Äußerungsbogen Beschuldigter

| 22. September 2015 18:10 |
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Verkehrsrecht


Hallo,
ich habe heute diesen Bogen bekommen und bin mir etwas unsicher.
Ich war auf einem Fest und haben nicht viel getrunken dachte ich. An dem Tag ahbe ich vorher noch Fußball gespielt weshalb ich wohl etwas dehydriert war und es umso mehr gewirkt hatte, es mir aber nicht so vorkam. Am Ende dieses Festes bin ich rauf aufs Fahrrad und wurde dann von der Polizei angehalten, weil sie meinte ich hätte fast einen Unfall gebaut, obwohl da kein Auto auf der Straße war ausser die Polizei hinter mir, wie ich anschließend bemerkte. Nunja. Pusten brachte 1,7 Promille und Bluttest 1,94 Promille. Nach dem Pusten war ich schon über den Wert erschrocken, doch dieses Schreiben erschreckt mich noch mehr. Ich bin klar schuldig, das streite ich nicht ab. Ich war noch nie auffällig geworden und habe keine Punkte in Flensburg. Mein Führungszeugnis ist ebenfalls sauber. Das war das erste mal. Die Schuldigkeit steht ausser Frage und ich überlege nun "Mit der Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße wäre ich einverstanden." anzukreuzen. Ich bin 30J, Student und habe ausser Bafög kein geregeltes Einkommen und auch kaum noch Erspartes, da fast alles fürs Studium draufging.

Welche zusätzlichen "Freiwilligen Angaben" sollten denn auch noch angegeben werden?

Sollte anschließend auf das Strafmaß gewartet werden und im Nachinein ein Anwalt einbezogen werden (habe ich so gelesen)? Der Fall schient ja klar zu sein und die Frage nach Schuldigkeit mehr als klar.

Daten:
Straftat: Trunkenheit im Verkehr (Par. 316 StGB)
Tatzeit: Sonntag, XX.07.2015, 22:12 Uhr
Ort: XXXXX Ort, Innenstadt, Straße

LG
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Zunächst einmal müssen Sie sich als Beschuldigter im Strafverfahren nicht äußern, wenn Sie das nicht wollen. In einem solch "deutlichen" Fall bietet es sich jedoch an, sich zu äußern, wenn dadurch das gesamte Verfahren abgekürzt werden kann. Ich gehe davon aus, dass die Anordnung zur Blutentnahme usw. ordnungsgemäß erfolgte.

Die Ihnen vorgeworfene Tat des § 316 StGB stellt unter Strafe, dass Sie ein Fahrzeug geführt haben (wozu auch Fahrräder gehören), obwohl Sie aufgrund des Alkoholkonsums nicht in der Lage waren, das Fahrzeug sicher zu führen (auf einen Beinah-Unfall kommt es bei diesem Tatvorwurf nicht an).

Da Sie mit dem Promillewert die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit für Radfahrer, welche grundsätzlich bei 1,6 Promille angesetzt wird, überschritten haben, kommt es hier auf den Nachweis von Fahrfehlern nicht mehr an.

Das Strafmaß kann aber dadurch milder ausfallen, dass man Ihnen nur Fahrlässigkeit und keinen Vorsatz vorwirft. Insoweit können Sie Ihre gesamten Schilderungen bzgl. des vorangegangenen Fußballspiels ruhig angeben. Sie sagen selbst, dass es Ihnen nicht so vorkam bzgl. der Alkoholisierung. Auch dies sollten Sie - sogar unbedingt - schildern. Denn hieraus lässt sich entnehmen, dass Sie selbst Ihre Fahruntüchtigkeit nicht erkannt haben, sodass man Ihnen nur Fahrlässigkeit vorwerfen kann.

Ich würde Ihnen hier empfehlen, eventuell gleich auf Ihre Einkommensverhältnisse hinzuweisen und diese evtl. zu belegen, sollten Sie mit dem Bafög ein geringeres Netto-Einkommen als 900 Euro haben. Liegt den Ermittlungsbehörden bzw. den Gerichten hierzu nichts vor, gehen diese grundsätzlich erst einmal von einem derartigen Netto-Einkommen aus und bemessen danach die Höhe des Tagessatzes (Einkommen geteilt durch 30), das entspräche einer Tagessatzhöhe von 30 Euro.
Liegt Ihr Einkommen darunter, würde die Höhe des Tagessatzes entsprechend niedriger ausfallen.

Ich würde an Ihrer Stelle daher Ihre Schilderungen ähnlich übernehmen und ausdrücklich klarstellen, dass Sie Ihre Fahruntüchtigkeit selbst nicht bemerkt haben bzw. sich selbst für fahrtüchtig hielten (formuliert in Ihren Worten).

Sollte Ihr Einkommen niedriger sein, ist es empfehlenswert, das gleich mit zu erwähnen, damit nicht ein zu hoher Tagessatz verhängt wird. Wenn Sie nichts machen, wird aller Voraussicht ein sogenannter Strafbefehl mit einer festgesetzten Geldstrafe ergehen.

Sie können dann selbstverständlich auch dagegen vorgehen und einen Einspruch einlegen (mit oder ohne Anwalt). Dann kommt es zu einem "normalen" Strafverfahren mit Hauptverhandlung. Bedenken Sie aber, dass hierdurch auch Gerichtskosten entstehen, die Sie aller Voraussicht nach ebenso zu tragen hätten wie die Kosten eines beauftragten Rechtsanwalts (der Tatvorwurf wurde durch die BAK bereits bestätigt, es geht nur noch um das Strafmaß).

Sollten Sie daher nicht über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, die bei einem fahrlässigen Tatvorwurf u.U. einspringen würde, würde ich Ihnen raten, soweit es geht, weitere Kosten zu vermeiden. Da Sie bisher keine Vorstrafen oder andere Auffälligkeiten haben, gehe ich davon aus, dass die Geldstrafe eher gering ausfallen wird.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Rückfrage vom Fragesteller 22. September 2015 | 19:13

Hallo,

ich danke Ihnen für diese hilfreiche und umfangreiche Antwort.
Muss ich nun auf dem Äußerungsbogen zwei Sachen ankreuzen? Also "Ich möchte mich äußern" & "Mit der Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße wäre ich einverstanden."?
Als Nachweiß für das Bafög reicht sicherlich ein Kontoauszug, oder?
Thema MPU: Könnte diese evtl. entfallen oder wird diese auf jedenfall angeordnet werden?

Danke nocheinmal für Ihre sehr gute Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. September 2015 | 09:37

Sehr geehrter Fragesteller,

richtig, Sie würden dann beides ankreuzen, denn Sie möchten sich zur Sache äußern und sind gleichzeitig mit der Einstellung des Verfahrens einverstanden.
Sie können entweder erst einmal nur Ihre Einkommensverhältnisse angeben, aber antürlich auch einen Nachweis mit einreichen.

Auf die Anordnung einer MPU sollten Sie sich einstellen, denn diese wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit angeordnet werden. Dies geschieht aber nicht durch das Gericht, sondern durch die Fahrerlaubnisbehörde. Gemäß § 13 Nr.2 c der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) muss diese Behörde die MPU sogar anordnen, wenn ein Fahrzeug (nicht nur Kraftfahrzeug, daher sind auch Fahrräder erfasst), mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr geführt wurde.
Die Begründung dafür ist, dass eine Alkoholfahrt auf dem Fahrrad mit einem so hohen Promillewert die Sicherheit des Straßenverkehrs ebenso beeinträchtigen kann wie die Alkoholfahrt mit einem Kraftfahrzeug.

Mit einer Entziehung der Fahrerlaubnis ist aber nicht zwingend zu rechnen. Hier soll die MPU in erster Linie die Frage klären, ob sich das mit einem Fahrrad gezeigte Verhalten auch auf das Führen von Kraftfahrzeugen auswirken kann. Kurz gesagt, ob die Gefahr besteht, dass Sie künftig auch ein Kfz unter Alkoholeinfluss führen.

Erfahrungsgemäß kann es einige Zeit dauern, bis die Fahrerlaubnisbehörde die Mitteilung bekommt und die Anordnung vornimmt.
Es empfiehlt sich daher, sich schon im Voraus an eine verkehrspsychologische Betreuung/Beratung zu wenden. Oftmals gibt es hier eine kostenlose Infostunde oder ähnliches, in welcher Sie sich informieren können, was genau auf Sie zukommt und Sie haben die Möglichkeit, sich schon im Voraus auf die Untersuchung vorzubereiten.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort erst einmal weitergeholfen zu haben !

Bewertung des Fragestellers 25. September 2015 | 10:38

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