Sehr geehrte Fragestellerin,
Lassen Sie mich Ihre Anfrage wie folgt beantworten:
„Der beauftragte Notar meinte, dass das Sozialamt für den Fall der Pflege nur auf das Wohnrecht zugreifen würde, nicht aber die Rückgabe des Besitzes fordern würde. Ich bin hier sehr skeptisch, weil ich entsprechende Literatur hierzu nicht finde."
Sind Sie sicher, dass sie den Notar richtig verstanden haben und sich dieser nicht versprochen hat? Tatsächlich ist es nämlich genau umgekehrt: Ein Wohnrecht, dessen Ausübung nicht einem anderen überlassen werden kann, ist auch nicht pfändbar. Die Rückgabe des „Besitzes", also des Eigentums an der Immobilie, kann dagegen im Wege des Regresses nach § 528 BGB sehr wohl gefordert werden. Der Sozialhilfeträger könnte diesen Anspruch im Falle eines Falles auch auf sich überleiten und selbst geltend machen. In Betracht kommt auch, dass zu Lebzeiten der Eltern lediglich eine Hypothek auf das Haus eingetragen wird und dieses erst nach deren Tod verwertet wird.
"Wäre nicht die Eintragung eines Wohnrechts für mich (39 Jahre alt) am gesamten Grundbesitz eine Möglichkeit? Wenn dieses Wohnrecht abgelöst werden müsste, wäre der Wert des Hauses überschritten. Oder könnte dieser Vorgang angefochten werden, da er ohne vertragliche Grundlage (z. B. Testament) erfolgt ist?"
Die Variante wird letztlich auch nicht funktionieren. Der Vertrag könnte nicht wegen fehlender Rechtsgrundlage angefochten werden. Aber: Grundlage einer solchen Einräumung eines Wohnrechts (zumindest sofern sie ohne Gegenleistung erfolgt) ist in aller Regel eine Schenkung. Damit wären wir dann aber wieder im Bereich des Rückforderungsrechts nach § 528 BGB. Letzten Endes könnte also der Sozialhilfeträger fordern, dass das Wohnrecht als Geschenk zurückgewährt, sprich wieder aufgegeben, wird.
„Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, das Haus zumindest annähernd vor dem Zugriff des Sozialamtes zu schützen, wenn man jetzt die 10-Jahresregelung mal außen vor lässt (evtl. im Übergabevertrag eigene Investitionen erwähnen und Pflege/Betreuung der Eltern festlegen, so dass der Wert des Hauses gemindert wird)?"
Da sind Sie auf der richtigen Fährte. Man muss versuchen, den „unentgeltlichen" Anteil einer solchen Übertragung möglichst weit zu drücken. Das kann dadurch passieren, dass eigene Investitionen in das Haus der Eltern als Gegenleistung fungieren. Dabei haben auch zurückliegende eigene Arbeitsleistungen einen anzusetzenden Wert. Auch eine Pflegeverpflichtung „funktioniert" insofern als sie den unentgeltlichen Anteil der Übertragung reduziert. Wenn die Übertragung des Hauses zu Lebzeiten nur teilweise unentgeltlich erfolgt, dann kann nicht mehr die Rückgabe des Geschenkes gefordert werden sondern nur noch eine Geldleistung in Höhe des geschenkten Anteils. Hilfreich ist auch, den Wert des Hauses nach Ansicht der Parteien vertraglich festzuhalten, natürlich am untersten Rand des Möglichen. Auch hier bestehen Spielräume die man tunlichst nutzen sollte.
Was definitiv auch nicht funktionieren würde, ist allerdings ein vertraglicher Ausschluss des Rückforderungsrechtes gemäß § 528 BGB. Dieses steht zwar primär den Eltern als Schenkel zu, jedoch beurteilt die Rechtsprechung einen solchen Anspruch Verzicht als sittenwidrig.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen