Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Es ist grundsätzlich schwer, ohne eine Augenscheinnahme der konkreten Situation und der Kenntnis der örtlichen Begebenheiten eine abschließende Beurteilung zu treffen. Zudem müsste man Einsicht in die Bauakte nehmen, um die entsprechenden Informationen zu erhalten.
Ihr Problem ist in erster Linie wohl kein bauplanungsrechtliches, sondern vielmehr bauordnungsrechtliches, nämlich ob die erforderlichen Abstandsflächen eingehalten worden sind. Dies zählt aber, wie Sie bereits richtig festgestellt haben, zum öffentlichen Baurecht.
In Ihrem Fall dürfte die bayerische Bauordnung gelten. Ich beziehe mich gerade auf die aktuelle Bayerische Bauordnung, da das genaue Datum der Errichtung nicht klar ist. Zum Zeitpunkt der Errichtung werden nämlich durchaus andere Fassungen der Bauordnung gegolten haben.
In Art. 6 der BayBO sind Regelungen zu den Abstandflächen zu finden. Nach Art. 6 Abs. 1 BayBO sind grundsätzlich bestimmte Abstandflächen zwischen Gebäuden einzuhalten. Gemäß Satz 3 des Absatzes 1 sind Abstandsflächen vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, nicht eingehalten werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder darf.
Grundsätzlich bemisst sich die Tiefe der Abstandsflächen nach der Wandhöhe gemäß Art. 6 Abs. 4 BayBO. Unabhängig von der Wandhöhe sollte die Abstandsfläche mindestens 3 Meter betragen.
Jedoch macht hier Art. 6 Abs. 9 BayBO eine Ausnahme. In den Abstandsflächen eines Gebäudes sowie ohne eigene Abstandsflächen sind, auch wenn sie nicht an die Grundstücksgrenze oder an das Gebäude angebaut sind, Garagen einschließlich Nebengebäude zulässig. Dies können Sie in der bayerischen Bauordnung nachlesen. Diese ist relativ eindeutig. Die Länge der Bebauung, die diese Abstandsfläche nicht einhält, darf dann aber 15 Meter nicht überschreiten. Ob dies der Fall kann ich anhand der Angaben nicht ermitteln und ist ohne Einsicht in die Bauakte auch nicht möglich.
Außerdem dürfen Satzungen erlassen werden, die Abweichungen zu den Regelungen der Abstandsflächen treffen. Über diese müssten Sie sich vor Ort informieren.
Selbst wenn die Abstandsflächen nicht eingehalten worden wären, was wohl nicht der Fall ist, dann kann es gut sein, dass Sie bei Unterzeichnung der Erklärungen im Wege der Baugenehmigung des Nachbarn bestimmte Baulasterklärungen abgegeben haben, die zur Vereinbarkeit der baulichen Anlagen mit dem öffentlichen Baurecht führen. Auch dies entzieht sich leider meiner Kenntnis und kann nur aus den Bauakten und dem Baulastenverzeichnis erschlossen werden.
Eine etwaige Widerspruchs- oder Klagefrist dürfte bereits abgelaufen sein, da der Bau mehrere Jahre zurückliegt.
Sollte die Garage des Nachbarn zudem bei ihrer Fertigstellung mit dem öffentlichen Baurecht vereinbar gewesen sein, so bestünde für den Nachbarn unter Umständen Bestandsschutz.
Aber sogar nach einer Fassung der BayBO aus dem Jahre 2003, da Sie sagten, die Garage sei vor ca. zehn Jahren gebaut worden, galten die Abstandsflächen für Garagen nicht, vgl. § 7 Abs. 4 BayBO, Stand vom 09.07.2003.
Insoweit sehe ich auf den ersten Blick und vorbehaltlich einer genaueren Kenntnis der Sachlage nach Akteneinsicht wenig Aussicht gegen das Vorhaben des Nachbarn vorzugehen. Ist Ihnen das Anliegen wichtig, so beauftragen Sie unbedingt einen Rechtsanwalt bei Ihnen vor Ort, dieser wird sie entsprechenden Unterlagen anfordern, sämtliche erforderlichen Informationen erfragen, um dann eine abschließende Beurteilung abzugeben.
Tut mir leid, dass ich Ihnen keine positivere Antwort geben konnte. Ich hoffe, ich konnte Ihnen dennoch bei der Entscheidung hinsichtlich Ihres weiteren Vorgehens behilflich sein. Nutzen Sie gerne die einmalige kostenlose Nachfragefunktion, falls Unklarheiten bestehen, damit ich diese beseitigen kann.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Pilarski, Rechtsanwalt