Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung wie folgt beantworte:
1. Haltefrist ist der Zeitraum, in dem die Ware, die Wertpapiere oder auch Bitcoins Ihrem Vermögen zuzurechnen sind. Sie also darüber verfügen können. Soweit Sie an einem bestimmten Datum eine Menge Bitcoins erwerben und Sie Bitcoins vor Ablauf von einem Jahr, seit dem Bestehen Ihrer Verfügungsgewalt darüber, veräußern oder als Gegenleistung für Ware oder Dienstleistung abgeben, so ist die Haltefrist von einem Jahr nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG
unterschritten. Hier müssten Sie dann die erwirtschafteten Gewinne oder/und Verluste ermitteln und ggf. steuerlich unter sonstige Einkünfte veranlagen.
Die Haltefrist wird bei einem Zukauf nicht unterbrochen. Leider ist die Antwort an den Herrn Schäffler seitens des Staatssekretärs sehr unbefriedigend. Die einzig sinnmachende Vorgehensweise zur Sicherstellung der gesetzlichen Voraussetzung für die Steuerbarkeit bzw. Steuerfreiheit eines solchen privaten Veräußerungsgeschäfts, ist das „first-in-fist-out"-Prinzip.
2. Ja nach den o.g. Aussagen ist Ihr Gewinn in Höhe von 3.800 Euro nach Ablauf der Haltefrist von einem Jahr am 21.09.2012 bzw. 01.11.2012 abgelaufen, soweit Sie nicht andere Verkäufe zwischen dem Kauf und dem o.g. jeweiligen Enddatum getätigt haben.
3. Nur steuerpflichtige private Veräußerungsgeschäfte sind in der Steuererklärung auf der Rückseite der Anlage SO aufzuführen. Sie müssen also nichts erklären. Bei einer eventuellen Steuerprüfung müssen Sie aber nachhalten können, dass hier Einkäufe und Verkäufe ein Jahr auseinander liegen. Sie sollten daher entsprechende stetige (unveränderbar) Aufzeichnungen aufbewahren.
4. Nein, Einkäufe von Waren sind generell nicht zu erklären. Jedoch siehe oben, sollte Sie eine geeignete Buchführung zum Nachweis, die gegen Änderungen geschützt ist, bei Bedarf vorhalten können.
5. Hier möchte ich auf meine andere Antwort zu dem Thema Bitcoin verweisen.
http://www.frag-einen-anwalt.de/Bitcoin---f228068.html
Bedenken Sie bitte, dass jede Ergänzung des Sachverhalts zu einer veränderten rechtlichen Beurteilung führen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Andreas Wehle
Wilhelmstr. 90
52070 Aachen
tel.: +49 (0)241 538 099 48
fax: +49 (0)241 538 099 489
email: info@rechtsanwalt-andreaswehle.de
web: www.rechtsanwalt-andreaswehle.de
Diese Antwort ist vom 08.11.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Hallo,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Ich möchte gerne noch etwas nachfragen, weil mir einiges nicht ganz schlüssig ist.
Zu Ihrer Antwort 3)
3.1)
Ich müsste meinen Gewinn von 3800 € also nicht in der Steuererklärung angeben. In wie fern ist der folgende Paragraph zu verstehen? Betrifft dieser mich?
"§ 23 Abs. 3 Satz 5 EStG Gewinne bleiben steuerfrei, wenn der aus den privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 600 Euro betragen hat."
3.2)
Ihr Zitat: "Sie sollten daher entsprechende stetige (unveränderbar) Aufzeichnungen aufbewahren".
Würde es ausreichen, wenn ich alle Kontoauszüge chronologisch abhefte und zu jedem Kauf bzw. Verkauf ein Screenshot von den Kauf- oder Verkaufdetails erstelle und beifüge?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen. Vielen Dank und viele Grüße,
Alexander
Sehr geehrter Fragesteller,
gern beantworte ich auch Ihre Nachfragen.
3.1) Bevor Sie zu der Regelung des § 23 Abs. 3 S. 5 EStG
kommen würden, bleibt fest zu stellen, ob es sich um ein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft handelt. Hierfür ist nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 oder
2 EStG zu beurteilen, ob ein Veräußerungsgeschäft nach Nr. 2 von anderen Wirtschaftsgütern (soweit nicht in Nr. 1 benannt) vorliegt, bei dem der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.
Da nach Ihrer Darstellung schon mehr als ein Jahr seit der Anschaffung der Bitcoins vorlag, endet hier die Prüfung zur Feststellung von steuerbaren sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 2 EStG
in Bezug auf diesen Vorgang.
Eine weitergehende Prüfung, ob ein Gewinn oder Verlust bei dem privaten Veräußerungsgeschäft erwirtschaftet wurde, erübrigt sich in diesem Falle.
Wäre dieser Schritt zu prüfen, müsste festgestellt werden, ob ein Gewinn erwirtschaftet wurde und ob dieser in der Summe mit allen anderen zu berücksichtigenden privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 S. 5 EStG
den Betrag von 600 Euro erreichen. Danach wäre ein insgesamter Gewinn bis zu 600 Euro im Kalenderjahr unbeachtlich. Ein Betrag bis zu dieser Grenze würde Ihren weiteren sonstigen Einkünften nicht hinzugezählt werden.
3.2) Leider gibt es diesbezüglich keine allumfassende rechtssichere Antwort.
Ich möchte diesbezüglich auf meine eigenen entsprechenden Vorsorgemaßnahmen verweisen. Grundsätzlich ist ein Screenshot möglich in Verbindung mit den Bankauszügen. Anstelle der Screenshots, die selten ein Datumsstempel tragen, konvertiere ich die betreffenden Seiten gern in eine PDF Datei. Diese trägt zumindest das am Rechner eingestellte Systemdatum und die Systemzeit.
Auch diese Vorgehensweise lässt immer noch Spielraum für Manipulationen, soweit jedoch die Aufzeichnungen in sich und in Verbindung mit den Kontoauszügen schlüssig erscheinen, sollten diese auch einer Prüfung durch das Finanzamt standhalten können.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen hinreichend ausführlich beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
RA Andreas Wehle