Sehr geehrte Ratsuchender,
auf der Grundlage des von Ihnen angegebenen Sachverhalts beantworte ich Ihre Anfrage hiermit im Rahmen einer Erstberatung wie folgt:
Nach § 26 Abs. 5 SGB VII
ist dem Unfallversicherungsträger für Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Maßnahme und damit auch für deren Beginn ein Ermessensspielraum eingeräumt. Das bedeutet, dass ihrerseits diesbezüglich ein Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung dieses Ermessens besteht, § 39 Abs. 1 SGB I
. Die BG hat stets den Zweck des Ermessens zu berücksichtigen und sich mit den Besonderheiten des Einzelfalles auseinander zu setzen.
Dem Ermessen der BG steht das in § 9 SGB IX
verankerte Wunsch- und Wahlrecht des Betroffenen gegenüber. Nach § 9 Abs. 1 SGB IX
wird bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten (!) Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33 SGB I
.
Welche „Wünsche“ berechtigt im Sinne der Bestimmung sind, ist immer eine Entscheidung im konkreten Einzelfall. Es hat insbesondere eine Abwägung Ihrer persönlichen Interessen mit den allgemein durch die Sozialgesetzgebung verfolgten Interessen zu erfolgen. Die Sozialversicherungsträger haben aber immer das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten (§ 69 Abs. 2 SGB IV
). Das Wunsch- und Wahlrecht ist daher insbesondere durch den Einwand der unverhältnismäßigen Mehrkosten beschränkt.
Nach §§ 10
bis 13 SGB IX
sind die Rehabilitationsträger insoweit aber auch gehalten, dass die im Einzelfall erforderlichen Leistungen zur Teilhabe nahtlos, zügig sowie nach Gegenstand, Umfang und Ausführung einheitlich, d.h. „wie aus einer Hand“ erbracht werden (siehe hierzu auch im Einzelnen Gemeinsame Empfehlung
über die nahtlose, zügige und einheitliche Erbringung von Leistungen
zur Teilhabe nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 3
i.V.m. § 13 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 SGB IX
(Gemeinsame Empfehlung Einheitlichkeit / Nahtlosigkeit“) vom 22. März 2004 der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation – veröffentlicht im Internet).
Nach eigenen Angaben beziehen Sie Verletztengeld, sind aber „austherapiert“. Demnach bleibt also keine andere Möglichkeit, als entweder Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Reha-Leistungen) zu versuchen oder im schlimmsten Fall Rentenleistungen zu beantragen. Die Reha-Leistungen gehen der Rente aber grundsätzlich vor und auch das Verletztengeld als Sozialversicherungsleistung wird nur dann nach § 45 Abs. 2 SGB VII
nach Abschluss der Heilbehandlung weiter erbracht, wenn
1.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Reha-Maßnahme) erforderlich sind,
2.
diese Maßnahmen sich aus Gründen, die die Versicherten nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar an die Heilbehandlung anschließen.
Auch deshalb sollte nur bei im Hinblick auf die Zwecke und Ziele der Sozialversicherungsleistungen ihrerseits berechtigten Gründe Ihre Zustimmung verweigert werden. Jene Zustimmung ist immer erforderlich.
Natürlich ist es unbefriedigend, erst 2 Tage vor der Maßnahme hiervon zu erfahren und keinen wirklichen Plan der Rehabilitation erhalten zu haben. Andererseits ist Ihnen auch länger bekannt, dass die Heilbehandlung nicht fortzuführen ist. Das Wunsch- und Wahlrecht kann nur bei Mitwirkung oder Anfragen ihrerseits berücksichtigt werden. Ihre Rehabilitation und die nahtlose Folge von Heilbehandlung und Rehabilitation steht im Vordergrund und allein (!!) die kurzfristige Ankündigung oder das bevorstehende Weihnachtsfest können kein berechtigter Ablehnungsgrund sein.
Bitte beachten Sie, dass die Erstberatung in diesem Untermenü der Plattform keiner ausführlichen Prüfung einer Sach- und Rechtslage entsprechen kann.
Ich hoffe, Ihnen Ihre Fragen im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung hinreichend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwältin Britta Möhlenbrock
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