Sehr geehrte Ratsuchende,
auf der Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen stellt sich die Rechtslage in groben Zügen wie folgt dar:
1.
Soweit Sie Ihrem Ehemann gegenüber unterhaltsverpflichtet sind, werden die Ansprüche Ihres Mannes kraft gesetzlichen Forderungsübergangs gemäß § 33 Abs. 1 des zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) auf die Agentur für Arbeit übergeleitet.
Gemäß § 60 Abs. 2 SGB II
müssen Sie gegenüber der Agentur für Arbeit (auch nach der Scheidung) im Rahmen des § 1605 BGB
Auskunft über die Unterhaltsverpflichtung sowie über Ihr Einkommen und Vermögen erteilen.
Nach Nr. 33.94 der Durchführungshinweise zu § 33 SGB II
haben Sie die „Auskunft so umfassend zu erteilen, dass der Unterhaltsanspruch durch den Träger der Höhe nach berechnet und geltend gemacht werden kann“ und Ihre „Angaben durch geeignete Nachweise zu belegen“.
2.
Somit können Sie die Auskunft nicht oder nur äußerst begrenzt verweigern.
Nach Nr. 33.95 der Durchführungshinweise zu § 33 SGB II
ist es unzulässig, „Auskünfte zu verlangen, wenn ein überleitungsfähiger Anspruch aus anderen Gründen nicht besteht oder die Auskünfte für den fraglichen Anspruch nicht relevant sind“.
3.
Grundsätzlich müssen beide Ehegatten im Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten sein. Bei der einverständlichen Scheidung nach § 630 ZPO
muss derjenige, der lediglich seine Zustimmung erteilt, nicht anwaltlich vertreten sein.
Von den Kosten her gesehen ist es daher besser, wenn derjenige (hier also wohl Ihr Ehemann) die Scheidung beantragt, der Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe hat.
4.
Wegen des gesetzlichen Forderungsübergangs (siehe oben 1) wird es nicht dazu kommen, dass die Agentur für Arbeit Ihren Ehemann zwingt, Sie auf Unterhalt zu verklagen, da ihr ja ein eigenständiges einklagbares Recht – auch auf Auskunft – zusteht.
5.
Gemäß §§ 1614
, 1585c BGB
ist ein Unterhaltsverzicht nur für die Zeit nach der Scheidung überhaupt zulässig.
Eine Vereinbarung zu Lasten der Sozialträger ist nach herrschender Rechtsprechung dann sittenwidrig, wenn zum Zeitpunkt der Vereinbarung klar war, dass durch den Verzicht der Verzichtende auf öffentliche Leistungen zum Lebensunterhalt angewiesen sein wird.
Genau dies ist in Ihrer Konstellation der Fall.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Auskünfte Klarheit verschafft haben, wenngleich sie wohl nicht Ihren Erwartungen entspricht.
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 07.12.2005 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Sehr geehrter Herr Geyer,
vielen Dank für Ihre Antwort, obwohl, wie Sie es richtig vermutet haben, meine Erwartungen nicht erfüllt worden sind.
So wie es aussieht, werde ich zur Unterhaltszahlung gezwungen. Könnten Sie mir bitte noch folgende Sachverhalte erklären:
Im Formular der Agentur für Arbeit gibt es die Möglichkeit, sich zur Angelegenheit persönlich zu äußern (Anhörung gem. §24 SGB) und zu einem evtl. Anspruchsübergang Stellung zu nehmen.
Ich möchte gerne wissen, ob es Sinn macht, dort etwas einzutragen und wenn ja, was man hier schreiben sollte (z.B. dass er sich niemals ernsthaft bemüht hat, Arbeit zu finden).
Wie wird die Unterhaltzahlung erfolgen: werde ich an meinen Ehemann direkt zahlen, an die Arbeitsagentur, oder wird es durch meinen Arbeitgeber erfolgen?
Werden meine Gebühren fürs Abendstudium (mein erstes Studium in Deutschland) bei der Ermittlung meines Einkommens berücksichtigt?
Vielen Dank
Ratsuchende
Sehr geehrte Ratsuchende,
Sie sollten durchaus die Möglichkeit nützen, auf dem Anhörungsbogen alle Tatsachen einzubringen, die gegen eine Unterhaltsverpflichtung sprechen.
Wenn Ihr Ehemann trotz zumutbarer Beschäftigungsmöglichkeit es mutwillig unterlässt, Einkommen zu erzielen, werden ihm unter Umständen fiktive Einkünfte zuzurechnen sein.
Hierzu müssten Sie nachweisen, dass Ihr Ehemann konkrete Arbeitsangebote abgelehnt hat. Ein entsprechender Hinweis an die Agentur für Arbeit, dass er zumindest keine Bemühungen der Arbeitssuche erkennen lässt, ist also durchaus sinnvoll, wenn auch noch nicht ganz ausreichend, um eine Unterhaltspflicht von vornherein auszuschließen.
Ihre Ausgaben für das Abendstudium können Sie Einkommensmindernd geltend machen, sofern das Studium für die Ausübung einer nach den ehelichen Verhältnissen angemessenen Berufstätigkeit erforderlich ist.
Nach erfolgtem Forderungsübergang werden die nach Grund und Höhe noch festzustellenden Unterhaltsansprüche von der Agentur für Arbeit gegen Sie geltend gemacht werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen bei Ihrem Anliegen zunächst behilflich sein.
Gerne übernehme ich auch Ihre weitere Vertretung, falls dies erforderlich wird und Sie mich hierzu beauftragen möchten.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt