Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
unter Berücksichtigung der von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen möchte ich nachfolgend gerne die von Ihnen gestellte Anfrage beantworten.
Beachten Sie jedoch bitte, dass im Einzelfall weitergehende Informationen für eine fundiertere Einschätzung der Rechtslage erforderlich sein können und dass das Fehlen relevanter Informationen dazu führen kann, dass die Einschätzung unter Berücksichtigung solcher Informationen eine andere sein könnte. Auch kann diese Einschätzung in vielen Fällen ein persönliches Beratungsgespräch nicht ersetzen.
Bei der Beantwortung habe ich folgende Annahmen zugrunde gelegt:
Leider ist Ihre Schilderung nicht vollständig eindeutig. Ich gehe daher von Folgendem aus:
- Erblasser Müller ist 2020 verstorben.
- Erblasser Müller war damals bereits Erbe einer andere Person. Dies war jedoch noch nicht bekannt.
- Nunmehr, nach dem Tod von Müller und nach Verteilung des restlichen Nachlasses, wird dies bekannt.
Wenn der Sachverhalt ein anderer ist, nutzen Sie bitte die Rückfragefunktion.
Demzufolge stellt sich die Rechtslage wie folgt dar:
Gemäß dem Testament des Erblassers Müller sind dessen Erben weiterhin dessen Erben. Es gibt keinen Grund, warum dies anders sein sollte. Hypothetische Verläufe sind nicht zu berücksichtigen. Ob der Erblasser Müller das Testament in Kenntnis des ihm zufallenden Erbes also anders errichtet hätte, spielt keine Rolle. Auch gibt es keinen Grund, wieso hier ein Testament ungültig werden sollte.
In diesem Fall fällt das Erbe der anderen Person der Erbengemeinschaft als Rechtsnachfolgerin des Müller zu. Dieses muss dann nachträglich unter den Erben verteilt werden.
Wie die Erbengemeinschaft hiervon erfährt, kann schwerlich abstrakt beurteilt werden. Evtl. erfährt diese hiervon auch gar nicht. Werden Sie nötigenfalls im Rahmen einer Nachfrage bitte konkreter.
Ihre anderen Fragen sind leider etwas unverständlich, aber höchstwahrscheinlich mit "Nein" zu beantworten.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen bestmöglich geholfen zu haben und wünsche Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lenz
-Rechtsanwalt-
Antwort
vonRechtsanwalt Christian Lenz
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Rechtsanwalt Christian Lenz
Vielen Dank,
A.
Ich habe Sie so verstanden, dass ein Testament zeitlich und inhaltlich immer gültig ist.
Wenn nach der ersten Testamentseröffnung das Erbe verteilt ist, bleibt das Testament trotzdem weiterhin gültig.
Es ist nicht so wie bei einem Gewinnlos. Nach der Gewinnauszahlung wird das Gewinnlos ungültig. Es kann kein weiterer Gewinn nachkommen.
Ein gerichtlich hinterlegtes Testament bleibt weiterhin gültig und gerichtlich hinterlegt.
Aber, braucht es einen extra Passus (extra §). Eine Formulierung?
B.
Hier noch mit einer Beispiel Frageformulierung:
Angenommen im gerichtlich hinterlegten Testament steht:
…hiermit vererbe ich
mein Haus, Seestraße 3, 12345 Musterdorf mit gesamter Ausstattung und Inhalt und
mein Bankkonto 8765432 bei Geldbank
an meinen Neffen Vorname Nachname Geburtsdatum....
Der Testamentsersteller stirbt, das Testament wird eröffnet und der Neffe (Erbe) übernimmt Haus und Bankkonto.
Nach Jahren kommt auf den verstorbenen Testamentsersteller ein weiteres Erbe zu. Ein Aktienfond im Wert von 250.000,-€
Bekommt diesen Aktienfond der Neffe im Rahmen einer erneuten Testamentseröffnung übertragen?
Im Testament ja steht nichts von einem Aktienfond.
Oder braucht es dazu einen extra Passus im Testament, Zum Beispiel:
§ xy.
Dieses Testament gilt auch für alle zukünftigen mir zustehenden Vermögenswerte.
Dieses Testament gilt nach der ersten Eröffnung weiterhin unbegrenzt.
C.
Nach dieser Erklärung hier nochmals meine Frage:
Gilt ein Testament auch für Vermögenswerte die lange nach der ersten Eröffnung auf den Testamentsersteller (Erblasser) zukommen?
Was muss dazu beachtet werden? Zum Beispiel:
Muss dazu eine Formulierung ins Testament?
Muss das Testament weiterhin gerichtlich hinterlegt bleiben?
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Nachfrage, welche ich gerne beantworten möchte.
A.
Ein Testament bleibt - wenn es nicht zu Lebzeiten widerrufen worden ist o.Ä. - immer wirksam. Die Erben sind die Rechtsnachfolger des Erblassers. Sie erben sämtliches Vermögen des Erblassers, also alle Rechte und Pflichten, auch wenn diese erst viel später bekannt werden. Ein Testament ist etwas völlig anderes als ein Gewinnlos.
B.
Sie dürfen hier nichts Vermächtnisse mit einer Erbeinsetzung vermischen. Sofern der Neffe wirklich der Erbe (der Rechtsnachfolger) geworden ist - was ich mangels Kenntnis des gesamten Testaments nicht beurteilen kann, was aber i.d.R. dann so ist, wenn der Großteil der Vermögenswerte dieser Person zukommt und es keine andere ausdrückliche Erbeinsetzung gibt -, fällt ihm auch der Aktienfonds zu. Er erbt dann das gesamte Vermögen, ohne dass dieses im Testament genannt sein müsste. Sofern es um Vermächtnisse gehen sollte, wäre dies anders.
C.
Ja, das Testament gilt weiter.
Es muss nichts Bestimmtes beachtet werden.
Es bedarf keiner Formulierung im Testament.
Nein, das Testament wurde bereits eröffnet. Dies passiert auch nur einmalig (ausgenommen gemeinschaftliches Testament, weil es dort zwei Erblasser gibt).
Ich hoffe, ich konnte Ihre Nachfragen verständlich beantworten.
Freundliche Grüße
Christian Lenz