Sehr geehrte Fragestellerin,
ich möchte Ihre Anfrage anhand des geschilderten Sachverhaltes im Rahmen einer ERSTberatung wie folgt beantworten:
Ihr Sachverhalt enthält einige Lücken, die aber für die Lösung relevant sind.
Sie schreiben, dass Sie sich im Hausbau befinden, dann gehe ich davon aus, dass Sie eine Baugenehmigung erhalten haben.
Diese Baugenehmigung ist möglicherweise vom Nachbarn unterschrieben Art. 66 Abs. Satz 2 BayBO.
Wenn dem so ist und der Bescheid (Baugenehmigung) dem Nachbarn bekannt gegeben und mittlerweile bestandskräftig ist, erhalten Sie im Ergebnis zumindest das Recht auf Druchleitung.
Durch eine solche Unterschrift verzichtet der Nachbar auf Einwendungen. Gleichzeitig wäre es treuwidrig, wenn der Nachbar sich gegen Verlegung von Leitungen die der Baugenehmigung zugrunde liegende Bauzeichnung zu entnehmen sind, wendet.
Leider entält das Nachbarrecht Bayerns (Art. 43ff AGBGB Bayern) keine leitungsrechtliche Komponente.
So verbleiben folgende Möglichkeiten:
Optimal: Es wurde einer Baulast vom Nachbarn zugestimmt. (Ob dies der Tasache entspricht, müssten Sie wissen.) Dann könnten Sie versuchen, eine inhaltsgleiche Grunddienstbarkeit zu erstreiten. Denn Ihr Nachbar hatte Ihnen (auch) eine Grunddienstbarkeit zugesagt. Es wäre dann treuwidrig der Baulast zuzustimmen und die Einwilligung zur Grunddienstbarkeit zurück zuziehen.
Ob die Baubehörde aus einer (möglichen) Baulast eine Duldungsverfügung gegenüber Ihren Nachbarn erlässt, bezweifle ich. Aus einer Baulast kann nur die Behörde einen Nutzen ziehen und durchsetzen.
Normal: Sie einigen sich mit dem Nachbarn hinsichtlich der Eintragung einer Grunddienstbarkeit gegen Entschädigung oder Rente.
Dabei sollten Sie beachten, dass Sie hierfür keines Gerichtes mit seinen Entscheidungszeiten benötigen. Entsprechend könnte über eine Zusatzzahlung zu einer ortsüblichen Rente oder ein Aufschlag auf eine ortsübliche einmalige Entschädigungszahlung nachgedacht werden. Was ortsüblich und der Höhe nach angemessen ist könnten Sie von der Gemeinde oder Baubehörde erfahren, die Einblick in diese Vorgänge bei anderen Grundstücken hat.
Schlecht, aber letztlich erfolgreich, ist die zivilrechtliche Durchsetzung eines Notwege- und/oder Notleitungsrechtes nach § 917 BGB
. Zu beachten ist die Notwegerente, die bei 5m Länge eher gering ausfällt.
Dies ist erfolgreich, wenn eine anderweitige Erschließung nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Kostenaufwand möglich ist, mithin nur die Führung der Leitung durch das Grundstück Ihres Nachbarn erfolgen kann.
So hat dies inzident VGH München: Urteil vom 17.11.1999 - 26 B 96.1268
in BeckRS 2000, 20363
entschieden.
Der Fall ist "negativ" zu betrachten.
"Falls der Kl.(Ihr Nachbar) einer Trassenführung über sein Grundstück nicht zustimmen sollte, hätte der Beigeladene (Sie als Eigentümer des zu bebauenden Grundstückes)- in Ermangelung eines Leitungsrechts nach AGBGB (Art. 43ff) - unter Umständen gem. § 917 BGB
einen zivilrechtlichen Anspruch auf Duldung der Verlegung einer Entsorgungsleitung (BGH vom 30.1.1981 NJW 1981, 1036
und vom 22.6.1990 NJW 1991, 176
). Dies braucht der Kl. (Ihr Nachbar) als Eigentümer des betroffenen Nachbargrundstücks öffentlich-rechtlich nicht hinzunehmen. Ihm steht zum Schutz seines Eigentums vor einer Belastung durch ein mögliches Notleitungsrecht ein Abwehranspruch gegen die rechtswidrig erteilte Baugenehmigung zu ..."
Der Nachbar war erfolgreich, weil seine gegebene Zustimmung nicht das Texturvorhaben (geänderte Baugenehmigung) umfasste und damit die erneute Baugenehmigung der Beigeladenen (s.o.) RECHTSWIDRIG war.
Mit wirksamer Zustimmung unter die Baugenehmigung und der unveränderten Ausführung dieses Planes kann Ihr Nachbar sich nicht gegen die Bauausführung wenden und müsste notfalls gerichtlich bestimmt ein Notwegerecht bzw. ein Notleitungsrecht dulden.
Mit Verlaub wird das Notwege-und Notleitungsrecht wegen 5m zu querende Grundstückslänge des Nachbarn schon offensichtlich zu gewähren sein.
Was können wir hier noch tun?
Da es für Sie eine zeitliche Komponente gibt, sollten Sie Ihren Nachbarn nochmal eine Angebot einer Ausgleich unterbreiten. Dies auch schriftlich. Bei einer Ablehnung (am Besten schriftlich oder unter Zeugen) sollten und müssen Sie den zivilrechtlichen Klageweg beschreiten. Denn jede Verzögerung am Bau kostet Sie mehr als das gerichtliche Verfahren.
Gibt es keine Möglichkeit die Grunddienstbarkeit zu erzwingen?
Grundsätzlich nein.
Aber unter der Bedingung einer eingetragenen Baulast und der zuvor erteilten Zusage möglicherweise. Dazu müssten Sie die Zusage der Grunddienstbarkeit mittels Zeugen oder Schriftsatz beweisen können. Der Anschein aus der Bewilligung einer Baulast dürfte nicht zum Beweis genügen.
Die Rechtsprechung hat in der Hauptsache nur den umgekehrten Fall (Erzwingung einer Baulast) entschieden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine ausreichende Handhabe für Ihr weiteres Vorgehen liefern.
Ich würde mich freuen, soweit Sie dies zum Anlass nehmen, bei einem möglicherweise gegebenen Vertretungsbedarf mich zu beauftragen.
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Sollte sich der Sachverhalt doch etwas anders darstellen, nutzen Sie bitte die Nachfrage.
Sie können mich jederzeit über die Kontaktdaten in meinem Profil erreichen.
Es sei noch der Hinweis erlaubt, dass die rechtliche Einschätzung ausschließlich auf den von Ihnen mitgeteilten Tatsachen beruht und dass durch das Hinzufügen oder Weglassen von weiteren tatsächlichen Angaben die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen kann.
Diese Antwort ist vom 24. Mai 2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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vonRechtsanwalt Heiko Tautorus
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