23. März 2025
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11:24
Antwort
vonRechtsanwalt Raphael Fork
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vielen Dank für Ihre Anfrage , die ich Ihnen wie folgt beantworte:
Vorab möchte ich zunächst ein Grundverständnis dafür schaffen, um die Anforderung von Belegen überhaupt nachvollziehen zu können. Bürgergeldbezug findet nicht im rechtsfreien Raum statt, sondern es ist regelmäßig alles detailiert gesetzlich geregelt, hier vor allem in den sog. Sozialgesetzbüchern (hier besonders SGB II, SGB I + X).
Ausgangspunkt ist dabei zunächst § 20 SGB X, der wie folgt lautet:
[quote]§ 20 Untersuchungsgrundsatz
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.
(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.[/quote]
Um hier also etwas prüfen zu können, nämlich die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers benötigt die Behörde Belege/Beweise.
Anspruchsgrundlage für das Anfordern von solchen Belegen ist § 60 SGB I, der dabei regelmäßig auch von der Behörde zitiert wird, also konkret
[quote]§ 60 Angabe von Tatsachen
(1) [b]Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat[/b]
1.
alle Tatsachen anzugeben, [b]die für die Leistung erheblich sind[/b], und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.
(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.[/quote]
[b]Diese "Leistungserheblichkeit" ist das maßgebliche Kriterium einer jeden Anforderung durch das Jobcenter.[/b] Fordert das Jobcenter ewas leistungsunerhebliches an, so darf man dieses verweigern und wird regelmäßig auch deswegen mit Rechtsmitteln (Widerspruch/ggf. Klage) Erfolg haben.
Das Gegenteil ist der Fall, wenn, das Jobcenter etwas leistungserhebliches anfordert. Hier wird man nicht nur mit seinen Rechtsmitteln scheitern, man hat noch das weitere Problem des § 66 SGB I, wonach das Jobcenter den Antrag einfach nicht mehr weiter bearbeitet bis zur Vorlage der angeforderten Belege.
Wie Sie daran also sehen können, ergibt sich hier ein gewisses Spannungsfeld /(leistungserheblich/ nicht leistungserheblich) und Ihre aufgeworfenen Fragen sind mit Blick auf dieses Spannungsfeld zu beantworten.
Frage 1:
"mit welcher Begründung kann sich das Jobcenter auf Kapitalerträge im Jahr 2023 beziehen?"
Im Jahre 2023 wurden zwar keine Leistungen bezogen, weshalb auch keine Mitwirkungspflicht bestand und auch die unterlassene Angabe grundsätzlich nicht schädlich ist.
Grundsätzlich deswegen, weil es in 2023 Vermögen gegeben haben muss, welches Zinsen o.Ä. in Höhe von 508 € hervorbrachte. Dies möchte man nun aufklären, denn warum hatten Sie die Einnahmen nicht mehr in 2024 und besonders 2025, wie hoch war dieses Vermögen und was ist damit passiert.
[b]Diese Fragestellung kann durchaus dann leistungserheblich sein, wenn dieses Vermögen verschwendet oder verschwiegen worden wäre und es die Vermögensfreigrenzen überschreiten würde. Daher die Anfrage.
[/b]
Idealerweise findet sich dieses Kapitalerträge generierende Vermögen bereits in den Angaben zum Vermögen bei der Leistungsbeantragung, dann kann man darauf durchaus verweisen und dies kurz darlegen.
Wenn nicht sollte man kurz schildern, was da genau Kapitalerträge erzielt hat und was damit in der Folge passierte.
Gleiches gilt für den Komplex "Bausparvertrag". Hieran sieht man, dass die Anforderungen auch oftmals "ins Blaue hinein erfolgen", d.h. man sieht durch Datenabgleich, dass da mal etwas war, die genauen zeitlichen Abläufe und vor allem die Höhe des vermögens bleiben jedoch verborgen oder werden fälschlicherweise gedeutet ( Bausparvertrag als das Kapitalerträge generierende Vermögen vermutet). Kurze Aufklärung schafft da Abhilfe.
Frage 2:
" Was hat die Zahlung ALG I 01.10.2024 - 16.12.2024 mit der Zahlung des Bürgergelds ab 17.12.2024 zu tun?"
Es ist hier anzunehmen, dass die Zahlung in dem Monat erfolgt sein könnte, in dem ALG II (=Bürgergeld) bezogen wurde, also Dezember 2024, und dann würde § 11 III SGB II gelten, der wie folgt lautet:
[quote]§ 11 Zu berücksichtigendes Einkommen
(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.
(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.
(3) [b]Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.[/b][/quote]
[b]Das möchte man prüfen, denn Leistungserheblichkeit ergäbe sich bei einer Zahlung von ALG I im Monat Dezember 2024.
[/b]
Frage 3:
"Bürgergeld - für welchen Zeitraum dürfen Nachweise angefordert werden?...Für welchen Zeitraum darf das Jobcenter überhaupt Belege nachfordern?"
Solange wie sich die oben dargelegte Frage nach der Leistungserheblichkeit zuverlässig durch die Vorlage entsprechender Nachweise beantworten lässt, also durchaus innerhalb der Verjahrungsfristen ( 4 Jahre wg. § 50 IV SGB X).
Mit freundlichen Grüßen aus Dortmund
Raphael Fork
-Rechtsanwalt-
Rechtsanwalt Raphael Fork