Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Der von Ihnen geschilderte Sachverhalt wirft verschiedene Fragen auf.
1. Geschäftsfähigkeit
Zunächst stellt sich die Frage, ob Ihre Mutter wegen der Demenzerkrankung bei Erteilung der Generalvollmacht geschäftsunfähig war. Einschlägige Regelung ist dabei § 104 Nr. 2 BGB.
"§ 104 Geschäftsunfähigkeit
Geschäftsunfähig ist:
2. wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist."
Insofern kommt also zunächst rein tatsächlich auf die Schwere der Erkrankung an. Grundsätzlich gilt eine Demenzerkrankung als eine "krankhafte Störung der Geistestätigkeit", wobei es aber auf das Stadium der Erkrankung ankommt.
Diesen Einwand können Sie erstmal erheben, haben aber im Streitfall die Beweislast dafür.
Sollte Ihre Mutter als geschäftsunfähig angesehen werden, so wäre die erteilte Generalvollmacht nichtig, § 105 BGB.
Ganz wichtig: Ein sonstiges Zustimmungs- oder Vetorecht haben Sie nicht.
Auch nicht bei der Einweisung in ein Pflegeheim.
Hat der Betroffene keine privatschriftlichen Regelungen getroffen und ist es selbst nicht mehr in der Lage. Entscheidungen zu treffen, wird zwangsläufig eine gerichtliche Betreuung angeordnet.
Aus diesem Grunde ist es ja so wichtig, dass für den Fall der Handlungsunfähigkeit Vorsorge getroffen wird. Das hat Ihre Mutter ja auch getan. Nur befindet sich diese Urkunde in den Händen Ihrer Schwester.
2. "Verschwundene Patientenverfügung"
Zunächst klingt Ihre Schilderung des Inhalts der "Patientenverfügung" eher danach, dass Ihnen (auch) eine Vorsorgevollmacht erteilt wurde (".. nach der ich für meine Mutter sorgen sollte..."). Diese Urkunde hat also Ihre Schwester an sich genommen. Verstehe ich das so richtig? Wenn diese Vollmacht auf Sie ausgestellt ist, gehört sie natürlich in Ihre Hände. Verlangen Sie (schriftlich) von Ihrer Schwester die Herausgabe.
Bei dieser Vorsorgevollmacht handelt es sich um eine Urkunde im strafrechtlichen Sinne. Sollte Ihre Schwester Ihnen also diese Urkunde vorenthalten, könnte sich Ihre Schwester wegen Urkundenunterdrückung nach § 274 StGB strafbar machen. Eine entsprechende Strafanzeige käme in Betracht, wenn Ihre Schwester die Existenz der Vollmacht abstreitet oder auf das Herausgabeverlangen gar nicht reagiert. Das sind natürlich dann schon schwere Geschütze, die ein familiäres Auskommen stark beeinträchtigen können und sollten daher m.E. der zweite Schritt sein.
Ich gehe davon aus, dass Ihre Mutter zu der Errichtung der ersten Vollmacht nichts mehr sagen kann. Da Sie die Beweislast haben, ist es wichtig, dass Sie alle Details zusammentragen, die mit der Unterzeichnung der ersten Vollmacht zu tun haben. Immerhin haben Sie ja danach (so verstehe ich es ) Ihre Mutter tatsächlich versorgt und es wurde ein Schriftstück bei der Pensionskasse hinterlegt. Besteht da ein zeitlicher Zusammenhang?
Vor diesem Hintergrund sollten Sie sich auf den Standpunkt stellen, dass die Generalvollmacht Ihrer Schwester nichtig und Sie die einzige Bevollmächtigte sind.
3. "Pensionskontoschreiben"
Es ist natürlich so, dass erteilte Vollmachten auch widerrufen werden können. Womöglich beruft sich die Pensionskasse darauf, dass durch die neue Generalvollmacht die Regelung des alten Schreibens widerrufen wurde. Es kommt also auch hier auf die Wirksamkeit der Generalvollmacht an.
4. Kontrollbetreuer § 1896 Absatz 3 BGB
Sofern Sie Ihre eigene Bevollmächtigung nicht zeitnah durchsetzen können und eine Benachteiligung Ihrer Mutter durch Missbrauch der Generalvollmacht befürchten, können Sie beim zuständigen Betreuungsgericht die Bestellung eines Kontrollbetreuers beantragen. Dieser Kontrollbetreuer überwacht dann die Maßnahem Ihrer Schwester aufgrund der Generalvollmacht.
Bitte beachten Sie, dass auch der Bevollmächtigte, der Vermögensangelegenheiten betreut, insbesondere Gelder entgegen nimmt und verwaltet, gegenüber dem Auftraggeber bzw. auch später dessen Erben, zur Rechnungslegung verpflichtet ist, also nachzuweisen hat, dass er empfangene Gelder zweckentsprechend verwendet hat.
Nutzen Sie gerne die Nachfragefunktion.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Hilpüsch, Rechtsanwalt