Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Grundsätzlich können Überstunden angeordnet werden, sofern diese erforderlich sind, insbesondere dann, wenn sich der Arbeitnehmer - so wie hier - arbeitsvertraglich zur Mehrarbeit verpflichtet hat. Das ergibt sich aus dem Weisungsrecht des Arbeitgebers.
Die Grenzen der Überstunden ergeben sich aus dem Arbeitszeitgesetz. Die Arbeitszeit beträgt grundsätzlich 8 Stunden und kann auf 10 Stunden pro Tag bzw. auf 60 Wochenstunden erhöht werden. Überstunden dürfen jedoch nicht der "Normalfall" sein. Werden mehr als 10 Stunden pro Tag angeordnet, ist das nur dann rechtmäßig, wenn ein Tarifvertrag dies gestattet.
2.
Nach Ihrer Schilderung ist die Mahnung gerechtfertigt, da Sie den Arbeitsplatz vor dem Ende der Arbeitszeit verlassen haben.
Dennoch können (und sollten) Sie versuchen zu erreichen, daß die Abmahnung aus Ihrer Personalakte gestrichen wird.
Hierzu sollten Sie gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich vortragen, daß Sie stets, so wie angeordnet, Überstunden abgeleistet hätten. Während der Dauer von sechs Monaten wären Sie aber einmal pro Woche pünktlich nach Hause gegangen, ohne daß das vom Vorgesetzten, der davon Kenntnis gehabt habe, beanstandet worden sei. Deshalb seien Sie davon ausgegangen, daß dies stillschweigend gebilligt würde. Vor diesem Hintergrund seien Sie der Meinung gewesen, auch an dem besagten Tag vorzeitig den Betrieb verlassen dürften. Einer Pflichtverletzung seien Sie sich nicht bewußt gewesen.
Der Arbeitgeber wird darauf reagieren und die Abmahnung entweder aus der Personalakte entfernen oder aufrecht erhalten. Im letzteren Fall hätten Sie die Möglichkeit, Klage beim Arbeitsgericht auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zu erheben.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab, Rechtsanwalt