Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Der Tatbestand der Kindesentziehung dürfte hier nicht greifen, da es sich "nur" um eine unausgesprochene Ausdehnung des Umgangs handelt. Wenn klar ist, dass das Kind mit einem Tag Verspätung zurückgebracht wird, dürfte die Polizei den Vorgang als Umgangsstreitigkeit zwischen Eltern und nicht als Straftat behandeln. Eine Anzeige ist zwar grundsätzlich möglich, wird hier aber vermutlich im Sande verlaufen.
Bezüglich des Umgangs teilen Sie nicht mit, ob es eine gerichtliche Entscheidung bzw. einen gerichtlichen Vergleich gibt. Wenn das nicht der Fall ist, scheitert schon die Möglichkeit, ein Ordnungsgeld festsetzen zu lassen. Wenn es sich um das kommende Wochenende handelt, bezweifele ich auch im Hinblick auf die bevorstehenden Feiertage, dass Sie überhaupt so kurzfristig eine Entscheidung herbeiführen können, gleichgültig, ob es sich um ein Ordnungsgeld oder eine "Herausgabeentscheidung" (einstweilige Anordnung bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrecht) handelt. Im Regelfall wird der Gegner stets eine (kurze) Stellungnahmefrist erhalten, um seine Sichtweise darlegen zu können. Etwas anderes gilt nur bei einer erkennbaren Kindeswohlgefährdung, die ich hier nicht sehe.
Aus Sicht des Gerichts ist hier wohl eher von einer Meinungsverschiedenheit unter Sorgeberechtigten als von einer Kindeswohlgefährdung auszugehen. Weder die Teilnahme am Turnier noch die Fahrt zur Großmutter schadet dem Kind.
Letztendlich bleibt Ihnen aus meiner Sicht nur die Möglichkeit, wegen der fehlenden Absprache nach der Rückkehr des Kindes das gemeinsame Aufenthaltsbestimmungsrecht grundsätzlich in Frage zu stellen, wenn Sie soweit gehen wollen. Wenn eine einvernehmliche Absprache nicht möglich ist, muss das Gericht ggf. einem Elternteil auf Antrag das Aufenthaltsbestimmungsrecht zuweisen. Dabei wird es aber darauf ankommen, ob hier zum ersten Mal Probleme aufgetreten sind, oder ob es schon häufiger solche Vorfälle gab. Dies ist dann in einem entsprechenden Verfahren unter Beteiligung aller zu klären.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Holzapfel