Musikschule

22. Juni 2010 15:35 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Hallo, seit 1995 wohne ich in einem gemieteten Haus, welches im Mietvertrag als Einzelhaus deklariert ist, obwohl es an ein ca. 50 Jahre altes Haus angebaut worden ist. Dieses Haus hat weder Garten noch Terrasse und ist vor 2,5 Jahren in der Tagespresse als
Haus OHNE Garten und Terrasse als Mietobekt angeboten worden.
Seit 2,5 Jahren wohnt und arbeitet dort ein Musiker, der zu jeder
Tageszeit (auch in den Abendstunden) Gitarrenunterricht gibt.
Der ständige Lärm infolge von ständigem Üben stört schon sehr, zumal es sich meist um Anfänger handelt und die Töne entsprechend falsch erklingen. Am Wochenende wird häufig mit
der eigenen Band bis weit nach 23:00 Uhr geübt - dieses auch mit
Verstärker. Meinen freundlichen Bitten auf Unterlassung der Ruhestörungen werden ignoriert.
Frage: inwieweit muss ich das akzeptieren?
Jetzt nach Rückkehr aus meinem Urlaub finde ich in meinem Eingangsbereich eine Gartengarnitur vor, da man diesen Bereich jetzt als Terrasse nutzt. Man grillt in nur1 m Abstand zu meinem
Küchenfenster und zu meiner Eingangstür - ohne Rücksicht auf dort stehende Pflanzen. Diese Nutzung ist angeblich vom Vermieter
genehmigt, obwohl ich ihm bereits im vergangenen Sommer die
Nutzung untersagt habe, da ich mich gestört fühle infolge von ausgetretenen Zigarettenkippen und Müll.
Bezüglich des Lärms habe ich dem Mieter erklärt, dass ich zu Hause arbeite und wegen des ständigen Lärms meine Tätigkeiten im Bereich Steuererklärungen, etc. nicht ordnungsgemäß ausüben kann. Antgwort: er arbeite schliesslich auch.
Frage: muss ich das akzeptieren?
Sehr geehrte Fragestellerin,

gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt.

Gemäß §§ 862, 1004 analog BGB hat der Mieter einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gegen den Störer seines Besitzes (Mietsache). Dieser Besitzstörungsanspruch ist auch auf die Abwehr von Immissionen wie Lärm und anderen Stoffen (Rauch, Gerüche, Dämpfe etc.) gerichtet.

Einschränkend gibt § 906 BGB aber vor, dass eine Störung insoweit nicht verboten werden kann, wenn sie die Benutzung des Grundstückes nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Der Grundgedanke dieser Norm ist es, dass aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis einfach gewisse Störungen zu dulden sind, da die Grundstücksnutzung sie mit sich bringt. Beispielhaft seien hier Kinder des Nachbarn genannt, die natürlicherweise mehr Lärm verursachen als dies bei Erwachsenen der Fall ist.

Die Einwirkungen Ihres Nachbars auf Ihre Mietsache sind im Grundsatz also verbietbare Einwirkungen, es sei denn es handelt sich nicht um wesentliche Beeinträchtigungen. Bei Lärm kann die Überschreitung von Grenz- und Richtwerten, wie der TA Lärm, ein Indiz für die Wesentlichkeit sein. Aber auch ohne Überschreitung der Grenzwerte ist bei Geräuschen unabhängig von deren Lautstärke vor allem auf die Lästigkeit abzustellen. Die Rechtsprechung zu diesem Themenbereichist vielfältig, da es eine Frage der richterlichen Würdigung ist, ob eine Wesentlichkeit vorliegt oder nicht.

Die Rechtsprechung stellt auf den verständigen Durchschnittsbenutzer des betroffenen Grundstückes in seiner durch Natur (also Wohnumfeld), Gestaltung (Isolierung, Einfach- oder Doppelverglasung) und Zweckbestimmung geprägten konkreten Beschaffenheit und nicht auf das subjektive Empfinden des Gestörten ab. Für ein Wohngrundstück ist letzlich maßgeblich ob das Wohnen an Annehmlichkeit verliert, oder sogar eine Wertbeeinträchtigung des gestörten Grundstückes vorliegt.

Nach diesen Grundsätzen ist auch Ihr Fall zu beurteilen. Nach Ihren Schilderungen spricht vieles dafür hier nicht mehr von einer nur unwesentlichen Beeinträchtigung auszugehen. Wenn ständig Musikunterricht gegeben wird, so ist dies schon bedeutend mehr als ein nur regelmäßiges Üben des Nachbarn für einen überschaubaren Zeitraum. Hinzu kommt die Bandprobe, die sicherlich auch nicht mehr unwesentlich ist. Sie solten die Belästigungen dokumentieren und ggfls. Zeugen mit ins Boot holen. Sie sollten des Weiteren den Vermieter auffordern, seinen Unterlassungsanspruch nach § 541 BGB geltend zu machen. In letzter Konsequenz müssten Sie klagen.

Hinsichtlich des Grillens geltend die gleichen Grundsätze. Wenn der Nachbar seine Grillveranstaltung auf dem von Ihnen gemieteten Grund durchführen sollte, so können Sie diesbezüglich sofort von Ihrem Hausrecht Gebrauch machen bzw. auch die Polizei einschalten.
Rückfrage vom Fragesteller 22. Juni 2010 | 19:26

Sehr geehrter Herr Meivogel,

vielen Dank für die zügige Beantwortung.
Bitte teilen Sie mir noch mit, ob ich wegen des ständigen
Musikunterrichtes eventuell Miete kürzen kann und ich welcher
Höhe. Ein entsprechendes Lärmprotokoll liegt vor.

Vielen Dank und freundlichen Gruß aus Hamburg

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Juni 2010 | 12:31

Abhängig von der Frage ob eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt wird man einen Mangel der zur Mietminderung berechtigt annehmen können. Es kommt nicht darauf an, ob der Vermieter den Mangel zu vertreten hat oder nicht.

Die Höhe der Minderung hängt entscheidend von der Stärke der Beeinträchtigung ab. Bitte beachten Sie, dass der Mangel dem Vermieter zunächst schriftlich anzuzeigen ist.

In vergleichbaren Fällen hat die Rechtsprechung Quoten von 5 bis 20 % als zulässig angesehen. Sie sollten nicht zuviel mindern, da sonst die Gefahr besteht, dass es zu Mietrückständen kommt.

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