Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich, auf Grundlage des von Ihnen dargestellten Sachverhalts, wie folgt beantworten:
I.
Grundsätzlich handelt es sich bei dem Ihnen vorgeworfenen Verhalten um ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort gemäß § 142 Abs. 1 StGB. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft.
Voraussetzung für eine Strafbarkeit gemäß § 142 Abs. 1 StGB ist es zunächst, dass überhaupt ein Unfall vorliegt. Unter einem Verkehrsunfall versteht man ein plötzliches, zumindest von einem der Beteiligten nicht gewolltes Ereignis, das im ursächlichen Zusammenhang mit dem öffentlichen Straßenverkehr und seinen Gefahren steht und zu einem nicht gänzlich belanglosen fremden Sach- oder Körperschaden führt.
Eine Gefährdung allein ist noch kein Unfall.
Entsprechend Ihrer Sachverhaltsdarstellung sowie den Angaben Ihrer Tochter, kam es jedoch nicht zu einer Kollision mit dem Fahrzeug der Anzeigeerstatterin und mithin auch nicht zu einem Fremdschaden. Ein Unfall liegt damit nicht vor, sodass eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort nicht in Betracht kommt.
Denkbar wäre es allenfalls, dass die Anzeigeerstatterin möglicherweise versuchte Ihrem Fahrzeug auszuweichen und hierbei mit einem anderen Hindernis kollidierte durch welches die Kratzer an deren Radkasten verursacht wurden. In diesem Fall, soweit es nicht lediglich zu einem unerheblichen Schaden gekommen ist, wäre ein Unfallgeschehen grundsätzlich anzunehmen.
Da Sie jedoch aufgrund des fehlenden Anstoßes sowie der Aussage Ihrer Tochter, dass es ja knapp gewesen, jedoch gerade keine Kollision erfolgt sei, davon ausgingen, dass es nicht zu einem Schaden gekommen ist, hätten Sie bei dem Entfernen vom Unfall nicht vorsätzlich gehandelt.
Eine fahrlässige Begehung des unerlaubten Entfernen vom Unfallort ist nicht strafbar.
Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort nicht vorliegt und das Verfahren gegen Sie einzustellen sein wird.
Da die Anzeigeerstatterin jedoch eine Person im Fahrzeug hatte, welche als Zeuge in Betracht kommt und deren Aussage nicht bekannt oder vorhersehbar ist, rate ich dazu, einen Anwalt damit zu beauftragen Akteneinsicht zu nehmen.
Auf diesem Wege können Sie in Erfahrung bringen, welchen Sachverhalt die Anzeige-erstatterin selbst geschildert hat und ob der potentielle Zeuge diesen bestätigt hat.
II.
Neben dem (auszuräumenden) Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort, verbleibt es jedoch dabei, dass Sie unstreitig beim Linksabbiegen eine durchgezogene Linie überfahren haben. Für dieses Verhalten droht Ihnen ein Bußgeld in Höhe von zumindest 30,00 € (Nr. 155.3 BKatV), in dem Falle, dass man von einer Gefährdung eines anderen Verkehrsteilnehmers ausgeht beträgt das Bußgeld 35,00 € (Nr. 155.3.1 BKatV), jeweils zuzüglich der Verwaltungskosten.
Ich hoffe Ihnen mit meiner Auskunft weitergeholfen zu haben und danke für das in mich gesetzte Vertrauen.
Bei Unklarheiten nutzen Sie bitte gern die kostenlose Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
M. Bunse
Rechtsanwalt