Krankenzusatzversicherung - Beginn vom Verischerungsfall

15. Oktober 2012 22:48 |
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Medizinrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt André Meyer

Guten Tag,

ich bin in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert und haben darüber hinaus eine Krankenhaus-Zusatzversicherung abgeschlossen. Es stellt sich für mich nun die Frage ob die Zusatzversicherung die Kosten der Operation (die nicht von der GKV getragen werden) aufkommt. Nach der OP fragt der Versicherer nach einer Kopie der Behandlungskartei; vollständigen Klinikentlassungsbericht und eine Kopie der Leistungsauskunft der gesetzlichen Krankenversicherung. Nunmehr gibt es folgenden zu beurteilenden Sachverhalt in Bezug auf die Zusatzversicherung:

Die Zusatzversicherung wurde am 22. Oktober in t1 abgeschlossen. Zuvor wurde am 15. Oktober t1 von einem Fachmediziner eine Diagnose gestellt, dass eine Operation notwendig sei. Nach einer Wartezeit von ca. 1,5 Jahren (nach Ende der Wartezeit – 6 Monate - des Versicherers) wurden erneut Untersuchungen angestellt. Dabei wurde von einem zweiten Fachmediziner die gleiche Diagnose gestellt. Im August t3 wurde die Operation durchgeführt.
Ich sehe daher den Beginn der Heilbehandlung und Vertragsabschluss in einem sehr dichten Zusammenhang.

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Auszug der AVB:
"Der Versicherungsschutz beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt (Versicherungsbeginn), jedoch nicht vor Abschluss des Versicherungsvertrages (insbesondere Zugang des Versicherungsscheines oder einer schriftlichen Annahmeerklärung) und nicht vor Ablauf von Wartezeiten. Für Versicherungsfälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind, wird nicht geleistet. Nach Abschluss des Versicherungsvertrages eingetretene Versicherungsfälle sind nur für den Teil von der Leistungspflicht ausgeschlossen, der in die Zeit vor Versicherungsbeginn oder in Wartezeiten fällt. Bei Vertragsänderungen gelten die Sätze 1 bis 3 für den hinzukommenden Teil des Versicherungsschutzes. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr besteht."
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----> Als Zwischenergebnis erachte ich die Leistungen für Versicherungsfälle ausgeschlossen die vor Vertragsbeginn eingetreten sind

Daher stellt sich m. E. die Frage nach dem Vertragsbeginn:

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Auszug aus den AVB:
"Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr besteht. Muss die Heilbehandlung auf eine Krankheit oder Unfallfolge ausgedehnt
werden, die mit der bisher behandelten nicht ursächlich zusammenhängt, so entsteht insoweit ein neuer Versicherungsfall."
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Demnach stellt sich die Frage ob die erste Untersuchung bereits den Versicherungsfall ausgelöst hat und bis zum Ende der Operation anhält oder ob durch die Unterbrechung erst der Versicherungsfall begonnen hat durch die zweite Untersuchung oder ob die Operation einen eigenständigen Versicherungsfall ausgelöst hat.

.. oder ist dies alles völlig unproblematisch und Versicherungsschutz besteht davon unabhängig?

Wer kann hier helfen?

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Nach den einschlägigen AVB

Unter Heilbehandlung wird jede ärztliche Tätigkeit zum Zwecke der Heilung, Besserung oder Linderung eines Leidens verstanden.

Nun erschöpft sich der Versicherungsfall in der Krankenversicherung in der Regel nicht in einem einmaligen Ereignis, sondern erstreckt sich typischerweise über einen langen Zeitraum.

Daher sind auch bereits diejenigen Maßnahmen unter den Begriff der Heilbehandlung zu fassen, die zur Erkennung der Krankheit (Diagnose) gehöhren. Grundsätzlich lag demnach zum 15. Okt., also vor Versicherungsbeginn und auch innerhalb der Wartefrist, ein Versicherungsfall vor.

Das Ende des Versicherungsfalls tritt erst ein, wenn nach objektiven medizinischen Befund die Behandlungsbedürftigkeit abgeschlossen ist.

Die Zeit zwischen Beginn und Ende Ihrer Heilbehandlung fällt somit sämtlich einem (!) Versicherungsfall zuzuordnen. Unterbrechungen der Behandlungen begründen keinen neuen Versicherungsfall.

Es bleibt folglich festzuhalten, dass der Versicherungsfall in die Zeit vor dem Vertragsschluss fällt. Für die nach Vertragsschluss fortgesetzte Behandlung besteht daher keine Leistungspflicht, obgleich ein langer Zeitraum dazwischen liegt.

Leider ist es so, dass der Zeitpunkt der ersten medizinischen Untersuchung in der Sache entscheidend ist und ich Ihnen daher keine für Sie günstigere Auskunft geben kann.

Nach dem mir zur Kenntnis gelangten Sachverhalt sehe ich auch keine Ansatzpunkte, die eine abweichende rechtliche Bewertung zuließen.

Ein solcher Ansatzpunkt wäre z.B. das Vorliegen eines sogenannten kumulativen Versicherungsfalls. Damit werden diejenigen Fälle bezeichnet, bei denen ein eigenständiges Krankheitsbild vorliegt. Auf Ihren Fall bezogen hieße das, dass die beiden Diagnosen zwar dasselbe Krankheitsbild beschreiben dürften. Aber unterschiedliche Ursachen zu demselben Krankheitsbild geführt haben müssten.
Dieser Fall liegt jedoch offenbar nicht vor.

Einzige verbliebene Möglichkeit erscheint mir, mögliche Ansprüche gegen das Krankenhaus bzw. den behandelnden Arzt zu prüfen; etwa wegen etwaigen Fehlens einer ordnungsgemäßen Honorarvereinbarung oder Unterlassen einer Aufklärung über die wirtschaftliche Bedeutung der Ehilbehandlung. Sollten Sie eine dahingehende Überprüfung wünschen, können Sie mich gerne unter der unten angegebenen E-Mail-Adresse kontaktieren.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
André Meyer, Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 17. Oktober 2012 | 19:44

Vielen Dank für die Beantwortung der Frage. Ist mein Verständnis zutreffend, dass die Antwort unabhängig davon ist, ob dem Versicherer die laufende Behandlung bekannt war oder nicht? Sprich, im Rahmen des Vertragsabschlusses gab es einen Gesundheitsfragebogen zu beantworten, im Rahmen dessen wurde dies aufgeführt.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 17. Oktober 2012 | 21:15

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihr Verständnis ist zutreffend. Die Kenntnis des Versicherers von dem Vorliegen der Behandlung bzw. des Versicherungsfalls ändert leider nichts an der Sache.

Der Versicherungsfall muss während der Laufzeit des Versicherungsvertrages eintreten. Anderenfalls läge eine Rückwärtsversicherung nach § 2 VVG vor (vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 2,3 MB/KK 2009). Diese müsste sich aber aus den Vertragsunterlagen oder dem Gesamtzusammenhang ergeben.

Sie schreiben, dass die Versicherung am 22. Okt. abgeschlossen wurde. Ich denke, dass damit der Zeitpunkt genannt ist, zu dem der Antrag von dem Versicherungsunternehmen angenommen wurde. Prüfen Sie also Ihre Unterlagen darauf hin, ob eine solche Rückwärtsversicherung vereinbart wurde. Achten Sie darauf, ab welchem Datum der Versicherungsschutz beginnen sollte. Liegt das Datum vor dem 15. Okt. fällt der Versicherungsfall in die Laufzeit des Vertrages.

Der Versicherungsschutze kann auch unabhängig von dem im Vertrag genannten Datum beginnen. Bestenfalls bereits zu dem Zeitpunkt der Antragstellung; nämlich dann, wenn in dem Antrag ein Datum genannt ist, an dem der Schutz beginnen sollte. Dies nahm jedenfalls das OLG Hamm mit Urteil vom 21.08.2002 (Az.: 20 U 24/02 ) an.

Hier sind allerdings auch die Wartefrist zu beachten, die bei Ihnen sechs Monate betrug. Daher bin ich nicht davon ausgegangen, dass die oben geschilderten Fälle bei Ihnen vorliegen.

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Dauer der Wartezeit an § 197 VVG zu messen ist. Vergleichen Sie daher anhand der dort genannten Fälle, ob bei Ihnen eine besondere Wartezeit in Betracht kommt. Nur dann durfte die Wartezeit drei Monate ubersteigen. Widerspricht die Wartezeit dem § 197 VVG könnte daraus die Unwirksamkeit der Wartezeit zu folgern sein.

Ich weise nochmals daraufhin, dass eine abschließende Beurteilung nur nach erfolgter Einsicht in alle Unterlagen erfolgen kann.

Die hier erfolgte Ersteinschätzung ist nicht geeignet, auf alle Eventualitäten die eine abweichende rechtliche Bewertung erlauben würden, umfassend einzugehen.

Ich hoffe, Ihnen mit den zusätzlichen Erläuterungen weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,

André Meyer




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