Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich - die Richtigkeit Ihrer Angaben vorausgesetzt - anhand der von Ihnen gemachten Angaben gerne wie folgt summarisch beantworten möchte:
Ihr Schreiben erfüllt die formalen Anforderungen an eine wirksame Anfechtung bzw. einen wirksamen Widerruf. Soweit man daher ein Anfechtungs- bzw. Widerrufsrecht bejahen möchte, haben Sie ein solches wirksam ausgeübt, soweit Sie - was ich anhand Ihrer Angaben jedoch nicht erkennen und daher auch nicht abschließend prüfen kann - die entsprechenden Fristen (bei der Anfechtung in der Regel zwei Wochen ab Kenntnis des Irrtums) eingehalten haben.
Ich stimme dem Kollegen, der die erste Antwort gegeben hat, im Wesentlichen zu, dass ein Anfechtungsgrund bestehen kann, wenn aus der Website nicht ausreichend hervorgeht, dass Sie ein kostenpflichtiges Dauerschuldverhältnis abschließen. Ein versteckter Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen reicht jedenfalls nicht aus. Angaben über kostenpflichtige Dienste, die erst in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erläutert werden, können überraschend und damit unwirksam sein (vgl. AG München, Urteil vom 16.01.2007, Az. 161 C 23695/06
). Ich kann jedoch aus der Gestaltung der Website - wie sie sich am heutigen Tage darstellt - nicht erkennen, dass der Anbieter Sie über die Kostenpflichtigkeit seines Angebots im Unklaren lässt. Auf der Homepage ist ein deutlicher Hinweis darauf enthalten, dass das Angebot nach dem Ablauf der Testphase mit EUR 7,00 pro Monat kostenpflichtig ist. Daher halte ich es nicht für eindeutig, dass auf die Kosten nicht ausdrücklich hingewiesen wurde. Möglicherweise haben die Anbieter der Seite jedoch seit der Antwort des Kollegen am 23.03.2007 die Gestaltung verändert und einen entsprechenden Hinweis hinzugefügt. Dies ist allerdings nur eine Vermutung meinerseits, welche die divergierende Aussage des Kollegen erklären könnte. Bei der jetzigen Gestaltung der Homepage ist diese Rechtsfrage von einem Gericht zu klären. Eine eindeutige Entscheidung zu Ihren Gunsten vermag ich hierbei nicht zu erkennen.
Das OLG Hamburg hat mit Urteil vom 24.08.2006, Az. 3 U 103/06
, zur Frage, wann eine Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt wurde, wie folgt auszugsweise ausgeführt:
[…]
Gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB
beginnt, wie ausgeführt, die Widerrufsfrist mit dem Erhalt der Widerrufsbelehrung in "Textform". Die Textform ist in § 126 b BGB
bestimmt, demnach muss die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneter Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin genügt dieser Anforderung nicht der Umstand, dass die Internetplattform "eBay" die AGB dauerhaft speichert. Denn es ist unstreitig technisch möglich, diese Speicherung wieder aufzuheben. Zudem müsste die Erklärung "mitgeteilt" worden sein, auch daran fehlt es, wenn man nur auf die Speicherung und damit nur auf die Abrufbarkeit bei "eBay" abstellte. Vielmehr passen für die in Rede stehende "Textform" nur Verkörperungen auf Papier, Diskette, CD-Rom, die mit deren Übergabe an den Empfänger gelangen und so die Erklärung "mitteilen". Entsprechendes gilt für gesendete eMail oder Computerfax, da auch diese Verkörperungen an den Empfänger gelangen. Bei Texten, die - wie vorliegend bei der Antragsgegnerin mit ihrem Versandangebot über "eBay" - auf einer Homepage ins Internet gestellt, aber dem Empfänger nicht übermittelt worden sind, wäre § 126 b BGB
nur in dem speziellen Einzelfall gewahrt, bei dem es tatsächlich zu einem Download kommt (Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Auflage, § 126 b BGB
Anm. 3 m. w. Nw.).
[…]
Das KG Berlin hatte diese Auffassung bereits zuvor vertreten (vgl. Beschluss vom 17.07.2006, Az. 5 W 156/06
) und hierzu auszugsweise wie folgt ausgeführt:
[…]
"Textform" erfordert gemäß § 126b BGB
unter anderem, dass die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben ist. Danach ist die im Internetauftritt des Antragsgegners zu findende Widerrufsbelehrung - entgegen der Auffassung des Landgerichts - keine solche, die dem Verbraucher in "Textform" mitgeteilt wird. Denn bei Texten, die in das Internet eingestellt, dem Empfänger aber nicht (beispielsweise per E-Mail) übermittelt worden sind, ist § 126b BGB
nur gewahrt, wenn es tatsächlich zur Perpetuierung der Erklärung beim abrufenden Verbraucher (Ausdruck der Seite oder Download, d.h. Abspeicherung auf der eigenen Festplatte) kommt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 126b Rdn. 3, m.w.N.).
[…]
Das OLG Hamburg hat sich dieser Ansicht mit Beschluss vom 12.01.2007, Az. 206/06, angeschlossen.
Damit ist nach derzeitiger Rechtsprechung eine Widerrufsbelehrung in Textform nicht vorhanden, wenn lediglich auf einer Internetseite auf das Widerrufsrecht hingewiesen wird. Sie merken jedoch schon, dass die Rechtsprechung eine Ausnahme zulassen könnte, wenn der Verbraucher die Möglichkeit hat, sich die Widerrufserklärung auf seinen PC zu laden oder auszudrucken. Leider hat sich die Rechtsprechung bislang noch nicht zu der Frage geäußert, ob die Textform wirklich eingehalten ist, wenn der Verbraucher tatsächlich einmal die Widerrufsbelehrung ausdruckt oder auf seinen PC herunter lädt. Sie werden - was diesen Punkt angeht - einer gewissen Unsicherheit nicht entkommen können, da die Seitenbetreiber einen Download der Erklärung auf ihrer Homepage anbieten und auch hierauf hinweisen.
Dennoch stimme ich dem Kollegen zu, dass die Widerrufsfrist vorliegend nicht bereits durch Angabe einer Widerrufsbelehrung im Internet zu laufen angefangen hat. Denn ein Download oder ein Ausdruck setzen eine aktive Mitwirkungshandlung des Verbrauchers voraus. Diese wird vom Gesetz jedoch gerade nicht gefordert. Denn die Pflicht zur Belehrung über das Widerrufsrecht trifft ausschließlich den Unternehmer. Dieser muss grundsätzlich sicherstellen, dass er alle Voraussetzungen erfüllt, um ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht zu belehren. Es kann nicht Aufgabe des Verbrauchers sein, hieran aktiv mitzuwirken.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Prüfung der Rechtslage eine erste rechtliche Orientierung vermittelt zu haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern ausschließlich dazu dient, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Sofern Sie eine abschließende Beurteilung Ihres Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem konkret zu erörtern. Bitte beachten Sie, dass bei dieser Vorgehensweise weitere Kosten für die Beratung anfallen.
Gerne bin ich auch bereit, die weitere Vertretung und Beratung in der Angelegenheit für Sie zu übernehmen. Sie können mich jederzeit für eine weitere Beauftragung kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 26.04.2007 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Zur präzieseren Angabe: der ungewollte Websitebesuch geht auf Anfang Febr. 2007 zurück. Entgegenet habe ich das erstemal aufgrund der Hinweise "frag-einen-Anwalt" vom 23.03.07.
Eine Widerrufsbelehrung im Sinne von § 126 b BGB habe ich weder aktiv noch inaktiv erhalten.
Ich stimme Ihnen mit Ihrer Vermutung zu, dass der Internetanbieter inzwischen seine Homepage aus aktuellem Anlass revidiert hat, denn die Hinweise für ein kostenpflichtiges Abo oder eine Widderufsbelehrung waren ohne "häkchen-setzen" unter AVB nicht zu erkennen!
Habe ich Sie richtig verstanden, dass die Beweislast der korrekten Widerrufsbelehrung beim Internetanbieter liegt?
Auch die allfällig neu aufgesetzte Internetseite?
Demzufolge ist meine schriftl. Widderrufung vom 26.03.07 immer noch rechtsgültig?
Habe ich den ersten Hinweis Ihrer Partei vom 23.03.07 richtig verstanden, dass "auch bei Wirksamkeit der Belehrung (des Internetanbieters) trotzdem die Widerrufsfrist 6 Monate andauert, da die Korrekturmöglichkeit Ihrer Angaben nach § 312 e Nr. 1 BGB fehlt"
In diesem Fall wäre meine Widderufung vom 26.03.07 immer noch perfekt?
Ich danke für Ihre baldige Antwort
mit freundl. Grüssen
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworten möchte:
Soweit bei Vertragsabschluss nicht erkennbar war, dass das Internetangebot kostenpflichtig war, so ist dem Kollegen, der Ihre erste Anfrage beantwortet hat, dahingehend zuzustimmen, dass die erstmalige Angabe in den AGB des Anbieters, dass das Angebot kostenpflichtig ist, nicht ausreicht, um eine wirksame vertragliche Zahlungspflicht zu begründen, da es sich insoweit um eine überraschende Klausel handelt und die AGB nicht transparent sind. Der Anbieter der Website trägt in einem Prozess die Beweislast dafür, dass die AGB wirksam einbezogen wurden und muss auch die Tatsachen, die seinem Anspruch zugrunde liegen (Vereinbarung der kostenpflichtigen Nutzung seines Angebots) darlegen und beweisen.
Soweit Sie keine Widerrufsbelehrung erhalten haben, hat die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen angefangen. Der Betreiber der Website wird beweisen müssen, dass er seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Belehrung nachgekommen ist, da der Ablauf der Widerrufsfrist (und damit die Unwirksamkeit des Widerrufs) ein Umstand ist, auf den er seinen Anspruch gegen Sie stützt. Ihr Widerruf wäre dann rechtzeitig erfolgt.
Inwieweit es dem Anbieter tatsächlich gelingen wird, die vorstehend bezeichneten Umstände zu beweisen, kann ich von hier aus nicht beurteilen.
Ich hoffe, Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen