Sehr geehrter Ratsuchender,
guten Morgen und vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts wie folgt beantworten möchte:
Sie müssen die Rechtsanwaltsgebühren nur bezahlen, wenn diese der Höhe nach in Ordnung sind und Sie sich mit der Zahlung in Verzug befunden haben.
Bezüglich der Höhe kommt es auf den sogenannten Gegenstands- oder auch Streitwert an. Dies ist hier die Höhe der Forderung, also die Höhe der Anliegerbeiträge.
Da Sie keine Angaben zu deren Höhe gemacht haben, können Sie die Höhe der Anwaltsgebühren über einen Rechner selber berechnen z. B. http://rvg.pentos.ag/
Bei Gegenstandswert die Höhe der Anliegerbeiträge eintragen und im Feld außergerichtlich die Einigungsgebühr auf "0" setzen.
Um auf 500 Euro Anwaltskosten zu kommen müsste die Forderung mindestens 5.000 Euro betragen.
Wie oben beschrieben, müsste jedoch auch Verzug vorliegen. Dieser ist in § 286 BGB
geregelt.
Nach § 286 Absatz 1 BGB
Bedarf es also grundsätzlich einer Mahnung, welche nach Eintritt der Fälligkeit erfolgt.
Eine Mahnung ist nach § 286 Absatz 2 BGB
jedoch
entbehrlich, wenn
1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2. der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
Es kommt also darauf an, was Sie hier mit dem Käufer vereinbart haben. Wenn Sie sich z. B. vertraglich verpflichtet haben bis zu einem bestimmten Datum die Beiträge zu erstatten, kommen Sie ein Tag nach dem vereinbarten Datum automatisch in Verzug.
Auch kommen Sie nach § 286 Abs. 3 BGB
in Verzug, wenn Sie nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung bezahlen. Dies gilt gegenüber einem Verbraucher jedoch nur, wenn dieser auf die Folgen hingewiesen worden ist.
Hier kommt es also zum einen darauf an, wann die Zahlung fällig war und Ihnen zugegangen ist ( dazu machen Sie keine Angaben ) und ob Sie als Testamentsvollstrecker als Verbraucher zu behandeln sind.
Nach § 13 BGB
ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
Hier kommt es meines Erachtens darauf an, welche Aufgaben Sie als Testamentsvollstrecker wahrnehmen. Geht es hier um ein normales Erbe im Kreis der Familie, wo Sie vielleicht sogar selber (Mit)Erbe sind oder sind hier mehrere Immobilien oder gar ein Unternehmen vererbt worden?
Ohne diese Informationen kann die Frage nicht abschließend beantwortet werden. Bitte nutzen Sie hier die kostenlose Nachfragemöglichkeit, um mir diese Informationen mitzuteilen.
Mit freundlichen Grüßen aus Achim,
Moritz Kerkmann
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 22.12.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Kerkmann,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Die Höhe der Anwaltskosten ist m.E. korrekt. Mir geht es ausschließlich um die Frage, ob in diesem Fall ohne vorherige Mahnung bereits Verzug eingetreten war. Das ist offensichtlich in dem von Ihnen angegebenen § 286 BGB
geregelt.
Ich versuche Ihnen im folgenden alle Infomationen zur abschließenden Beantwortung zu geben:
- an den Hauskäufer ergeht mit Datum 8.11. ein städtischer Beitragsbescheid für frühere Erschließungsarbeiten
- der Hauskäufer bittet mich mit Schreiben vom 11.11. (unter Hinweis auf § 436 BGB
) um Erstattung an ihn bis zum 11.12. (also eine vom Käufer gesetzte, nicht vertraglich vereinbarte Frist ohne Hinweis auf Folgen des Fristablaufs)
- durch ein Versehen meinerseits verstreicht die vom Hauskäufer gesetzte Frist
- am 21.12. erhalte ich das erwähnte Schreiben des Anwaltsbüros, datiert auf den 19.12.
Meine Aufgabe als Testamentsvollstrecker war bzw. ist die Veräußerung eines Mehrfamilienhauses (Anlageobjekt) und Auseinandersetzung des Erlöses an drei Erben (meine Mutter, Schwester und ein Onkel); Erblasserin war meine Großmutter; ich selbst gehöre nicht zu den Haupterben.
Für die eventuelle Anwendung von $ 286 Abs. 3 BGB erscheint mir wichtig, ob es sich - wie dort vorausgesetzt - um eine Entgeltforderung handelt. Ist ein städtischer Beitragsbescheid eine Entgeltforderung? Falls ja: ich bin nur mittelbar Schuldner dieser Forderung, da ich dem Hauskäufer den Betrag erstatte. Ist die Forderung des Hauskäufers an mich ebenfalls eine Entgeltforderung?
Wie ist der Fall zu werten, falls der Abs. 3 nicht angewendet werden kann? Findet bei einer einseitig gesetzten (also nicht vertraglich vereinbarten) Frist der § 286 Absatz 2 Nr. 1 Anwendung?
Vielen Dank vorab für Ihre abschließende Beantwortung.
Mit freundlichen Grüßen
N.N.
Guten Morgen und vielen Dank für die Infos.
Meines Erachtens haben Sie sich nicht in Verzug befunden.
§ 286 Absatz 1 scheidet aus, da es hier keine Mahnung von Seiten des Käufers gegeben hat.
§ 286 Absatz 2 Nr. 1 scheidet ebenfalls aus, weil eine einseitge Bestimmung nicht genügt, Palandt, § 286, Rn. 22 ( das ist ein Kommentar für Juristen ).
§ 286 Absatz 3 dürfte hier ebenfalls nicht gelten.
Ich habe schon erhebliche Zweifel daran, das die Erstattung der Anliegerbeiträge Entgeltforderungen sind. Dies sind letztlich nur Forderungen die auf Zahlung eines Entgelts für Lieferungen von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet sind.
Aber selbst wenn man dies mal außen vor lässt, ist Voraussetzung, dass 30 Tage nach Fäliigkeit vergangen sind. Erschließungsbeiträge werden 1 Monat nach Bekanntgabe fällig, § 135 BauGB
. Diese Frist gilt aber nur gegenüber dem Eigentümer ( Käufer ), nicht in dem Verhältnis zwischen Ihnen und dem Käufer. Wenn Sie diesbezüglich nichts bestimmt haben, kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen. Hier hat der Käufer Leistung bis zum 11.12. verlangt, so dass meines Erachtens erst dann Fälligkeit eintritt und erst dann die 30 Tage beginnen zu laufen.
Und auch wenn man dies widerum anders werten wollen würde, so sind Sie meines Erachtens als Verbraucher einzustufen, da Sie lediglich ein Mietobjekt abwickeln und nicht "beruflich" als Testamentsvollstrecker tätig werden, so dass man Sie auf die Folgen hätte hinweisen müssen - je nach Größe des Objekts könnte man dies aber auch anders sehen.
Das Schreiben der Kanzlei war daher erst Verzugsbegründend, so dass die Kosten nicht erstattet werden müssen.
Tipp zum weiteren Vorgehen:
Schreiben Sie die Kanzlei an und weisen Sie die Forderung als unbegründet zurück, da Sie sich nicht in Verzug befunden haben.
Bitte Sie um rechtsverbindliche Bestätigung binnen 14 Tagen, dass man diesbezüglich keinerlei Ansprüche mehr gegen Sie geltend macht und dass Sie die Angelegenheit sonst an Ihren Anwalt abgeben.
Sofern Sie keine für Sie positive Antwort bekommen, können Sie sich gerne noch einmal bei mir melden.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage nunmehr beantworten.
Ein frohes Fest und guten Rutsch ins neue Jahr.
Mit freundlichen Grüßen aus Achim,
Moritz Kerkmann
Rechtsanwalt