche in der Wohnfläche
Nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV), die seit dem 01.01.2004 gilt, wird eine Terrasse bei der Wohnflächenberechnung zu 25 % bis maximal 50 % angerechnet, je nachdem, wie nutzbar und hochwertig sie ist. Da der Mietvertrag bereits 1999 geschlossen wurde, gelten für die Berechnung allerdings die damals gültigen Regelungen:
Bezüglich der Gültigkeit der Zweiten Berechnungsverordnung hat der Bundesgerichtshof (BGH) nämlich in einem Urteil von 2009 festgelegt, dass bei Mietverträgen, die vor dem 01.01.2004 geschlossen wurden, für die Wohnflächenberechnung einer Terrasse die DIN 283 oder die II. BV heranzuziehen sind (VIII ZR 86/08), wonach die Terrassen- und Balkonflächen bis zu 50 % in Ansatz gebracht werden dürfen. (hierzu BGH: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=909dc1622d51a4f4c901e59b9c838e42&nr=48120&pos=0&anz=1).
Dies gilt allerdings nicht, wenn diese Flächen ortsüblich niedriger angesetzt werden. Gibt es im Mietvertrag keine gesonderte Regelung dazu, haben laut BGH „ortsübliche Berechnungsweisen den Vorrang"
Da Ihr Mietvertrag ab dem 01.01.2000 gilt, dürfte hier ebenfalls der Ansatz von 50 % der Terrassenfläche greifen.
b) Änderung der Wohnfläche im laufenden Mietverhältnis
Eine Änderung der Wohnfläche könnte Auswirkungen auf die Miete haben. Laut § 558 BGB (Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete) können Sie eine Mieterhöhung auf Basis der geänderten Wohnfläche vornehmen. Voraussetzungen hierfür sind:
Die Terrasse ist nun ausschließlich dem Erdgeschoss-Mieter zugeordnet und wird nicht mehr von anderen Mietparteien genutzt (dies scheint nach Ihrer Beschreibung der Fall zu sein).
Eine Anpassung der Miete aufgrund der veränderten Wohnfläche ist zulässig, sofern die geänderte Fläche einen Einfluss auf die ortsübliche Vergleichsmiete hat.
c) Berechnungsgrundlage für die neue Miete
Die neue Miete könnte wie folgt berechnet werden:
Wohnfläche neu berechnen:
Ursprüngliche Wohnfläche: 80 qm.
Terrasse: 60 qm × 50 % = 30 qm.
Neue Wohnfläche: 80 qm + 30 qm = 110 qm.
Ortsübliche Vergleichsmiete anwenden:
Sie könnten die Miete auf Basis des aktuellen Mietspiegels für eine 110 qm große Wohnung ermitteln.
Alternativ könnte die bestehende Kaltmiete (pro qm) auf die neue Fläche umgelegt werden. Beispiel:
Bisheriger Kaltmietpreis: (aktuelle Monatsmiete / 80 qm).
Neue Miete: (Kaltmietpreis pro qm × 110 qm).
d) Einschränkungen bei der Mieterhöhung
Nach § 558 Abs. 3 BGB darf eine Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren die Kappungsgrenze (15 % oder 20 %, je nach Region) nicht überschreiten.
Außerdem muss die Mieterhöhung schriftlich begründet werden (z. B. durch Verweis auf den Mietspiegel und die geänderte Wohnfläche).
e) Hinweis auf Bestandsmietverträge
Bei Bestandsmietverträgen, die vor 2004 abgeschlossen wurden, kann es sein, dass die ursprüngliche Wohnfläche im Vertrag als bindend angesehen wird. Eine Anpassung der Wohnfläche ist dann nur möglich, wenn der Mietvertrag keine andere Regelung enthält und die Änderung sachlich begründet ist (sprich wenn diese Flächen ortsüblich niedriger angesetzt werden. Gibt es im Mietvertrag keine gesonderte Regelung dazu, haben laut BGH „ortsübliche Berechnungsweisen den Vorrang").
Viele Grüße
Hallo und vielen Dank für die schnelle und kompetente Antwort.
zu Ihrer Antwort habe ich die folgende Rückfrage:
Sie schreiben unter 2 d, dass die Kappungsgrenze zu beachten ist.
Wenn sich die Wohnfläche um 30qm vergrössert wird der neue Mietpreis bei Beibehaltung der alten Miete pro qm, aber um mehr als 20% teurer, fällt das dann auch unter die Kappungsgrenze?
und
unter 2e ist der Hinweis zur bindenden Wohnfläche:
Im Mietvertrag steht... "die Wohnung besteht aus 3 Zimmer .... 1 Terrasse. Die Wohnfläche wird mit 80qm vereinbart. "
Ist das die Situation in der die Wohnfläche im Vertrag als bindend angesehen wird? und gilt das auch dann noch wenn sich die Nutzungssituation der Terrasse wie bei mir geändert hat?
Wie erfahre ich ob in meiner Stadt die Terrassen ortsüblich, auch bei Verträgen vor 2004 mit 25% statt 50% angesetzt werden?
Vielen Dank
Mit freundlichem Gruß aus Remscheid
Gerne!
Nachfolgend meine Antworten auf Ihre Rückfragen:
Fällt die Kappungsgrenze auch bei einer Vergrößerung der Wohnfläche um 30 qm (z. B. durch die Terrasse)?
Ja, die Kappungsgrenze gilt auch dann, wenn sich die Wohnfläche ändert. Das bedeutet, dass die Miete nicht um mehr als 15 % oder 20 % innerhalb von drei Jahren erhöht werden darf – selbst wenn die neue Wohnfläche rechnerisch eine höhere Miete rechtfertigen würde.
Die Kappungsgrenze könnte allenfalls dann irrelevant sein, wenn es sich um eine Neuvereinbarung der Miete handelt (z. B. durch eine einvernehmliche Vertragsänderung mit dem Mieter).
Ist die Wohnfläche im Mietvertrag bindend, wenn sie ausdrücklich mit 80 qm vereinbart wurde?
Ja, wenn im Mietvertrag die Wohnfläche ausdrücklich mit 80 qm angegeben wurde, könnte diese als bindend angesehen werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine im Mietvertrag vereinbarte Wohnfläche in der Regel verbindlich ist – auch wenn die tatsächliche Wohnfläche abweicht.
Eine Anpassung der Wohnfläche könnte wiederum zulässig sein, wenn sich die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse grundlegend ändern, wie in Ihrem Fall mit der Terrasse. Da die Terrasse nun ausschließlich zur Wohnung gehört, könnte dies eine sachliche Begründung für die Anpassung der Wohnfläche darstellen.
Wie erfahre ich, ob in meiner Stadt Terrassen ortsüblich auch bei Verträgen vor 2004 mit 25 % statt 50 % angesetzt werden?
Die ortsübliche Anrechnung von Terrassenflächen können Sie über den örtlichen Mietspiegel in Erfahrung bringen, ob konkret Angaben zur Anrechnung von Terrassenflächen enthalten sind.
Bitte bringen Sie das bei Ihrer Stadtverwaltung in Erfahrung: https://www.remscheid.de/vv/produkte/2.50/146380100000023192.php
Zusammenfassung der Kernpunkte:
Ohne eine entsprechende Vereinbarung können Sie diese nicht einseitig anpassen. Eine Umstellung auf Betriebskostenvorauszahlung ist nur mit Zustimmung des Mieters möglich.
Die Terrasse kann mit bis zu 50 % angerechnet werden, was eine neue Wohnfläche von 110 qm ergibt. Eine Mieterhöhung ist möglich, aber die Kappungsgrenze von 15 % bis 20 % ist zu beachten.
Die im Mietvertrag vereinbarte Wohnfläche von 80 qm ist grundsätzlich bindend, aber eine Änderung könnte aufgrund der neuen Nutzungsverhältnisse der Terrasse gerechtfertigt sein. Informationen hierzu finden Sie im Mietspiegel oder auch Vermietervereinen (Haus&Grund).
Beste Grüße