Auslesen von Passwörtern durch Nirsoft ohne Aufklärung im Firmensupport

| 4. Februar 2020 12:47 |
Preis: 48,00 € |

Datenschutzrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herrn,

Wir nutzen im Unternehmen eine Software unseres Dienstleisters, zu dem wir des öfteren Support in Anspruch nehmen. Dieser findet in der Regel telefonisch und per Remotedesktopverbindung via Teamviewer statt.
Ich hatte mein Passwort vergessen und wollte dieses in Erfahrung bringen bzw. zurücksetzen, um wieder Zugriff auf das System des Dienstleisters zu erhalten.
Dieser hat, ohne vorherige Aufklärung, eine Software heruntergeladen und ausgeführt, die alle gespeicherten Passwörter des Internet Explorers anzeigen kann. So erhielt der Supportmitarbeiter Einsicht auf alle gespeicherten Zugänge. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass dieses Vorgehen kein Einzelfall war; einer weiteren Mitarbeiterin wurde mit genau derselben Methode geholfen.
Ob diese Software nicht im Hintergrund die Zugänge weiterleitet kann m.E. nach nicht sichergestellt werden.
Ich habe deren Datenschutzbeauftragten diesbezüglich kontaktiert, dieser hat das ganze so relativiert, die Firma würde das immer so handhaben, um schneller und unkomplizierter zum Ziel zu kommen, also an das Passwort zu gelangen. Die Mitarbeiter werden zudem dazu angehalten, diese Daten vertraulich zu behandeln.
Ist dieses Vorgehen ein Verstoß, den wir als Grundlage für die Aufhebung des Vertragsverhältnisses (Sonderkündigungsrecht) zwischen den beiden Unternehmen nutzen können? Schließlich ist das Vertrauen in das Unternehmen durch diese Vorgehensweisen getrübt. Im StGB habe ich folgenden Paragraphen gefunden: StGB § 202a Ausspähen von Daten.
Ich freue mich über Ihre Einschätzung und bedanke mich im Voraus.

4. Februar 2020 | 18:04

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

auf Grundlage der durch Sie mitgeteilten Informationen beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Ihre Frage berührt nach meiner Einschätzung verschiedene rechtliche Ebenen.

Die von Ihnen bereits erwähnten §§ 202 a ff. StGB sind dabei nur einer von verschiedenen relevanten Aspekten.

Je nach Ausgestaltung der Nutzung durch Ihre Mitarbeiter sind u. U. auch private Daten der Mitarbeiter ausgelesen worden.

Die Verpflichtung der Mitarbeiter des Supportdienstleisters zur Verschwiegenheit ist eine Minimalmaßnahme, die auch unabhängig von der Arbeit mit personenbezogenen Daten oder gar Passwörtern üblicherweise zu ergreifen ist.

Insgesamt ist keine Rechtsgrundlage für das Auslesen der Passwörter ersichtlich, insbesondere auch eine Einwilligung scheidet aus, da nicht nur das gewünschte Paaswort sondern auch weitere Passwörter ausgelesen worden sind. Vertraglich vereinbart oder aus vertraglichen Gründen geboten war diese Vorgehensweise ebenfalls nicht.

Deshalb können Sie nach meiner Einschätzung den Vertrag nach Maßgabe von § 626 BGB fristlos aus wichtigem Grund kündigen.

Sie sollten außerdem prüfen, ob Sie Ihre Mitarbeiter darüber informieren müssen, dass gegebenenfalls ihre Passwörter ausgelesen wurden.

Mit freundlichen Grüßen


Rückfrage vom Fragesteller 4. Februar 2020 | 23:07

Sehr geehrte Frau Stadler,

vielen Dank für die schnelle und kompetente Antwort.

Verstehe ich Sie also richtig, dass das Auslesen der Passwörter nahezu verboten ist, weil es staatliche Handlungsanweisungen gibt, die den Umgang mit vergessenen Passwörtern regeln und das Auslesen von Passwörtern eben keiner Rechtsnorm entspricht?

Beste Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. Februar 2020 | 06:12

Sehr geehrter Fragesteller,

sehr gerne beantworte ich auch Ihre Nachfrage.

Das Datenschutzrecht ist geprägt durch ein sogenanntes "Verbot mit Erlaubnisvorbehalt". Das bedeutet, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten nur dann zulässig ist, wenn für die konkrete Verarbeitung ein Erlaubnistatbestand vorliegt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn eine Einwilligung vorliegt, im Rahmen der Durchführung eines Vertrages die Verarbeitung personenbezogener Daten erforderlich ist oder wenn ein berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung besteht. Vgl. Art. 6 Abs 1 und Art. 9 DSGVO .

Nach dem von Ihnen mitgeteilten Sachverhalt liegt eine solche Rechtsgrundlage für die Verarbeitung nicht vor.

Mir erscheint auch das Auslesen eines Passworts im Klartext über ein Tool für den Browser tatsächlich unsachgemäß, wenn das als IT Supportleistung anstelle eines Zurücksetzen des jeweiligen Passwortes angeboten wird.

Das wäre noch zusätzlich problematisch, soweit für die konkrete Wartungsleistung keine entsprechenden Vereinbarungen und Vorkehrungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Dienstleister getroffen wurden.

Insoweit sollte auch darüber nachgedacht werden, ob gegebenenfalls nach Art. 33 DSGVO aufgrund des unberechtigten Zugriffs auf die Passwörter eine Meldung gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde erfolgen muss. Darin könnte auch eine Datenschutzverletzung liegen, da der Dienstleister sich unbefugt Zugriff verschafft hat
Dazu wäre allerdings der Sachverhalt näher zu konkretisieren und bezüglich des Risikos für die betroffenen Personen zu bewerten. Diesbezüglich gibt es eine sehr kurze Frist von 72 Stunden ab Entdeckung einer etwaigen Datenschutzverletzung. Der von Ihnen mitgeteilte Sachverhalt lässt jedenfalls eine solche Prüfung und Bewertung des Sachverhalts geboten erscheinen, ist allerdings nicht umfassend genug um eine solche im Rahmen dieser Erstberatung vorzunehmen.

Für eine weitere gerichtliche und außergerichtliche Vertretung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 4. Februar 2020 | 23:16

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Frau Stadler hat schnell, sachlich und kompetent auf die Frage geantwortet.Dabei gab sie nicht nur eine präzise Antwort auf meine Frage, sondern bot darüberhinaus weiteren Input, um sich tiefergehendes Wissen anzueignen, um die Argumentation schlüssiger zu gestalten. Ich bin sehr zufrieden. Frau Stadler hat mir wirklich gut geholfen.

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 4. Februar 2020
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Frau Stadler hat schnell, sachlich und kompetent auf die Frage geantwortet.Dabei gab sie nicht nur eine präzise Antwort auf meine Frage, sondern bot darüberhinaus weiteren Input, um sich tiefergehendes Wissen anzueignen, um die Argumentation schlüssiger zu gestalten. Ich bin sehr zufrieden. Frau Stadler hat mir wirklich gut geholfen.


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