Guten Tag,
Auf ihre Frage zum baurechtlichen Bestandsschutz ist im Rahmen einer Erstberatung nach summarischer Prüfung folgendes zu sagen:
Bestandsschutz setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich voraus, dass das bestehende Bauwerk über einen nennenswerten Zeitraum formell oder materiell legal war. Dies ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Gebot des Eigentumsschutzes (Art. 14 Abs. 1 GG
), in das nicht ohne weiteres durch nachträgliche Rechtsänderungen eingegriffen werden darf. Der in Ihrem Fall relevante sog. passive Bestandsschutz bezieht sich auf die Erhaltung eines in rechtmäßiger Eigentumsausübung geschaffenen Bestands an Grundstücks- und Gebäudenutzungen. Gesetzlich festgeschrieben ist der passive Bestandsschutz in § 87 der nordrhein-westfälischen Landesbauordnung (BauO NRW). Danach darf eine Anpassung an das aktuelle geltende Bauordnungsrecht nur verlangt werden, wenn dies im Einzelfall wegen der Sicherheit für Leben oder Gesundheit ist. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um eine rechtmäßig bestehende bauliche Anlage handelt (§ 87 Abs. 1 BauO NRW). Da in Ihrem Fall die Fenster mit dem damals geltendem Recht nicht in Einklang waren, kommt also passiver Bestandsschutz nicht in Betracht.
Darüber hinaus ergibt sich auch grundsätzlich kein Bestandsschutz für eine schon seit langer Zeit bestehende, jedoch illegale Anlage. Allein aus der Tatsache, dass der ordnungswidrige Zustand erst später der Bauaufsichtsbehörde bekannt wurde, lässt sich keine schutzwürdige Position ableiten.
Leider ist Ihre Frage somit negativ zu beantworten: Es besteht in Ihrem Fall leider kein Bestandsschutz. Allerdings kann diese Einschätzung keine genaue Prüfung unter Einsicht in alle Unterlagen ersetzen, sie sollten also unbedingt einen Anwalt mit der genauen Prüfung beauftragen!
Ich hoffe, Ihnen einen Überblick über die Rechtslage gegeben zu haben. Bitte nutzen Sie die kostenfreie Nachfragefunktion, sofern noch Unklarheiten bestehen sollten!
Mit freundlichen Grüßen,
Rechtsanwalt Matthias Juhre.
Diese Antwort ist vom 18.04.2008 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Aufgrund Zeitdrucks sind die obigen Ausführungen etwas knapp geraten. Bitte erlauben Sie mir noch eine Ergänzung, die ich im Laufe des Tages online stellen werde! Danke für Ihr Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen,
Rechtsanwalt Matthias Juhre.
Ergänzung zu den obigen Ausführungen:
Die Illegalität im Rahmen des Bestandsschutzes will ich noch genauer erläutern: Wichtig ist die Unterscheidung zwischen materieller und formeller Illegalität. Formell illegal ist ein Bauvorhaben, für das eine notwendige Genehmigung nicht erteilt wurde. Materiell illegal ist ein Bauvorhaben, das nicht genehmigungsfähig ist, weil materiell-rechtliche Bauvorschriften entgegen stehen. In Ihrem Fall gehe ich davon aus, dass vor allem die Baugenehmigung fehlte. Das bedeutet zunächst nicht zwingend, dass kein Bestandsschutz gilt. Aus diesem Grund kann eine genauere Prüfung angezeigt sein, denn auch ein formell illegales Vorhaben kann Bestandsschutz genießen, wenn es über einen gewissen Zeitraum in der Vergangenheit materiell legal, also genehmigungsfähig, gewesen ist.
Allerdings ist zu beachten: Ein etwaiger Bestandsschutz geht jedenfalls dann verloren, wenn Funktion und Nutzung aufgegeben oder wesentlich geändert werden. In Ihrem Fall kann also bereits die Umstellung von gewerblicher Nutzung auf Nutzung als Wohnraum einer nachträglichen Legalisierung entgegen stehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat grundsätzlich entschieden, dass sich aus dem Bestandsschutz, den eine bauliche Anlage wegen einer bestimmten Funktion genießt, sich nichts zugunsten einer Änderung dieser Funktion herleiten lässt. Für Ihren Fall bedeutet das: Selbst wenn die Fenster im Rahmen der gewerblichen Nutzung Bestandsschutz genießen würden, dann würde diese Privilegierung nicht auf die Wohnraumnutzung fortwirken.
Es bleibt daher wohl bei dem bereits oben genannten Ergebnis, dass eine nachträgliche Legalisierung eher nicht in Betracht kommt. Bitte beachten Sie trotzdem, dass diese erste Einschätzung keinesfalls die eingehende Prüfung anhand sämtlicher Unterlagen ersetzen kann.
Mit freundlichen Grüßen,
Rechtsanwalt Matthias Juhre.