Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage!
Nachfolgend möchte ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung sowie Ihres Einsatzes Ihre Frage wie folgt beantworten:
1. Als Scheidungsgrund ist nach §§ 1565 ff BGB erforderlich, dass die Ehegatten mindestens ein Jahr getrennt leben, sofern beide Ehegatten der Scheidung zustimmen.
Dabei ist nicht unbedingt eine räumliche Trennung erforderlich, sondern die Trennung kann auch innerhalb der Ehewohnung erfolgen (§ 1567 Abs. 1 BGB). Für letzteres ist neben der Trennung der Schlafzimmer vor allem wichtig, dass kein gemeinsames Wirtschaften mehr stattfindet (d.h. keine gemeinsamen Einkäufe, getrennte Rechnungen etc.) und dass nach außen hin die Ehegatten nicht mehr als Paar auftreten, z.B. keine gemeinsamen Besuche mehr auf Feiern.
2. Stimmt jedoch ein Ehegatte der Scheidung nicht zu, so sieht das Gesetz einen längeren Zeitraum für das Getrenntleben vor (denn das Gesetz möchte geschlossene Ehen erhalten).
In diesem Fall wäre grundsätzlich ein Getrenntleben von 3 Jahren erforderlich (§ 1566 Abs. 2 BGB).
Ausnahmsweise kann die Ehe aber auch schon früher geschieden werden, wenn das Festhalten an der Ehe eine unzumutbare Härte darstellt (§ 1565 Abs. 2 BGB). In diesem Fall müsste noch nicht einmal das Trennungsjahr abgewartet werden.
Diese Ausnahmevorschrift ist jedoch eng auszulegen und wird von den Gerichten nur in Extremfällen angewendet wie z.B. häusliche Gewalt, Alkoholismus (OLG Köln, FamRZ 1996, 108). Die Anbahnung ehebrecherischen Verhaltens reicht nach der überwiegenden Rechtsprechung allein noch nicht aus. Daher muss ich leider darauf hinweisen, dass voraussichtlich der Trennungszeitraum von 1 bzw. 3 Jahren eingehalten werden müsste, um die gerichtliche Scheidung zu erreichen.
3. Was das Sorgerecht im Scheidungsfall angeht, so ist es keineswegs so, dass hier das Einkommen entscheidend ist. Vielmehr ist entscheidend das Kindeswohl. Dabei entspricht es nach wie vor der gerichtlichen Praxis, dass gerade für Kleinkinder das Sorgerecht der Mutter zugesprochen wird. Dies gilt umso mehr, wenn der Vater berufstätig ist und sich währenddessen nicht um das Kind kümmern kann.
4. In Bezug auf die Kosten eines Scheidungsverfahrens sind sie als BAFÖG-beziehende Studentin regelmäßig berechtigt, beim für die Scheidung zuständigen Gericht, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen, d.h. die Staatskasse ganz oder zu einem Großteil für Ihren Anteil der Kosten des Gerichtsverfahrens aufkommt.
Für die Kosten einer vorgerichtlichen Beratung durch einen Rechtsanwalt vor Ort können Sie sich am Amtsgericht einen Beratungshilfeschein aushändigen lassen.
Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen alles Gute!
Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:
Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Driftmeyer
Rechtsanwalt