Sehr geehrte Fragesteller/Ratssuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, dich ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie des Einsatzes als ERST-Beratung gerne wie folgt beantworte:
1. Welche Chancen habe ich gegen diese fristlose Kündigung vor zu gehen?
Vorab: Die (verhaltensbedingte) außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers ist ohne vorherige Abmahnung grundsätzlich unwirksam. Bei besonders schweren Pflichtverletzungen durch den Arbeitnehmer ist eine vorherige Abmahnung jedoch entbehrlich.
Ihr Chef hätte Sie also vorher abmahnen müssen, d. h., er hätte das, was er Ihnen vorwirft konkret in der Abmahnung benennen müssen und Ihnen auch die Sanktionen darlegen müssen. Das ist offensichtlich nicht geschehen.
Zwar bejahen viele Gerichte die Rechtmäßigkeit von Kündigungen ohne vorherige Abmahnung, dies geschieht aber immer nach Würdigung der Umstände und hier ist insbesondere zu nennen, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein kann, wenn das Vertrauensverhältnis unreparabel zerstört ist.
In Ihrem Fall ist die Kündigung ohne Verwarnung, sprich Abmahnung, jedoch absolut unverhältnismäßig, zumal, nach Ihren Ausführungen ohnehin „die aufgeführten Gründe nicht der Wahrheit" entsprechen.
Da der fristlosen Kündigung eine Abmahnung nicht vorausgegangen ist und die Gründe der außerordentlichen Kündigung nicht gegeben sind, ist die fristlose Kündigung unwirksam. Das Arbeitsverhältnis wurde dadurch nicht beendet, sondern besteht unverändert fort.
2. Wie stehen die Chancen auf eine ausserordentliche Kündigung wenn diese überhaupt berechtigt ist?
a.) Nach § 15 Abs.3 TzBfG
ist im befristeten Arbeitsverhältnis die ordentliche Kündigung für beide Parteien des Arbeitsvertrags ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt in den Fällen eines anwendbaren Tarifvertrags der eine frühere Kündigung zulässt oder wenn es einzelvertraglich vereinbart wurde.
b.) Bei einem nicht zeitbefristeten Arbeitsvertrages gilt:
aa) Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung hängen von verschiedenen Umständen, ggf. auch von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, ab.In jedem Fall ist die Kündigungsfrist einzuhalten. Die ordentliche Kündigung braucht nicht begründet zu werden. Tarif- oder einzelvertragliche Vereinbarungen können die Angabe von Gründen aber zur Wirksamkeitsvoraussetzung machen. Werden dann keine Gründe genannt, ist die Kündigung unwirksam.
bb) Fällt das Arbeitsverhältnis in den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) muss der Arbeitgeber einen im Gesetz genannten Grund zur Kündigung haben. Im Bereich des KSchG wird unterschieden zwischen der betriebsbedingten Kündigung, der personenbedingten Kündigung und der verhaltensbedingten Kündigung. Nach dem KSchG ist die ordentliche Kündigung unwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist, d. h. nicht durch Gründe in der Person (z.B. schlechte Arbeitsleistung) oder im Verhalten des Arbeitnehmers (z.B. Rationalisierung, einschränkung der Produktion) oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sind (§ 1 Abs. 2 KSchG
).
cc) Vorliegend sind nach Ihrer Schilderung die Voraussetzungen einer ordentlichen/fristgerechten Kündigung ohnehin nicht gegeben, da Ihr Arbeitgeber für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung nicht vorsorglich auch eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hat, die das Arbeitsverhältnis fristgerecht beenden könnte.
3. Wie verhalte ich mich am besten gegenüber dem Arbeitsamt da mir ja nun auch eine Sperrzeit von 12 Wochen droht?
Gemäß § 144 SGB III
erteilt Ihnen das Arbeitsamt eine 12-wöchige Sperrzeit, wenn Sie durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt haben.
Sollten Sie die fristlose Kündigung auf sich sitzen lassen, ist die Sperre vorprogrammiert, es sei denn, Sie finden sofort wieder Arbeit oder sind auf die Leistungen des Arbeitsamtes nicht angewiesen.
Sollte in einem Gerichtsprozess festgestellt werden, dass die fristlose Kündigung unwirksam war, weil die angegeben Gründe nicht gegeben sind bzw. ein Vergleich geschlossen werden, wird der Arbeitgeber erklären, dass er an den Vorwürfen, die ihn zu der Kündigung veranlasst haben, nicht mehr festhält. Die Sperre wird in diesen Fällen vom Arbeitsamt wieder aufgehoben bzw. erst gar nicht erteilt.
4. Eine Kündigungsschutzklage ist in einem kleinem Unternehmen nicht anwendbar, wie sehen die nächsten Schritte und Erfolgschancen aus?
Ich würde Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt folgende Vorgehensweise vorschlagen:
a.) Sie setzen sich mit Ihrem Chef - wenn es mündlich nicht geht - schriftlich in Verbindung und teilen ihm mit, dass sowohl die fristlose Kündigung rechtsunwirksam ist und bieten Ihre Arbeitskraft an.
Ist Ihr Arbeitgeber damit einverstanden, ist damit die Angelegenheit erledigt.
Das Sie Ihre Arbeitskraft anbieten ist deshalb wichtig, weil Ihr Arbeitgeber Ihnen den Lohn schuldet. Wenn er Sie dann nicht beschäftigen will, ist das sein Problem, den Lohn schuldet er Ihnen trotzdem.
b.) Sollte sich mit Ihrem Chef keine gütliche Einigung finden lassen, bleibt nur eine gerichtliche Klärung. Für diesen Fall möchte ich Ihnen raten, einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen zu beauftragen.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen als rechtliche Orientierung im Rahmen der Erstberatung weitergeholfen.
Natürlich können Sie mich in dieser weitergehenden Angelegenheit auch beauftragen. Ich bin gerne bereit, Ihre Interessen im Rahmen eines ordentlichen Mandatsverhältnisses zu vertreten, wobei die hier gezahlte Gebühr angerechnet werden würde. Dank Email, Fax und Telefon stellt auch die Vertretung über größere Entfernung kein Problem dar. Bitte kontaktieren Sie mich dazu über die unten genannte Rufnummer bzw. E-Mail-Adresse.
Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:
Bitte beachten Sie, dass meine Ausführungen nur eine erste rechtliche Einschätzung auf der Grundlage Ihrer Angaben darstellen können. Der Umfang meiner Beratung ist dabei durch die zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 4 RVG
begrenzt. Die Beantwortung Ihrer Frage erfolgt ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias F. Schell, Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 09.10.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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