Sehr geehrter Fragesteller,
Wasser fließt natürlicherweise immer bergab. Das hat erhebliche Bedeutung für das Nachbarrecht. Hinzu kommt die Bebauung eines Grundstücks dahingehend, dass Baulichkeitswasser (Trauf- und Abwasser) in erheblicher Menge anfällt. Das kann den nachbarlichen Frieden empfindlich stören, insofern sind Sie nicht allein.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (nachfolgend BGB) enthält außer den Bestimmungen der §§ 823, 906, 1004 BGB keine spezifischen Vorschriften über die privatwasserrechtlichen Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn.
Es lässt sich nur allgemein sagen, dass der dem Geländeniveau folgende natürliche Wasserzufluss, sofern naturgesetzlichen Gegebenheiten folgend, keine Immission im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB ist, die einen Abwehranspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB begründet.
Allenfalls könnte Ihr Nachbar als Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB gelten, wenn er durch Veränderung der Tektonik diese Störung verursacht hat. Die Beweislast liegt zunächst bei Ihnen.
Der Beweis sollte Ihnen aber gelingen, wobei ein Anscheinsbeweis nach Lage der Tektonik wiederum dem Störer den Gegenbeweis anlasten kann.
Die künstlich provozierte Zuführung von Baulichkeitswasser nach diesen genannte Bestimmungen des BGB ist eine sog. Grobimmission, die von Ihnen als Nachbarn nach § 906 Abs. 1 BGB nicht geduldet werden muss und einen Abwehranspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB auslöst. Sogar ein Mieter hätte nach § 862 Abs. 1 BGB das gleiche Recht.
Hinzu kommen landesrechtliche Lösungen nach dem spezifischen Nachbarrecht. Allerdings differenzieren die Bundesländer. Das für Sie wohl zuständige Land Rheinland-Pfalz hat sich für
die sog. Trennungslösung entschieden: Die Regelungen über Baulichkeitswasser findet sich in den Nachbarrechtsgesetzen, wohingegen die Vorschriften über den Wildwasserabfluss in den Landeswassergesetzen enthalten sind Obwohl somit die Frage, wie sich ein Grundeigentümer hinsichtlich des nicht von einem Gebäude abgeleiteten frei zufließenden Niederschlags- und Quellwassers aus einem Nachbargrundstück zu verhalten hat, in Landesgesetzen geregelt ist, die dem öffentlichen Recht zuzurechnen sind, handelt es sich bei den einschlägigen Vorschriften der Landeswassergesetze gleichwohl um nachbarrechtliche und damit zivilrechtliche Regelungen.
Für Klagen sind deshalb im Streitfall nicht die Verwaltungsgerichte, sondern die Zivilgerichte zuständig.
Es ist also in Ihrem Fall zu klären, ob das Wasser von dem Gebäude des Nachbarn abließt oder dem natürlichen Fluss aus dem Nachbargrundstück. Insofern tendiere ich nach Ihren Angaben dazu, dass grundsätzlich in Ihrem Fall das Amtsgericht zuständig ist.
Nachfolgend finden Sie das Wassergesetz für das Land Rh.-Pfalz vom 22.01.2004.
Sofern das Abwasser umgeleitet über eine öffentliche Straße auf Ihr Grundstück fließt, regelt § 53 LWG eine Beseitigungspflicht des Trägers der Verkehrsanlage, nach Absatz 3 kann diese Pflicht abgeleitet, also übertragen werden.
Ihren Angaben nach habe ich Zweifel, ob der Nachbar mit seiner „Grabenziehung" rechtmäßig gehandelt hat. Er bedurfte zwar keiner Genehmigung nach § 76 LWG. Wohl aber greift § 82 LWG, wonach Ihr Nachbar nach Absatz 1 Nr. 2 den „natürlichen Zu- oder Abfluss wild abfließenden Wassers von den höherliegenden Grundstück nicht so verändern durfte, dass ein Nachteil für Ihr Grundstück entstanden ist.
Weisen Sie Ihren Nachbarn auf diesen zu vermutenden Rechtsverstoß hin. Zusammen mit den o.g. Abwehrrechten nach dem BGB steht Ihnen – vorausgesetzt, Ihre Angaben auf der Tatsachenebene treffen zu und sind beweisbar – ein Anspruch auf Beseitigung der Störung und – was gesondert zu prüfen wäre – bei Verschulden auch ein Schadensersatz zu.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen